Seit 1979 und der islamischen Revolution befindet sich der Iran in einer unangenehmen geopolitischen Situation. Von den westlichen Nationen verbannt, durch einen 8-Jahre-Krieg mit dem von außen unterstützten Irak ausgeblutet, von den Neokonservativen unter George W. Bush auf die Achse des Bösen gesetzt, durch wirtschaftliche Sanktionen und Embargos erstickt, infiltriert und von ausländischen Geheimdiensten destabilisiert, mit Syrien und der Hisbollah alliiert, beschuldigt, „Israel von der Karte streichen zu wollen“, kämpft der Iran seit mehr als einem halben Jahrhundert, um seine Unabhängigkeit unter gefährlichen Bedingungen zu erhalten.

Während der Iran für manche Beobachter die schwierigsten Jahre scheint überstanden zu haben, entwickelt Jean-Michel Vernochet in diesem Prospektiv-Essay von hundert Seiten die These, dass die Zerstörung des Iran, kurz- bis mittelfristig unvermeidlich sei. Das ist die Bedeutung des Titels des Werkes: „Iran, die notwendige Zerstörung“.

Der Autor bringt und entwickelt die Fakten und Argumente für diese Prognose, die er jedes Mal mit einem kurzen Satz in Form von einem Leitmotiv schließt: "Dies ist der Grund, warum der Iran zerstört wird." [„Ceterum censeo Carthaginem esse delendam!“ Cato der Ältere]

Die falschen Gründe für die Feindseligkeit des Systems gegen den Iran

Die Gründe für die Zerstörung des Iran, so der Autor, sind nicht die in den kommerziellen mainstream-Medien dargelegten. Es ist nicht der Grund, dass er ein theokratischer, anachronistischer Staat in der Ära der triumphierenden Demokratie ist: « Letztendlich, ist nicht Amerika selbst eine Art von parlamentarischer Theokratie, deren stolzes Motto "In God we trust" auf dem Frontispiz von seinem Fetisch, dem Gott Dollar erscheint? Ist der Staat Israel auch nicht ebenso eine verkleidete Theokratie, da die Thora, die Hebräische Bibel, ihm als Verfassung dient und eine der Quellen des israelischen Gesetzbuches ist?“ (s. 14). Es ist nicht, weil die Frau dort schlecht behandelt wird: „In dieser islamischen, so oft verrufenen Republik erscheinen junge Frauen genauso emanzipiert und modern, wie ihre türkischen Kolleginnen von Großstädten es sein können“. Es ist auch nicht wegen der Praxis der Todesstrafe: dieser " als barbarisch qualifizierte Akt" ist in der Tat noch "in Kraft, in einer Mehrheit der Mitgliedstaaten [der Vereinigten Staaten]". Es ist auch nicht, weil der Iran angeblich beschlossen hätte « Israel von der Karte zu streichen »: niemals ist ein solches Projekt formuliert worden, es ist eine Verballhornung einer Rede des Präsidenten Ahmadinedschad, die anschließend von den westlichen mainstream-Medien eingehämmert wurde. Es ist auch nicht, weil er vorhabe, sich mit Atomwaffen auszustatten: Israel ist illegal damit ausgestattet, ohne dass sich jemand darüber aufregt, und der Iran würde sofort zerstört werden, wenn er die katastrophale Idee hätte, sie zu benutzen.

Die wahren Argumente für Jean-Michel Vernochet lauten wie folgt:

