Jürgen Cain Külbel, in der ehemaligen DDR kriminalpolizeilicher Ermittler,
wurde nach der Wiedervereinigung Deutschlands Journalist. Er hat im
Mordfall des ehemaligen libanesischen Premierminister Rafik Hariri
recherchiert und eine Gegendarstellung verfasst. Réseau-Voltaire
präsentierte den Autor und dessen Ergebnisse auf einer Pressekonferenz am
7. Mai 2006 in Damaskus der arabischen Öffentlichkeit. In diesem Interview
spricht er über die politische Rolle der UNO-Kommission und über die
tabuisierte Spur, die auf eine israelische Verwicklung hindeutet.
Silvia Cattori: Ist es nicht ungewöhnlich, dass ein freier, allein arbeitender Journalist Recherchen zur Ermordung des ehemaligen libanesischen Premierminister Rafik Hariri anstellt, wenn es bereits eine Untersuchungskommission gibt, der ein grosses Budget zur Verfügung steht?
Jürgen Cain Külbel: Was nützen eine Menge hoch qualifizierter Ermittler, schier unerschöpfliche logistische, kriminaltechnische und andere die Untersuchung unterstützende Mittel, wenn in der Untersuchung des Verbrechens sämtliche Prinzipien des üblichen ermittlungstaktischen Vorgehens vorsätzlich verletzt werden? Bei der Untersuchung von Straftaten mit unbekannten Tätern gehen die Ermittler gewöhnlich verschiedenen Versionen nach, um den Drahtziehern auf die Spur zu kommen. Im Falle Hariri hätten seit Tag Eins neben vielen anderen folgende wichtige Ermittlungsrichtungen parallel zueinander existieren müssen: Mossad, CIA, Geschäftspartner, Exillibanesen. Das hat aber nicht stattgefunden. Und so bin ich einer diesen „vernachlässigten“ und nach meinem Geschmack besonders wichtigen Version nachgegangen und habe recherchiert. So ist mein erster Teil über den Hariri-Mord entstanden.
Silvia Cattori: Wie Sind Sie auf die Idee gekommen, sich für so ein wichtiges Thema zu interessieren?
Jürgen Cain Külbel: Ich will es in aller Deutlichkeit behaupten: Ich hatte schon kurz nach dem Mord das ungute Gefühl, dass es weniger eine ermittlungstaktische Schlappe zu sein schien, dass die UNO-Untersucher mit Vehemenz einzig der Spur Syrien folgten und noch immer folgen, sondern eher ein ebenso vorsätzlicher krimineller Akt wie das vorsätzliche kriminelle und international bislang ungesühnte Fälschen und Fabrizieren von „Beweisen“ durch Amerikaner und Lakaien, Weiße-Kragen-Kriminalität auf höchster politischer Ebene, die im Frühjahr 2003 den völkerrechtswidrigen Überfall auf den Irak zu legitimieren half. In beiden Fällen handelt es sich meiner Meinung nach um primitiven Betrug von Tätern, die zwar vorgeben, die Vereinten Nationen zu vertreten und moderne Demokratiebringer zu sein, jedoch in Wahrheit nur Möchtegernbezwinger unseres Globus sein wollen respektive ihnen zuarbeiten.
Um Ihre Frage in Sachen Hariri endgültig zu beantworten: Die Kommission mit den „ungeheuren Untersuchungsmitteln“ schien mir das Mittel zur Täuschung zu sein, um den Betrug auch im konkreten Fall Hariri zur Vollendung zu bringen. Sozusagen ein Verbrechen innerhalb der Verbrechensaufklärung. Und da sträuben sich mir die Nackenhaare noch immer.
Silvia Cattori: Haben Sie auch vor Ort Untersuchungen angestellt?
Jürgen Cain Külbel: Ja, doch darüber werde ich in einem nächsten Buch berichten. Lassen Sie mich an dem Punkt eine Anmerkung zum Spurenmaterial machen, das die UN-Kommissionen gesammelt haben. Es stellt sich nämlich momentan die Frage, ob das kriminaltechnische Element überhaupt (noch) von Wert ist. Was ist mit dem Material während des Juli-Krieges geschehen? Was hat der Belgier Serge Brammertz zwei Tage nach Kriegsausbruch, als er vor den israelischen Bomben floh, mit nach Zypern genommen? So viele Hände, die da während des Bombenhagels ungehindert Einfluss nehmen konnten. Das ist doch alles nicht mehr nachzuvollziehen und nicht mehr seriös.
Sträflich auch, die Liaison zwischen dem frechdreisten John Bolton, US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, und Serge Brammertz zu vergessen! Bolton, der sich einst als Nachfolger für Herrn Mehlis dessen Klon wünschte und nachgerade Brammertz bekam, zeigt sich mit der Leistung des Belgiers bislang äußerst zufrieden. Da sollten die Alarmglocken schellen, den Bolton, einer der wichtigsten lebenden Kriegsverbrecher, ist derjenige, der maßgeblich beim Türken der Beweise für den Irak-Krieg mitgewirkt hat.
Überhaupt: Wie in allen bislang produzierten Reporten nachzulesen ist, konnten die UN-Kommissionen nichts bieten, was zur Überführung der Täter dienlich wäre. Herr Mehlis ist im vorigen Jahr kläglich gescheitert, weil er eindeutige Warnungen ignoriert hatte und dachte, er könne mit Rückdeckung aus den USA und von den Vereinten Nationen Damaskus irgendwie zum Wohle von Bush und Kohorten in die Knie zwingen. Seine „Arbeit“, man denke an die absonderlichen Zeugenvernehmungen, darf nur noch Platz auf dem Mühlhaufen der Kriminalistik finden oder als abschreckendes Lehrbeispiel in Seminaren für angehende Juristen oder Kriminologen simuliert werden.
Silvia Cattori: Wie lauten Ihre bedeutendsten Schlussfolgerungen, und inwiefern widersprechen sie denen von Herrn Mehlis?
Jürgen Cain Külbel: Meine Schlussfolgerungen haben mit denen von Herrn Mehlis generell nichts gemein. Es ist schade, dass mein Buch „Mordakte Hariri“ noch nicht in anderen Sprachen, außer in Deutsch und Arabisch, verlegt worden ist, denn immer wieder taucht diese Frage auf. Auch hatte ich nie vor, mit meiner Arbeit die zwei Berichte des Herrn Mehlis zu widerlegen. Vielmehr hatte ich vor, die Ermittlungen der UN-Kommissionen, die entlang einer kriminalstrategisch unzulässigen Einbahnstraße führen, ad absurdum zu führen und zwar allein durch den Nachweis dessen, dass es eine weitere wichtige Spur gibt, die unbedingt verfolgt werden muss. Normalerweise kommt es für ehrenhaft arbeitende Ermittler nicht in Frage, solche Hinweise, die ich erarbeitet habe, schlicht und einfach zu ignorieren. Aber genau an dieser Ignoranz kann man erkennen, dass die UN-Kommission sehr einseitig arbeitet, sozusagen voreingenommen. Das ist unter normalen Umständen Gift für eine objektive kriminalistische Ermittlungsarbeit, allerdings Lebenselixier für devote „Chefermittler“, die einzig die politischen Interessen ihrer Auftraggeber befriedigen. Aber das müssen die beteiligten Herren, offenbar alles tote Fische, die mit dem Strom schwimmen und den Mund halten, Diener der Systeme, mit ihrem Gewissen, soweit vorhanden, selbst abmachen.
Ich fordere an dieser Stelle noch einmal, Richard Perle zu vernehmen oder Daniel Pipes, ein Mann, der zumindest in Deutschland unter anderem Vorzeichen längst wegen Volksverhetzung einsitzen würde, oder Abdelnour oder Najjar oder Kahl, und wie sie alle heißen. All diejenigen, die in meinem Buch vorkommen und irgendwie Dreck am Stecken haben, Hariri auf der Abschussliste hatten, Umsturz im Libanon forderten, etc? Die haben die Gewalt doch schon theoretisch vorgeplant, einige haben Hariri bereits mit Worten getötet oder auf die Abschussliste gesetzt. Wieso hat bislang keiner dieser tollkühnen, im Libanon stets unter Lebensgefahr arbeitenden, sich selbst aufopfernden Helden Chefermittler auch nur einen dieser Typen wenigstens ansatzweise befragt? An dieser Stelle wird die Kommission zur Lachnummer, weil sie indirekt prostituiert, was sie will und was nicht.
Die seriöse Medienlandschaft ist gefragt, Druck auf die UN-Kommission auszuüben. Ich diskutiere hier nicht um Details, Spuren, Vernehmungsinhalte. Es geht um die Infragestellung der Objektivität der Untersuchung; denn die ist nicht gegeben, weil die Kommissäre vor einer wichtigen Spur die Augen verschließen; und zwar vorsätzlich. Da können die Verantwortlichen, auch ihr Präsident Chirac, noch so schöne Worthülsen spucken.
Silvia Cattori: Sie sind zu dem Schluss gekommen, dass Syrien nicht, wie zuvor von Herrn Bush behauptet, für die Ermordung Hariris verantwortlich ist.
Jürgen Cain Külbel: Bushs Kohorten wussten, was sie anzettelten, als sie ihren Führer in Washington noch über der warmen Leiche von Hariri sagen ließen, die Drahtzieher des Verbrechens säßen in Damaskus. Das Echo kam prompt und war drusisch und antisyrisch libanesisch. Das Lied, das der erste Kommissär, der Ire Peter Fitzgerald dann im März 2005 anstimmte über Schlamperei der libanesischen Behörden bei Tatortsicherung und Tatortuntersuchung, war Kalkül und überheblicher Kolonialstil. Alle Welt wusste, dass es der libanesischen Polizei, den Geheimdiensten - mit unseren Standards verglichen – an hoch qualifizierten, besser wäre spezialisierten Fachleuten, technischer Ausrüstung, forensischen oder kriminaltechnischen Untersuchungsmethoden mangelte. Ebenso fehlte neben der Logistik das kriminaltaktische Know how, wie mit solchen überdimensionalen Kapitelverbrechen umzugehen ist. Woher auch? Die Verantwortlichen am Potomac und die Dienste, die das Attentat auf Hariri ausgeheckt hatten, wussten genau, wenn die Libanesen die Erstuntersuchung einleiten, dass in so einem Fall hundertprozentig Nachlässigkeiten eintreten werden. Solcherart Fehler und Schlampigkeiten sind weltweit in der kriminalpolizeilichen Untersuchung übrigens keine Seltenheit. Und in diesem konkreten Falle, dem Attentat auf Hariri, sollten diese „Fehler und Schlampereien“ als Vorwand genommen werden, um den Anfangsverdacht in Richtung libanesisch-syrisches Komplott zu konstruieren.
Angeheizt wurde die Fiktion zuerst durch den Nahost-Korrespondenten Robert Fisk, der noch vor der Veröffentlichung des Fitzgerald-Reportes in der britischen Tageszeitung "The Independent" ein irriges Bild zeichnete: Die Ermittler seien überzeugt, dass "in den höchsten Rängen" der Geheimdienste Beweise verschleiert worden seien und dass der UN-Bericht "verheerend" ausfallen werde. Robert Fisk nannte keine Quellen, weissagte dagegen, US-Präsident George W. Bush werde bald verkünden, "syrische und vielleicht libanesische Offiziere des Militär-Geheimdienstes" seien in den Mord "involviert" gewesen. Das Weiße Hause verneinte damals noch, was aber eher als Heuchelei zu betrachten war.
Silvia Cattori: Welche Ziele verfolgten die Mörder?
Jürgen Cain Külbel: Ein Gespenst geht auf der Weltkugel um. Im Zuge der globalen Restauration der Verhältnisse, die vor der Teilung der Welt in kommunistisches und kapitalistisches Lager existierten und angetrieben von geostrategischen, ökonomischen Interessen des Kapitals, greifen die Exponenten westlicher Herrschaftsformen, irrtümlich als Demokratien bezeichnet, beim Schleifen nicht genehmer Regierungen zur Billig-Variante des Putsches, den „demokratische Revolutionen“.
Zogen die Imperatoren von jenseits des Atlantiks mit ihren angelsächsischen Paladinen noch 2003 gegen den Irak zu Felde, merkten die Kriegsverbrecher bald, dass sie sich in der Sache verhoben hatten: Die „Befriedung“ des Irak blieb aus, ebenso der Dominoeffekt, nämlich den Pan-Arabismus zu liquidieren, indem andere Autokratien und Diktaturen so nebenher kippen, und leichter Hand zur Balkanisierung Arabiens führen, das so leichter beherrschbar, ausbeutbar wird und Israel als Hegemonialmacht vor die Nase bekommt.
Regent Bush der Jüngere griff entnervt in die kaderpolitische Hamsterkiste, zerrte die gletscherkalte Afroamerikanerin Condoleeza Rice hervor und kürte sie zur Außenministerin. Seither unterstützt und finanziert Rice - wie Kriegsprofiteur US-Vize Cheney oder Donald Rumsfeld, Oberbefehlshaber der US-Terrormacht, Diener des „Big Oil“ - offen oder versteckt in den früheren Staaten der Sowjetunion und im Nahen Osten „Widerstandsbewegungen“, um Amerika-freundliche Regimeveränderungen zu erzwingen. Unterstützung fließt eben auch in Regionen, die in strategischer Nähe zu geplanten Pipelinerouten liegen.