  1. Der Iran ist ein unabhängiger Nationalstaat: Was angegriffen wird „Ist der Nationalstaat, Modell und Konzept, dem die universelle, partizipative und dezentralisierte Demokratie einen gnadenlosen Kampf seit 1945 angesagt hat. Die Nation wird in der Tat seit dem zweiten Weltkrieg aller Übel beschuldigt, beginnend mit dem ersten unter ihnen: des Krieges“(s. 31).
  2. Als unabhängigerer Staat als andere Länder wurde der Iran noch nicht von den Strömungen des Neoliberalismus oder dem Eingriff der multinationalen Unternehmen erfasst: "die Idee selbst der "Nation" ist unvereinbar mit der des "freien Handels", für den Türen und Fenster verschwinden müssen." (p 36) Der Freihandel und die herausragende Stellung des über den staatlichen Rahmen hinaus herrschenden Finanzkapitalismus, ist die dominierende Idee seit mindestens 40 Jahren: „Die 1970er Jahre waren ein Wendepunkt in der Geschichte des Kapitalismus, mit seiner Umwandlung in Finanzkapitalismus, der - fortschreitend, aber schnell, und deshalb müssen wir von Mutation reden -, in den folgenden 4 Jahrzehnten sich jeglichen juristischen Zwanges entledigt. Dies steht im Einklang mit den Theorien des Anarchie-Kapitalismus der Chicago-Schule, welche von dem Wirtschafts-“Nobel“-Preisträger Milton Friedman gegründet wurde.“ (p. 43).
  3. Der Iran hat sehr große Gasreserven, und die Kontrolle über diese Ressourcen werden ein wichtiges Thema im 21. Jahrhundert werden: nach der Erschöpfung des Erdöls, „werden es die Erdgasvorkommen sein, die es ablösen und die die große Herausforderung der Kämpfe und Kriege um die Kontrolle von Extraktion, Betrieb, Transport, Verarbeitung und seiner Vermarktung werden. Der Iran, der dritte Inhaber der bewiesenen Reserven und das östliche Mittelmeer werden daher Ziele der Gier und Konfrontation zwischen den Kräften und geopolitischen Blöcken mit unterschiedlichen und konkurrierenden Interessen werden“(s. 54).
  4. Auch wenn es als unmöglich erscheint, da zu unmenschlich, werden die Vereinigten Staaten (sie sind die dominierende Macht von heute und für die die Zerstörung und Fragmentierung der Nationalstaaten eine der Garantien für die Fortsetzung ihrer Hegemonie im 21. Jahrhundert ist, die Geschichte zeigt das), ständig von dieser Vision getrieben. Der Autor erinnert daran, dass die Vereinigten Staaten während ihres 236 jährigen Bestehens vorgeben, überall Demokratie verteidigt zu haben, „ging es vor 1940 auf Kosten einiger 160 ausländischer Kriege, überwiegend mit Einmischung, Annexion oder Erweiterung.“ Um ihre Ziele zu erreichen, sind die Vereinigten Staaten imstande, die fragwürdigsten Mittel einzusetzen und Millionen unschuldiger Menschen, wie im Irak, aufzuopfern: „Man beachte, dass die militärische Option und die daraus resultierenden "menschlichen Opfer" (1,3 Millionen irakische Opfer ...) nur selten kritisiert werden. Für die Befürworter dieser Art von Krieg hat die Pädagogik der "Freiheit" kein Preis. Madeleine Albright, damals Staatssekretär, ist für dieses historische Wort bekannt, das sich auf die Kinder vom Irak, Opfer des Embargos von 1990/2003 bezieht: ‚Es ist den Preis wert‘“(s. 58).
    Aus all diesen Gründen wird nach dem Autor, der Iran unbedingt vernichtet werden.

Das Prinzip der systemischen Trägheit

Die Originalität des Essays von Jean-Michel Vernochet ist das Konzept der "systemischen Trägheit" und der daraus folgenden " Logik der Trägheit". "Es ist ein wichtiger Begriff, auf den wir bestehen müssen" (s. 41). Dieses Konzept ist auf die verschiedensten Bereiche anwendbar. Ganz allgemein können wir es so definieren: Systeme, in denen Personen eingebettet sind, (parteipolitischer oder religiöser Überzeugung, nationaler Zugehörigkeit, Bezahlungssysteme, Gesetzbücher, etc.) sind für persönliche Entscheidungen überbestimmend. "Wir nennen diese systemische Logik eine "Trägheits-Logik“, insofern keine menschliche Entscheidung eine Abschaffung der dynamischen Einschränkungen und ihrer Folgen bewirken kann." (s. 74)