Finanzielle und „logistische“ Hilfe leisten unter anderen Freedom House, geleitet vom Exdirektor der CIA, James Woolsey, die United States Agency for International Development (USAID), Open Society Institute von George Soros, einer der reichsten Parasiten der Welt, das National Endowment for Democracy (NED) und auch Tony Blairs Regierung.
Seit Rice durfte sich das Weltpublikum nun an einigen eintagsfliegenähnlichen „demokratischen“ Obst- und Gemüserevolutionen „erfreuen“: Orangen in der Ukraine, Samt in Georgien, Tulpen in Kirgisien und die im Frühjahr 2005 nach dem Attentat auf Libanons Ex-Ministerpräsidenten Rafik Hariri angekurbelte Zedernrevolte. Die wiederum wurde angeführt vom Drusenkönig Walid Jumblatt, Massenmörder im libanesischen Bürgerkrieg.
Silvia Cattori: War die Amtszeit von Hariri nicht fast schon beendet?
Jürgen Cain Külbel: War doch egal, eine Galionsfigur des öffentlichen und politischen Lebens musste publikumswirksam abgeschlachtet werden, um die Wut der libanesischen Volksseele zum Kochen zu bringen. Ein getöteter Hariri, ein massakrierter Mister Libanon, der den Staat wie Privateigentum führte, war geeignet wie kein anderer, um die „Zedernrevolution“, ein Begriff aus der neokonservativen Vorratskammer, in Gang zu setzen.
Silvia Cattori: Standen Sie während Ihrer Ermittlungen in Kontakt mit der Mehlis Kommission?
Jürgen Cain Külbel: Ich betrachtete das als unsinnig; eben weil ich eine völlig andere Spur habe. Hat man sich durch Hunderte von Akten gequält, zehntausende von Seiten gelesen, die durch die Hände des Deutschen gingen, spürst du, wie sich Justitia die Binde von den Augen reißt und dir mit der Waage das Schädeldach zertrümmern will. Da verspricht man sich von einem Kontakt eigentlich nichts. Trotz allem hatte ich in einem Falle den Kontakt zu Herrn Mehlis gesucht. Es ging um die Störsender, die in Hariris Wagenkolonne eingebaut waren und nach Angaben eines Anonymus aus israelischer Produktion stammen. Er verwies damals auf seine Schweigepflicht und leitete meine Anfrage an Brammertz weiter. Kaum war aber die deutsche Ausgabe der „Mordakte Hariri“ auf dem Markt, brach er überraschend sein “Schweigegelübde”, ob nun in Abstimmung mit Herrn Brammertz oder als Privatperson handelnd, entzieht sich meiner Kenntnis, und teilte am 21.4.2006 dem libanesischen Daily Star mit: "Die im Buch gemachten Behauptungen, wie die, das System der von Hariri benutzten Störsender sei von einer israelischen Firma, sind völlig falsch und einfach lächerlich. Ich und einige Mitglieder der UN-Kommission haben die Angelegenheit untersucht, und das System, das von Hariri benutzt wurde, wurde aus einem westeuropäischen Land importiert."
Gut, importiert bedeutet längst nicht produziert. Das führte auf die Kernfrage zurück, deren Beantwortung Gil Israeli, ein ehemaliger Geheimdienstler und Chef der israelischen Firma, die diese Störsender produziert, mir schuldig geblieben war: „Wollen Sie damit sagen, dass Sie nicht ausschließen können, dass Hariri einen von Ihrem Unternehmen produzierten Störsender über Umwege erworben haben könnte?“ Vielleicht auch über den Umweg einer europäischen Briefkastenfirma, über welche die strengen Exportvorschriften des israelischen Verteidigungsministeriums in „gewissen Fällen“ und für „spezielle Kunden“ umgangen werden können.
Wie dem auch sei, einen Tag nach dem Statement von Herrn Mehlis bat ich ihn schriftlich um Aufklärung und Präzisierung, da die arabische Übersetzung des Buches diese Unstimmigkeit ausräumen sollte. Aber da war er schon wieder im Dornröschenschlaf. Eine Antwort kam nie.
Silvia Cattori: Angenommen, einige Zeugen hätten ihre Aussage nicht zurückgezogen, hätte dann Herr Bush über den nötigen Vorwand verfügt, um seine Pläne zur Destabilisierung Syriens sofort in die Tat umzusetzen.
Jürgen Cain Külbel: Klar, Bush hatte nach dem Libanon den Dominoeffekt im Auge und glaubte, auch Syrien wird eine leichte Beute werden. Ein geeigneter Pappenheimer, also so eine Art Tschallabi für Syrien, stand auch schon Gewehr bei Fuß: der in den USA beheimatete „syrische Oppositionsführer“ Farid Ghadry. Der in Aleppo geborene Geschäftsmann und Präsident der nach dem 11. September eilig gegründeten Reformpartei Syriens (RPS) ist den Syrern völlig unbekannt. Achtjährig emigrierte er mit den Eltern nach Libanon, später in die USA, studierte dort Finanzwirtschaft und Marketing, arbeitete in der Rüstungsindustrie und kam zu Wohlstand. Nach dem 11. September 2001 sah er seine Zeit gekommen, um der fernen Heimat „mit ökonomischen und politischen Reformen zu Demokratie, Wohlstand und Freiheit“ zu verhelfen. Deshalb trat er dem „US-Committee on the Present Danger“ bei, dem Leute wie Newt Gingrich und der frühere CIA-Chef James Woolsey angehören. Ghadry schrieb im Februar 2005 unter dem Eindruck der Ereignisse in Libanon in einem Zeitungsartikel: „Demokratie (in Syrien) wird ein illusionärer Traum bleiben, solange die USA-Regierung nicht willens ist, die Reformer öffentlich zu unterstützten und anständig finanziell auszustatten. Ein Treffen im Weißen Haus mit einem syrischen demokratischen Führer könnte deutliche Signale Richtung Damaskus senden, dass Veränderungen auf den Weg gebracht sind.“
Schon Ende März wurde er von Elizabeth Cheney, Tochter des Vizepräsidenten und im Außenministerium für den Nahen Osten zuständig, erhört. Mit Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatte sie einst die „Middle East Partnership Initiative“ (MEPI) installiert, die unter dem Deckmantel „ökonomischer, politischer und Bildungsreformen“ oppositionellen Kräften in der arabischen Welt Gelder zuschießt. Allein 2003 flossen 100 Millionen Dollar.
Die 36-jährige Hardlinerin leitete in Washington ein „inoffizielles“ Meeting, an dem Farid Ghadry mit seinen „syrischen Oppositionellen“ teilnahm. Ghadrys Crew, sämtlich in den USA beheimatete Dissidenten, damals in der Dachorganisation „Syrian Democratic Coalition“ (SDC) vereint, erörterte mit Offiziellen aus dem Büro des Vizepräsidenten, des Pentagons und des Nationalen Sicherheitsrates Wege, wie das „Regime in Damaskus geschwächt“ und ‚„syrischen Offiziellen kriminelle Machenschaften nachgewiesen“ werden können.
Ghadry, der darauf drängte, dass der USA-Präsident persönlich den Druck auf Damaskus erhöht, resümierte nach der Runde: Der Ruf nach Demokratie in Syrien werde „auf höchster Ebene in der Regierung Bush sehr ernst genommen“. Seinerseits wollte er in „enger Zusammenarbeit mit USA-Regierung und EU“ das „Syrien drangsalierende Baath-Regime“ stürzen. Ghadry, der eng mit Abdelnour zusammenarbeitete, verschwand jedoch in der Versenkung, nachdem er das Europäische Parlament angelogen hatte und von seiner eigenen Partei wegen „dubioser Praktiken“ entthront wurde.
Alle dachten, der ist raus aus dem Geschäft. Aber er tauchte wieder aus der Versenkung auf. Zwischen dem 16. und 18. Juni 2006 fand in Beaver Creek (Colorado) das Weltforum des neokonservativen American Enterprise Institute (AEI) statt. Das soll ja bekanntermaßen das Planungstreffen für einen amerikanisch-israelischen Luftangriff auf den Iran gewesen sein. Zudem gab Cheney dem dort anwesenden israelischen Ex-Premier Benjamin Netanjahu grünes Licht für den jüngsten Angriffskrieg gegen Libanon. Zu den 64 Teilnehmern der AEI-Konferenz zählten US-Verteidigungsminister Rumsfeld und andere Mitglieder der Regierung Bush. Auf dieser Konferenz traf sich Cheney nun auch mit Farid Ghadry. Das bedeutet jedenfalls nichts Gutes.
Silvia Cattori: Welche Rolle spielte Herr Hariris Sohn bei der Entwicklung dieser Untersuchung? Schlug er sich nicht auf die Seite der Libanesen, die Mitarbeiter der Geheimdienste dazu brachten, Syrien zu beschuldigen?
Jürgen Cain Külbel: Lassen Sie mich an dieser Stelle nur eins sagen. Suleiman Franjieh, Chef der libanesischen Marada Partei, erklärte Anfang Juli 2006 während eines im Fernsehen übertragenen Interviews, dass auf ihn, als er Innenminister war, Druck ausgeübt worden war. Er sollte sagen, dass die Bombe, die Hariri tötete, unterirdisch platziert worden war, damit die Familie Hariri das Versicherungsgeld kassieren konnte. Hariri junior hat Franjieh wegen Verleumdung verklagt.
Silvia Cattori: Und was sagen Sie zur Haltung des Sozialisten Herrn Walid Jumblatt und zu der von Herrn Marowan Hamadé?
Jürgen Cain Külbel: Über Jumblatt möchte ich nicht sprechen, ich bin kein Psychiater. Ob Hamadé schon einmal darüber nachgedacht haben könnte, so eine Art Testballon für den Hariri-Mord gewesen zu sein? Sicher war er nicht das geeignete Opfer, um allgemeinen Bürgerradau zu provozieren, den man dann in gewünschte Richtungen kanalisieren kann. Aber zumindest war er für Tel Aviv als lebendige Person entbehrlich. Als Minister für Einwanderung erklärte er seinerzeit, als Elie Hobeika einer Autobombe zum Opfer fiel: „Es ist klar, Israel möchte keine Zeugen gegen sich haben in dem historischen Prozess in Belgien, der sicherlich Ariel Sharon verurteilen wird für die Massaker in den palästinensischen Flüchtlingslagern in Sabra und Shatila. Wir haben bereits gelitten unter dem Verbrecher Sharon in Beirut, und Palästina macht heute dasselbe durch wegen ihm.“ Harte Worte Richtung Israel. Hamadeh wurde am [1]. Oktober 2004 Opfer eines Autobombenattentates in Beirut; er überlebte, sein Fahrer starb. [2]
Silvia Cattori: Was geschieht mit den Generälen, die im Anschluss an die Untersuchung von Mehlis verhaftet wurden?
Jürgen Cain Külbel: Wo sind die Menschenrechtsorganisationen? Herr Brammertz verzichtete in seinem Report auf das Resümee von Mehlis, dass die Tötung Hariris nicht ohne Wissen hochrangiger syrischer und libanesischer Geheimdienstler geschehen konnte. Während Mehlis im Konjunktiv "Beweise" aus der Retorte zauberte, legt Brammertz eine ungewohnt "vergeheimnissende" Art an den Tag und verkauft neu, was eigentlich längst feststeht: Er spricht von einer "hochkomplexen terroristischen Handlung", und dass die Beteiligten "sehr professionell" vorgegangen sind und das Verbrechen "mit einer hohen Erfolgswahrscheinlichkeit geplant und den Einsatz mit hohen Standards individueller und kollektiver Selbstdisziplin ausgeführt" haben. "Zumindest einige der Beteiligten hätten wohl Erfahrungen in solchen terroristischen Aktionen besessen."
Alles beim Alten, beruhigte Jumblatt gewichtig: "Brammertz folgt der Arbeit von Mehlis. Die Tatsache, dass der Report( …) eine Verbindung zwischen allen Explosionen sieht, die vorher und nach der Ermordung von Hariri stattfanden, ist eine ausdrückliche Anklage gegen das syrische Regime (...), das den Libanon zur Zeit der Ermordung Hariris beherrschte." Eine "stillschweigende Verurteilung des syrischen Regimes" sozusagen, denn so Jumblatt, "Brammertz nimmt die Sachen sehr professionell". Was da hinter den Kulissen geköchelt wird, muss die Zukunft zeigen. Brammertz hat jedenfalls keine Einwände gegen die weitere Inhaftierung der im Sommer vergangenen Jahres auf Anregung von Mehlis inhaftierten vier hochrangigen libanesischen Sicherheitschefs, obwohl die Beweislage gegen die Herren im Dezember völlig zusammengebrochen war. Im Gegenteil, der Libanon bereitet sich in Zusammenarbeit mit der UNO auf ein Tribunal vor. Blauäugig, wer da denkt, Brammertz könnte einen Alleingang oder gar einen "syrienfreundlichen" Kurs fahren. Allein die europäische "Dienstachse" belehrt eines Besseren: Carla del Ponte, Chefanklägerin gegen Milosevic, hatte im Frühjahr 2005 ihren Herzensbruder Detlev Mehlis für das Amt des Chefermittlers vorgeschlagen; der wiederum empfahl im Dezember 2005 den Freund Serge Brammertz als seinen Nachfolger. Man haut sich doch nicht gegenseitig in die Pfanne! Ob der syrische Abgeordnete Mohammad Habash, der frohlockte, Brammertz’ Bericht sei "zweifellos eine schlechte Neuigkeit für die Feinde Syriens", Recht behalten wird, bleibt noch fraglich. Die Hyänen haben sich in Bushs Wunschtäter verkeilt und lassen nicht los. Naji Boustani, einer der Verteidiger sagte mir: „Ich schreibe seit Monaten pünktlich aller zehn Tage eine Eingabe an den zuständigen Untersuchungsrichter, der im Sommer 2005 Mehlis’ Empfehlung nachkam, die vier zu verhaften. Der reagiert aber nicht. Unser Rechtssystem bietet keine Möglichkeit, Anordnungen des Untersuchungsrichters zu kassieren. Das wusste auch Mehlis. Einmal in Haft, dann eben solange in Haft, wie es dem Untersuchungsrichter gefällt.“
Silvia Cattori: Was hat Ihrer Meinung nach der Selbstmord des syrischen Innenministers zu bedeuten?