Angesichts der Bedeutung des Begriffs und der zentralen Stellung, die er in seinem Analyse-raster erhält, bemüht sich Jean-Michel Vernochet an mehreren Stellen, die Definition zu klären. So auf Seite 42:

"Eine Tatsache, eine Wahl, die einen Vorgang einleitet, der sich mit eigenständiger, seiner ursprünglichen Dynamik entfaltet, wird dann zur Trägheit: ‚das Prinzip der interplanetaren Reise.‘ ( …) Es handelt sich um Determinismus, aber beschränkt auf Zeit und Raum. Die gigantischen Investitionen für Langzeitforschung und die Ausbeutung fossiler Brennstoffe unter schwierigsten Bedingungen (Sand- und Ölschiefer, Bohrungen in tiefen Gewässern), die zwingende Anpassung an das Funktionieren der Industrie-Gesellschaft auf diese Art von Energie, und daher ihre absolute Abhängigkeit von diesen Ressourcen, erstellt eine enorme Trägheit, gleich einem Gefangenen der energiepolitischen Entscheidungen, mit denen es unmöglich ist, kurzfristig zu brechen. Die Außenpolitiken der Staaten sind also vorher und nachher von dieser Notwendigkeit konditioniert, die heute zum Fluch wird. Es ist nicht offene Türen einrennen, wenn man das hervorhebt, auch wenn der Energie-Parameter nicht der einzige ist, um die Entwicklung des Welt-Systems zu verstehen.“

Der in der Definition spontan zitierte Faktor, den er "das geoenergetische Rad" nennt, ist jener, den der Autor am sorgfältigsten entwickelt: das System erfordert Energie, wo immer sie auch sei, in den Tiefen der Meere, oder in einem Nationalstaat, der auf seine Unabhängigkeit besteht. Der Iran muss zerstört werden, weil er große Gas-Reserven besitzt. Seine strategischen Ressourcen sind ein Problem für die Großmächte und die Welt-konzerne seit einem Jahrhundert. Sie sind es heute noch mehr, aufgrund ihrer Knappheit auf der ganzen Welt.

Ein vorheriges Zitat hat es beschrieben: das zweite Rad, das die Trägheits-Logik des aktuellen Systems unterstützt, ist das „geoenergetische Rad“. Dieses Rad ist der "Machtaufschwung des Marktes, dem Niedergang der staatlichen Befugnisse proportional, mit anderen Worten, die Auslöschung des Staates, der in Europa buchstäblich vor unseren Augen versinkt, zugunsten regionaler Aufbauten wie die Brüsseler Kommission, eine wahre informelle, nicht gewählte, aber mit zunehmender autoritärer Kraft ausgestattete Regierung." (s. 65)

Die Verallgemeinerung des hemmungslosen Freihandels oder seine Auferlegung, der Verkauf des öffentlichen Vermögens an den privaten Sektor (meistens zu Schleuderpreisen), die Einschränkung der Rechte der Bürger, das sind die Maßnahmen, die sich der Markt bemüht fast immer erfolgreich den Staatsakteuren aufzuerlegen, was zur ihrer progressiven Macht-Schwächung beiträgt. Oft im Zusammenhang mit der "Schocktherapie" angewendet, brauchen diese, die Möglichkeiten die Res Publica einschränkenden Reformen für ihre Anwendung, stets immer noch strengere Sicherheitsgesetze und oft auch die Aktion der Polizei und der Armee, da die Bevölkerung nie über den guten Grund dieser palliativen Pflege befragt wird, welche den Patienten den Gnadenstoß geben, anstatt sie zu heilen. Am Ende des Prozesses gelangt man zu Situationen, in denen die einzige Sache, die noch vom Staat übrigbleibt, "die, der globalen Freiheit der oligopolistischen Akteure des hyper-Finanzkapitalismus nötige Ultrasicherheits-Politik ist." Wir sollten nicht vergessen, dass die neoliberale Grundsee präzis und symbolisch am 11. September 1973 entstanden ist, mit dem Sturz des chilenischen Präsidenten Salvador Allende und mit der Einrichtung an der Spitze von Chile eines Diktators ohne Skrupel, von General Augusto Pinochet, der von einem Team von Friedmanschen, alle von der Chicago-Schule kommenden Ökonomen, umgeben war.