Jürgen Cain Külbel: Offenbar Erpressung. Die USA hatten im Sommer 2005 Ghazi Kanaans Konten eingefroren. Sie krächzten, er sei an illegalen Geschäften in Libanon beteiligt gewesen. Kanaan hatte einst enge Beziehungen zu Hariri; auch finanzieller Art. Nicht nur die libanesischen Medien hatten nach dem Vorstoß der Amerikaner den psychologischen Druck auf ihn verstärkt; er wurde als „korrupter Drogenboss“ gehandelt. Von einer Befragung Kanaans durch Herrn Mehlis war dann die Rede. Sagen wir mal so: Da kommt einer, legt ihnen wortlos Dokumente auf den Tisch, aus denen hervorgeht, dass sie vom Opfer mehrmals viel Geld empfangen haben und verschwindet vorerst. Mehr möchte ich dazu nicht sagen, dafür aber Walid Jumblatt, jenes Chamäleon des Libanon, sprechen lassen, als er mal nicht die Balken verbog mit seinen stets gewichtigen Mutmaßungen: „Wenn sein Stolz unter dem erwarteten UN-Bericht zu dem Hariri-Attentat gelitten hatte, dann wäre das (der Selbstmord) die mutige Tat eines mutigen Mannes.“
Silvia Cattori: Man beschuldigte Herrn Mehlis sehr schnell nicht über die nötige Kompetenz zu verfügen, um eine so sensible Untersuchung zu leiten und korrupten libanesischen Politikern und israelischen Quellen vertraut zu haben. Bestätigen Sie diese Aussagen?
Jürgen Cain Külbel: Manche in Deutschland, die vorgeben, Herrn Mehlis beziehungsweise dessen Arbeitsmethode zu kennen, behaupten, er sei fachlich inkompetent und, ich sag’s mal im Jargon, dusselig. Das war auch im Dezember 2005 internationale Meinung. Ich habe nicht den Eindruck, dass es so ist. Vielmehr hat Herr Mehlis, analog wie Verbrecher eigene Handschriften in der Tatausführung entwickeln, einen eigenen staatsanwaltschaftlichen Stil hervorgebracht, der sich nachweisbar wie ein roter Faden durch seine Praxis zieht. Dass dieser Stil nicht unsere allgemeinen Vorstellungen von Recht und Moral abdeckt, ist eine andere Geschichte. Ich vergleiche das immer mit einem hoch spezialisierten Spitzensportler; der „Spezialist“ Herr Mehlis verfügt offenbar über solche Leistungsmerkmale oder „Qualitäten“, die es anderen erlauben, ihm einen Wunschtäter zu nennen, den er danach auch aufzubauen in der Lage ist. Damit hat sich auch der zweite Teil der Frage erledigt, denn eben auf solche korrupten Elemente, die Sie benannten, muss er dann auch zwangsläufig zurückgreifen.
Aber lassen Sie mich noch eine Anmerkung zu Israel machen: Ibrahim Gambari, stellvertretender Generalsekretär der Vereinten Nationen für politische Angelegenheiten, sagte tatsächlich Ende August 2005, dass Herr Mehlis „eine gute Zusammenarbeit mit Israel und Jordanien“ hergestellt hatte, nicht aber mit Syrien. Ein Witz angesichts der in diesem Jahr ausgehebelten Mossad-Netzwerke im Libanon, die dort seit Jahren Autobombenanschläge, Mord und Terror verbreitet hatten. Und keinen von den Vereinten Nationen interessiert das in Sachen Hariri. Fragt man sich, wozu dieser Haufen mit Sitz in New York überhaupt noch nützlich ist.
Silvia Cattori: Können wir also daraus schliessen, dass die Untersuchungskommission unter Herr Mehlis nur ein Werkzeug in den Händen der Neokonservativen war, die das Attentat Syrien unterschieben wollte?
Jürgen Cain Külbel: Klar. Nehmen wir das Beispiel Serge Brammertz, sozusagen John Boltons Winkeladvokat. Obwohl es der Belgier bislang vermied, Damaskus die Schuld am Mord zuzuweisen, wie man es in Washington gern sähe, und betonte, „die künftige Kooperation der Syrer sei ausschlaggebend für die Untersuchung“, sah sich der für Flegeleien berüchtigte Bolton genötigt, das zu übersetzen: „Brammertz hat uns verdeutlicht, wenn auch diplomatisch, dass Syrien noch immer nicht voll kooperiert.“ Das bedeute, man müsse den „Druck gegen Syrien erhöhen“, gegebenenfalls „durch eine neue Resolution des UN-Sicherheitsrates“.
Auf den ersten Blick scheint es, als bügele der Belgier Schlampereien, Manipulationen aus, die ihm Herr Mehlis hinterließ. Fünfzehn Monate nach dem Attentat meint er nun, Hariri sei durch eine unter- und oberirdische Explosion getötet worden. Das behaupten Zeugen längst; Herr Mehlis verweigerte sich, weil es nicht in sein Verschwörungskonstrukt gegen die Syrier passte. Er favorisierte den oberirdischen Bombenschlag, herbeigeführt von einem mit 1000 kg Sprengstoff beladenen Mitsubishi Cancer. Den schob er den Syrern unter, zauberte diverse Geister aus der Flasche, die er Zeugen nannte. Brammertz erwähnt die „Zeugen“ nicht mehr; offenbar, weil sie „Aussagen“ unter Androhung von Folter oder nach Schmiergeldzahlung gemacht und zudem längst zurückgezogen hatten. Aber er blendet das stümperhafte Material des deutschen Ermittlers nicht aus, denn noch sitzen aufgrund der suspekten Aussagen eben die vier libanesische Ex-Sicherheitsoffiziere in Einzelhaft, denen Herr Mehlis die Tat in Kollaboration mit syrischen Geheimdiensten untergeschoben hatte.