Die Einfluss-Abnahme des Staates in den kollektiven Entscheidungen ist eine Konstante seit 40 Jahren. Nichts scheint im Moment in der Lage zu sein diesem Trend entgegenzuwirken, der daher mindestens mehrere Jahrzehnte lang seine unaufhaltsame Trägheit behalten sollte. Der Iran ist einer der letzten Staaten, der diesem destruktiven Angriff widersteht.

Der dritte Faktor des Autors ist der „hegemoniale Faktor“. Gehen wir vom Beispiel Pinochet aus: Die Ausbeutung und Beschlagnahme der Rohstoffe der Nationalen Staaten, sowie das freie und schrankenlose Eindringen privater Akteure in die Wirtschaft dieser Staaten, kann nicht ohne Rückgriff auf Waffengewalt erreicht werden: „das dritte Rad ist daher das diplomatische und militärische - zwei Gesichter derselben Realität – für die Übernahme der Energie-Quellen und der Märkte, was für die Hegemonialmacht eine stetige Erweiterung ihres Einflussbereichs bedeutet, um "die Verteidigung ihrer Interessen" zu konsolidieren.“

So wurden zahlreiche Mittel in den letzten Jahren eingesetzt, um den iranischen Staat zum Nachgeben zu bringen:

  • Blockade seit 1979 mit Einfrieren iranischer finanzieller Vermögenswerte,
  • Ein von den Vereinigten Staaten 1996 verhängtes Wirtschaftsembargo,
  • Katalogisierung in der Achse des Bösen,
  • Totale, durch die Europäische Union verhängte Handelssperre,
  • Ausführung gezielter Morde von Atom-Spezialisten im Iran,
  • virale elektronische Angriffe die darauf abzielen, die Sicherheit des Staates zu untergraben.
    Der letzte Destabilisierungsakt ist natürlich der Krieg, und das benachbarte irakische Beispiel zeigt, was zu diesen Maßnahmen im Falle einer Invasion hinzukäme:
  • Manipulation der geteilten Glaubensgemeinschaften um Bürgerkrieg zu schüren, Kampagnen von „falscher-Flagge-Angriffen“,
  • völlige Liberalisierung des Marktes
  • massiver, unkontrollierter Eindrang von Privatkonzernen
  • Kurz gesagt, die komplette Zerstörung des Staates und die wahrscheinliche Teilung des Landes in kleinere und daher leichter zu manipulierende Einheiten.

Der Sonderstatus der Vereinigten Staaten von Amerika

Der hegemoniale Faktor ist in unserer Zeit umso leichter zu erkennen, weil eine Entität in unverschämter Art und Weise die Welt auf einer militärischen, diplomatischen und ökonomischen Ebene dominiert. In diesem Fall sind es die Vereinigten Staaten von Amerika, und genauer gesagt eine Reihe von US-dominierten Vasallen-Ländern, die alle nach ihrer Pfeife tanzen, so wie die Europäische Union.

Dieser Sonderstatus und die hegemoniale Mission, die er ermöglicht, werden offen dargelegt und von führenden US-Politikern verteidigt. Vernochet zitiert dafür einen Artikel von Robert Kagan von 1996, erschienen in Foreign Affairs:

« Man las dort in aller Bescheidenheit, dass das Ziel Washingtons die Erhaltung der amerikanischen Hegemonie sein sollte, um unsere Verantwortung gegenüber der Erde zu erfüllen.“

Wir erinnern in diesem Zusammenhang, dass dieses Projekt schwarz auf weiß im Detail im Bericht des PNAC seit 1999 steht, mit dem Titel: die Abwehr von Amerika neu aufbauen und durch die Worte von Mitt Romney im vergangenen Präsidentschaftswahlkampf: "Gott hat die Vereinigten Staaten auserkoren, um die Welt zu führen."