Den Militärs will man tatsächlich an den Kragen gehen, denn Bolton weiß, „unabhängig der aufgetretenen Differenzen begründet Brammertz seine grundlegende Untersuchung auf den Schlussfolgerungen seines Vorgängers. Es ist klar, dass er in dieselbe Richtung gehen wird.“ Brammertz will das Tribunal ab 2007 auf Zypern (?) selbst führen; ihm und seinen Richtern obliegt dann die Wertung der „Aussagen“ jener „Kronzeugen“, die Herr Mehlis kreierte. Der Deutsche hat mit Radau und Pressewind die Drecksarbeit erledigt, wofür er neben Häme auch das Bundesverdienstkreuz einheimste und ist pflichtgemäß als „Böser“ entschlüpft, damit Freund Brammertz in die Rolle des vermeintlich „Guten“ schlüpfen konnte: Ein Rollenspiel wie im Dreigroschenkrimi und neokontauglich.
Silvia Cattori: Gerüchten zufolge soll Herr Mehlis in Forschungszentren von Nachrichtendiensten in den USA gearbeitet haben – stimmt das?
Jürgen Cain Külbel: Im Fall „La Belle“ war er mal drüben, 1996, und holte was rüber. Oder beim gemeinsamen Ski fährt mit Angehörigen der CIA, hoch droben in Aspen, Colorado? Mehlis ist offenbar ein Werkzeug der Geheimdienste. Ohne die dürfte oder könnte er überhaupt nicht in diesen sensiblen Bereichen schmutziger Politik herumkramen. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Glauben Sie etwa, die Großmächte sind so dumm, ihre Zeit an „ehrliche” Untersucher zu verschwenden, die von einem naiven Drang nach Wahrheit getrieben werden?
Zurück zu seinen Verbindungen zum israelischen Geheimdienst: Mehlis begann seine “Arbeit” in der UNIIIC (der Hariri Kommission) im Mai 2005. Wenige Wochen später, am 20. Juli 2005, fragte ihn die französische Tageszeitung Le Figaro: "Warum haben Sie Israel und Jordanien um Assistenz gebeten?" Mehlis antwortete: "Es ist bekannt, dass die Israelis gute Sicherheitsausrüstung besitzen, besonders technologische. Wir haben sie gebeten, uns Daten zu liefern, die das Attentat betreffen. Sie gaben uns gute Informationen."
Später, in seinem ersten Bericht am 19. Oktober 2005, sagte er in der Einleitung, Paragraph 19: "… es soll bedauert werden, dass kein Mitgliedsstaat solche nützliche Informationen an die Kommission weitergab“. Mehlis scheint ein notorischer Lügner zu sein. Sogar die israelische Presse schrieb, dass sich Geheimagenten des Staates Israels mit seinem Team in Europa getroffen hatten.
Selbstverständlich verschwendet keiner der Herren einen Gedanken daran, zu untersuchen, ob der Mossad Drahtzieher des Mordes an Hariri sein könnte oder nicht. Das gehört nicht zu den Befehlen, die sie von ihren Auftraggebern erhalten haben. Sie haben nur eine Vorgabe zu erfüllen: Syrien an den Schandpfahl pflocken. Das sind klassische Roboter, die sich das System selbst kreiert: angepasst, Karriere machend, skrupellos hinter ihren sauberen Masken, Huren des Systems, die, wie ich immer zu sagen pflege, für jede Art von Obszönitäten benutzt werden können. Heinrich Mann, ein deutscher Schriftsteller und Bruder des berühmten Thomas Mann, beschrieb diesen Typus Mensch bereits 1914 und unerbittlich in seinem erfolgreichen Roman Der Untertan. Heute treffen seine Feststellungen nicht mehr nur auf Deutsche zu.
Silvia Cattori: Ist Serge Brammertz Ihrer Ansicht nach besser?
Jürgen Cain Külbel: Brammertz hat offensichtlich die Weltöffentlichkeit mit seinem ersten und dem zweiten "technischen Report" getäuscht. Es wird gemunkelt, er habe in den letzten Wochen einen von Mehlis’ "Hauptzeugen" wieder „aufgewärmt“: Mohammad Zuheir Siddiq. Siddiq erzählte am Samstag, den 9. September 2006 auf Al Arabiyya, dass der “syrische Präsident Bashar Assad und sein libanesischer Amtskollege Emile Lahoud die Befehle zur Liquidierung des ehemaligen Premiers Rafik Hariri gegeben haben” und fügte hinzu, die „Attentäter sind gegenwärtig im Gefängnis und der Rest in Syrien". Dabei bezog er sich auf die vier libanesischen Ex-Sicherheitschefs, die seit mehr als einem Jahr eingesperrt sind, eben auf der Basis seiner „Aussage“ und auf Empfehlung von Mehlis. Das sind der ehemalige Leiter für Sicherheit, Brigadegeneral General Jamil Sayyed, der frühere Chef des Armeegeheimdienstes General Raymond Azar, der ehemalige Chef der Präsidentenwache, Brigadegeneral Mustafa Hamdan und der ehemalige Polizeichef Ali Hajj.
Aber das deutsche politische Nachrichtenmagazin Der Spiegel hatte bereits am 22. Oktober 2005 enthüllt, dass Siddiq eine suspekte Person mit krimineller Vorgeschichte war; ein vorbestrafter Krimineller und Betrüger. Der angebliche ehemalige Offizier des syrischen Geheimdienstes war in der Wirklichkeit mehr als einmal strafbarer Handlungen überführt worden, auch wegen Veruntreuung von Geldern. Das Magazin berichtete, dass die UN-Kommission wohl darüber im Bilde war, von Siddiq belogen worden zu sein, der zuerst bestätigt hatte, Beirut einen Monat vor dem Attentat auf Hariri verlassen zu haben, dann aber Ende September 2005 seine direkte Teilnahme bei der Durchführung des Verbrechens zugab.
Siddiq hatte Mehlis erklärt, er habe sein Appartement in Beirut den Verschwörern, die Hariri killen wollten, zur Disposition gestellt; darunter waren eben auch die vier inhaftierten Sicherheitsoffiziere. Von sich selbst sagte er, Informationen über palästinensische Flüchtlingscamps in Libanon für syrische Dienste gesammelt zu haben. Bereits Wochen vor seiner Aussage hatte die syrische Regierung eine Dokumentation über Siddiq an verschiedene westliche Regierungen geschickt, in der Hoffnung, Mehlis würde nicht in die Falle dieses notorischen Betrügers gehen.