Die zwei vorher erwähnten "Räder" passen perfekt in den hegemonialen Anspruch der Vereinigten Staaten. Eine beherrschende Stellung in der Steuerung der letzten versteinerten Energielagerstätten ist eine große geo-strategische Herausforderung für die Weltvorherrschaft im 21. Jahrhundert. Im Fall oder bei der Hypothese eines Dritten Weltkriegs wird sie unbedingt maßgebend werden.

Dieser Faktor ist im Falle der Vereinigten Staaten überbestimmend, da die Stabilität ihrer Währung damit verknüpft ist, dass alle diese Energien unbedingt in Dollars ausgeschrieben sind:

"Amerika bleibt (...), trotz der Wirtschaftskrise eine Supermacht, unter anderem weil seine Währung, der Dollar, eine Monopolstellung im Handel der fossilen Energien einnimmt, was dem finanziellen Gebäude ein gewisses Fundament verleiht" (p 60)... «Daher garantiert das Handanlegen auf immer mehr Energiequellen den USA, das Monopol des Dollars als exklusive Währung im Energiehandel aufrecht zu erhalten» (73 p).

Beweise für die Bedeutung, die die Vereinigten Staaten diesem Privileg beimessen:

diejenigen, die den Vorsatz oder die Kühnheit hatten, auf ein anderes [Währung-]Instrument umzuschalten, haben ihr Unglück schnell realisiert: Irak und Libyen wurden zerstört - wie es der Fall vom Iran sein wird, wenn keine günstige Vorsehung im laufenden Prozess einwirken wird – weil sie ihre Transaktionen in Euro oder mit Gold durchführen wollten. Ein fast so ernster Kriegsakt, wie die Sperrung der Meeresenge von Hormuz, deren Möglichkeit im Falle eines westlichen Angriffs wiederholt von Teheran angekündigt wurde.“

Um kurz auf den Faktor für die Schwächung der Nationalstaaten zugunsten der privaten Marktteilnehmer zurückzukehren, ist darauf hinzuweisen, dass jegliche Schwächung oder Fragmentierung der staatlichen Strukturen zugunsten der privaten Marktteilnehmer unbedingt ein hegemoniales Interesse für die Vereinigten Staaten bedeutet. Erinnern wir daran, dass dieses ’geoökonomische Rad’ in den Vereinigten Staaten in den 1970er Jahren mit der Chicago-Schule und den neoliberalen Theorien von Milton Friedman entstanden ist, und dass die ’Schocktherapien’ und andere ’Strukturanpassungspläne’ weithin den US-Transnationalen (und anderen, angelsächsischen, französischen und europäischen) profitieren, die so lukrative Märkte unter extrem günstigen Bedingungen erhalten.

Der (vorläufige) Abschluss des Autors ist kaum optimistisch:

"In einer so vorhersehbaren Umgebung ist zu beachten, dass der Iran sich auf der Linie der Trennung zwischen Blöcken befindet, und nicht mehr als ein Sandschloss mit Blick auf eine steigende Flut darstellt. Wie immer es geschehen mag, ob nun der Iran durch einen Sturz des theokratischen, schiitischen, national-parlamentarischen Regimes zusammenbricht oder durch einen brutalen Schlag von US-israelischen Kräften, das Ergebnis wird immer das gleich sein: die Wiedereingliederung des Iran in die Weltwirtschaft, gutwillig oder gezwungen, in die Wirtschaft der Welt (...), die selbst bis zum Beweis des Gegenteils, von der Amerika-Welt dominiert wird. "(s. 79)

Dies ist nicht der Ort hier, die radikale und sehr beunruhigende These von Jean-Michel Vernochet zu diskutieren. Ob man die "Zerstörung" des Iran will oder nicht, ist hier nicht die Frage. Man kann die Zerstörung des Iran aus logischen Gründen wünschen, (wenn man ein einflussreicher Spieler im System ist) oder aus unlogischen, (wenn man eine kleiner der Propaganda unterlegener Spieler ist). Umgekehrt kann man aber diese Zerstörung für ungerecht und für verheerende Folgen bringend einschätzen.