Später wurde bekannt, dass Siddiq das Geld für seine Aussage unter Eid erhalten hat. Seine Geschwister enthüllten, dass sie einen Telefonanruf von ihm aus Paris erhalten hatten, und zwar im Spätsommer, in dem er verkündete: "Ich bin jetzt Millionär." Zweifel, die Glaubwürdigkeit des Mannes betreffend, wurden zusätzlich genährt durch die Enthüllung, dass Siddiq an Mehlis empfohlen wurde und zwar durch den langjährigen syrische Renegaten Rifaat Al-Assad, Onkel des syrischen Präsidenten, der sich mehr als einmal als "alternativer Präsident für Syrien" angeboten hatte.
Libanon stellte einen Haftbefehl gegen Siddiq aus, der später innerhalb der UN-Untersuchung den Status eines Verdächtigen erhielt. Die französischen Behörden lehnten allerdings die Auslieferung Siddiqs ab, weil die Todesstrafe in Libanon noch legal ist.
Keiner der vier Sicherheitschefs wurde bislang von der Justizgewalt formal angeklagt noch wurde einer von ihnen Siddiq gegenübergestellt, wie es das Gesetz erfordert.
Am Samstag, den 9. September 2006 wiederholte Siddiq seine Beschuldigungen aus dem sicheren Paris heraus: "Ich sah das Fahrzeug [das den Sprengstoff transportiert haben soll] während es im syrischen Geheimdienstcamp Zabadani in der Bekaa-Ebene präpariert wurde, und ich übergab dem ehemaligen Chef der UN-Ermittlerkommission unumstößliche Bilder und Dokumente; ich habe die Negative bei mir; es gibt viele Dinge, die später enthüllt werden."
Diesmal sagte Siddiq, syrische Geheimdienste hätten versucht "mich nach Syrien zurück zu locken, indem sie große Geldsummen und den Titel eines lokalen Helden anboten" wenn er die Anklagen widerrufe, die er gemacht hatte. Er behauptete auch, er besäße eine "Tonaufnahme von einem hochrangigen syrischen Offizier" der ihn im vergangenen Monat gefragt habe, einige Mitglieder der Bewegung um den 14. März (Regierungskoalition) zu beschuldigen, ihn dazu getrieben zu haben, Syrien die Ermordung Hariris anzulasten.
Normalerweise wissen Richter und Staatsanwälte, die über einen gesunden Geist verfügen, dass diese Art von Zeugen offensichtlich Probleme mit ihrem Gemütszustand haben, und sie sollte daher die Frage stellen: Wer hat diesen Super-Zeugen kreiert? Aber ich bin mir sicher, dass sie diese Frage nicht stellen werden, und dass Brammertz diesen Siddiq liebt.
Silvia Cattori: Ist es nicht merkwürdig, dass Herr Kofi Annan so eine Person für einen so wichtigen Posten nominiert hat?
Jürgen Cain Külbel: Herr Kofi Annan ist nun schon der dritte schwarzhäutige Mensch nach O. J. Simpson und Condoleezza Rice, dem ich nicht über den Weg laufen möchte.
Silvia Cattori: Hat Frau Carla Del Ponte, Herrn Mehlis Pendant als Staatsanwältin beim Internationalen Gerichtshof (ein Gericht, das Herr Jacques Vergès als illegale Einrichtung betrachtet), erstgenannten aus unschuldigen Motiven für diese Untersuchung vorgeschlagen?
Jürgen Cain Külbel: Alles vom selben Stamm. Carla del Ponte oder Carlita la pesta schlug Herrn Mehlis für den Posten vor, Herr Mehlis nachher als seinen Nachfolger den Freund Brammertz.
Silvia Cattori: Handelt es sich da nicht um eben den Herrn Mehlis, der bereits einen Skandal auslöste, als er Libyen als verantwortlich für den Anschlag auf die Discothek „La Belle“ in Berlin im Jahre 1986 bezeichnete - eine Anschuldigung auf Grund deren die USA Tripolis und Benghazi bombardieren und Libyen isolieren konnten?
Jürgen Cain Külbel: Mehlis hat tatsächlich die La-Belle-Ermittlungen geführt. Am Rande: Merkwürdigerweise kam der erste Gedanke, dass die Libyer dahinter stecken könnten vom Geschädigten selbst, dem Inhaber der Diskothek. Der sagte am 6. April 1986, einen Tag nach dem Anschlag in der vorwiegend von farbigen US-Soldaten besuchten Westberliner Diskothek „La Belle“, bei der eine junge Türkin und zwei GIs von einer Bombe zerrissen, rund zweihundert Gäste zum Teil lebensgefährlich verletzt wurden: „Man hört in letzter Zeit sehr viel von Terroranschlägen mit Ghaddafi als Drahtzieher, und ich befürchtete, dass meine Diskothek möglicherweise irgendwann das Ziel eines solchen Anschlages sein könnte.“ Inwieweit der Mann im Drogenmilieu steckte oder in Waffenhandel verwickelt war, wie Zeugen behaupteten, dadurch vielleicht für gewisse Dienste zum Spielball werden konnte, wurde nie untersucht.
Der ganze Vorgang steckt voller Tücken, Listen, Intrigen und ist aus dem Garn, das einen typischen bürgerlichen Untertanen benötigt, der daraus zum Gefallen seiner Dienstherren eine Anklage zusammenstricken kann. Ich werde darüber in meinem kommenden Buch ausführlich berichten, weil ich Fall und Akten ausführlich studiert habe.
Silvia Cattori: Im Fall „La Belle“ spielten doch auch Funksprüche eine Rolle, die der Mossad gesendet hatte, um Libyen das Attentat in die Schuhe schieben zu können. Wie ist der Ermittler und Staatsanwalt Herr Mehlis mit diesem „Spielmaterial“ umgegangen, das ja kaum als Beweismittel zu bezeichnen ist?
Jürgen Cain Külbel: Für den damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan stand gleich nach dem Attentat fest, dass der libysche Staatspräsident Muammar Al Ghaddafi den Anschlag inszeniert haben soll. Als Beweis musste ein angeblich vom US-Geheimdienst NSA abgefangener Funkspruch des Libyschen Volksbüros (Botschaft) in Berlin, Hauptstadt der DDR, herhalten; darin hieß es: „um 1.30 Uhr heute früh hat die durchführung einer der aktionen mit erfolg stattgefunden, ohne irgendeine eine spur zu hinterlassen. das volksbüro- in berlin.“
Im Lockerbie-Prozeß sagte der ehemalige Oberst im israelischen Geheimdienst, Victor Ostrovsky, unter Eid aus, Kommandogruppen des Mossad hätten damals einen Trojaner, also einen Sender in Tripolis installiert, der die falschen Signale über den „Erfolg“ der Berliner Bombe aussandte. Die abgefangenen Funksprüche waren vom Mossad erfunden worden, so Ostrovsky.
Silvia Cattori: Was wissen Sie über diese so genannten Funksprüche?