Ich möchte die Aufmerksamkeit auf zwei Punkte lenken: das Interesse des Buches von Vernochet gilt nicht nur für die dort entwickelten allgemeinen Analysen, sondern für die vielen inhaltlichen Arbeiten auf die sich der Autor stützt, um seine Argumente zu etablieren und die vielen sehr spezifischen historischen Anekdoten, mit denen der Essay versehen ist. Es ist ein Buch, das ein Denken entwickelt, und in dem wir Dinge lernen.

Ein weiterer interessanter Punkt: indem der Autor die Aufmerksamkeit auf das Prinzip der "systemischen Trägheit" lenkt, warnt er vor der zu einfachen Versuchung, überall Verschwörungen zu sehen. Diese Dinge existieren (wie die Angriffe des 11. September 2001 und der Bau der europäischen Union), aber wir neigen dazu, uns zu sehr auf persönliche Verantwortung zu konzentrieren, und vergessen, dass letztlich das System und die ihm zugrunde liegende Trägheits-Logik viel tiefer das Auftreten von manipulierten historischen Ereignissen bestimmt, selbst wenn sie durch die Teilnahme von Kriminellen gekennzeichnet sind, die für ihre Handlungen eventuell vor Gericht gebracht werden können.

Um diese beiden letzten Beispiele abzuschließen: man kann denken, dass die Angriffe des 11. September 2001 (außerhalb der Verschwörung, die sie ermöglichten), auf einer Notwendigkeit beruhen, mit Bezug auf die hegemoniale Dynamik der Vereinigten Staaten, die sich selbst in die Trägheits-Logik der zwei letzten Jahrhunderte einfügt. Diese Ereignisse sind zu einem Zeitpunkt eingetreten, als die Vereinigten Staaten stärker waren als je zuvor, die aber, von einem möglichen Rückgang bedroht, genau keinen Vorwand mehr hatten, um ihr hegemoniales Projekt weiterzuführen.

Ebenso ist die Lüge über die Stiftung der Europäischen Union eine geopolitische Notwendigkeit für die Vereinigten Staaten, um die Kontrolle über den Staaten westlich des künftigen Eisernen Vorhangs zu sichern, um den kulturellen Einfluss in diesen Ländern zu entwickeln, zu pflegen und zu gewährleisten, wenn nötig auch mit gewaltsamen Aktionen der Geheimdienste (man denke an die Bleijahre in Italien) und mit Manipulation der Wahlen, um einen riesigen Markt für die US-Transnationalen zu öffnen. Man kann diese zwei Manipulationen für unverschämt halten und zu Recht wünschen, dass ihre Führer vom Gericht, das es im Moment nicht gibt, exemplarisch bestraft würden. Aber zur gleichen Zeit darf man nicht vergessen, dass es letztlich das System selbst ist, eher als eine Handvoll von Personen, das sie möglich machte, und dass außerhalb der systemischen Logik (mit ihren drei ""Haupträdern“) diese Ereignisse absolut keine Chance hatten, aufzutreten.

Man ist weniger von der Suche nach Sündenböcken besessen, wenn man sich des systemischen Trägheits-Faktors bewusst ist, ein besonders fruchtbares und innovatives Konzept für die geopolitische Analyse. Das System ruft die Leute, die es braucht, eher als die letzteren die Nachhaltigkeit des Systems erstellen, an dem sie sich beteiligen. Dies gilt insbesondere, wenn die Trägheit des Systems bei Staaten ihrem Weg seit Generationen folgt, die durch eine imperiale Dynamik angetrieben, mit einem Lebensstil der hauptsächlich auf fossilen Brennstoffen (und seinen riesigen nötigen Investitionen), sowie auf das Fortschreiten der Macht der privaten Akteure des Marktes über die Nationalstaaten beruht.

Übersetzung
Horst Frohlich

Dieser Artikel ist eine Rezension des Essays von Jean-Michel Vernochet „Iran, la destruction annoncée », Éditions Xenia, 2012, 120 Seiten.