J.C. Külbel: Nun, Herr Mehlis hatte sich an den deutschen Bundesnachrichtendienst (BND) in Pullach bei München gewandt. Herr Mehlis kannte die Sprüche und wollte sie unbedingt als Beweismittel haben. Daraufhin kam am 4. Oktober 1996 ein Treffen zwischen Herrn Mehlis und Mitarbeitern der Abteilung „Technische Beschaffung“ des BDN zustande, die ihm die Prüfung seines Ersuchens zusagten. Wenige Tage später, am 9.10.1996 erhielt er dann vom BND ein Schreiben, das die Inhalte der suspekten Funksprüche enthielt.
Um präzise zu sein, es handelte sich um fünf angebliche Telex- (Funkfernschreib-) Verkehre, die zwischen Tripolis und dem libyschen Volksbüro in Ostberlin im Zeitraum zwischen dem 25. März und 5. April 1986 ausgetauscht worden sein sollen und die dem BND, so geben die Herren vor, im Rahmen der Auslandsaufklärung bekannt geworden waren. Der Dienst erklärte, dass die Meldungen seinerzeit von einem „befreundeten Dienst“, mit großer Wahrscheinlichkeit ein US-amerikanischer, in verschlüsselter Form erfasst und an den BND weitergeleitet worden waren. Dieser Dienst machte es gegenüber dem BND zur Bedingung, namentlich geheim zu bleiben, ermächtigte ihn aber, die abgefangenen Meldungen der deutschen Staatsanwaltschaft und dem Gericht zu Verfügung zu stellen.
Als der BND am 6. Oktober 1998, zwei Jahre später, für das Gericht ein behördliches Zeugnis über die Meldungen lieferte, wies er darauf hin, dass zwar die Manipulierbarkeit derart ausgetauschten Materials gegeben ist, der BND aber im konkreten Fall keinerlei Anhaltspunkte dafür hatte und hat.
Der deutsche Nachrichtendienst entzifferte die Meldungen, wie er behauptete, und übersetzte sie dann auch aus der arabischen Originalsprache ins Deutsche. Und hier wird es brisant: Der deutsche Geheimdienst wies das Gericht schriftlich darauf hin, dass die „verschlüsselte Originalfassung im BND nicht mehr vorhanden (ist); das gleiche gilt für den arabischen Originaltext“. Beides soll nicht ungewöhnlich sein, so die Herren in Pullach, der Zentrale des deutschen Nachrichtendienstes, denn das entspräche nämlich dem üblichen Verfahren bei Bearbeitung solcher Meldungen, bei dem die entzifferte und übersetzte Meldung das „Original“ ersetzt.
Nicht nur, dass die Funksprüche, ich will sie jetzt nicht einzelnen zitieren, ein geistiges Produkt des Mossad sind, wie Ostrovsky eidesstattlich bekundete, nein, sie haben, wie man sieht, auf unseriöse Art und Weise ihren Weg in einen deutschen Gerichtssaal gefunden.
Das ist doch eine Intrige der billigsten Art und so durchsichtig, dass sich Menschen mit gesundem Verstand die Fußnägel ob solcherart Manipulationen aufrollen.
Silvia Cattori: Können wir daraus schliessen, dass Herr Mehlis im Sinne Israels und der USA agierte, da er ja schon einmal eine Aktion des Mossad in diesem Berliner Dossier gedeckt hat?
Jürgen Cain Külbel: Ich schließe mich auch aus obigen Gründen der Analyse des Londoner Politikwissenschaftlers Nafeez Mosaddeq Ahmed weitestgehend an: „Als Berliner Staatsanwalt vertuschte Mehlis versehentlich, aber konsequent das dubiose Interesse der US-amerikanischen, israelischen und deutschen Geheimdienste an dem Terroranschlag von 1986, konstruierte aktiv gegen Verdächtige einen selektiven, politisch motivierten Sachverhalt ohne objektives materielles Beweismaterial, wobei er eine Gruppe von Verdächtigen mit dokumentierten Verbindungen zu westlichen Geheimdiensten ignorierte und schützte.“
Silvia Cattori: Herr Brammertz verlangt die Verlängerung der Untersuchung um ein Jahr – erscheint Ihnen das sinnvoll?
Jürgen Cain Külbel: Irgendwie ist den Herren Ermittlern in der UN-Inquisition zwar die Luft ausgegangen, d.h. die Beweislage gegen Damaskus und gegen die vier inhaftierten libanesischen Ex-Sicherheitsoffiziere ist so dünn wie das Loch in einer kaputten Socke, doch genügt es den dahinter stehenden Auftraggebern, sprich US-Administration, offensichtlich erst einmal, die Beschuldigungen gegen Syrien zumindest ein weiteres Jahr am Kochen zu halten. Bush hat ja, wie man allgemein vermutet, in seiner zweiten Amtszeit noch einige kriegerische Imperialschläge vor.
Silvia Cattori: Wird die Bewegung „14 March Movement“ von den USA finanziert?
Jürgen Cain Külbel: Sie meinen damit jene lausige Truppe, die seit der Zedernrevolution zu Diensten von Mordamerika steht?
Silvia Cattori: Ist dies den Zielen von Herrn Ziad Abdelnour dienlich, der Mann, auf den sich Tel Aviv und Washington verlassen, dass er ein ihnen günstig gewogenes Regime aufbaut (in Ihrem Buch beschreiben Sie Herrn Ziad K. Abdelnour, Vorsitzender des Kommittees „United States Committee for a Free Lebanon“ als Schlüsselfigur bei der Förderung der Pläne der Bush Administration)?
Jürgen Cain Külbel: Er ist nach wie vor einer der eifrigsten Schreibtischtäter, der keine Möglichkeit der Propaganda und Hetze auslässt, um Syrien und den Status quo in Libanon anzuprangern. Er hat sich in den Kopf gesetzt, Arabien klassische kapitalistische Verhältnisse aufzuzwingen. Eine politische Rolle wird er wohl nach meinem Buch nicht mehr spielen. Aber seine Wirtschaftinteressen und die seiner Klientel werden durch ein Marionettenregime selbstredend befriedigt werden. Das ist ja auch das eigentliche Ziel des Wallstreetbankers. Nicht missioniertes Araberland ist einfach ein wirtschaftlicher Verlust für Leute seines Schlages. Zwischen dem 5. und 7. Juni 2006 beispielsweise debattierte er in Dubai im Madinat Jumeirah Hotel zum Thema „Venture capital investing“ im arabischen Raum. Abdelnour sprach dort in seiner Eigenschaft als Präsident & CEO von Blackhawk Partners, LLC, USA vor gewichtigen Brüdern aus großen Konzernen und Banken aus Europa, den USA und dem Nahen und Mittlern Osten sowie vor Vertretern des International Monetary Fund.
Silvia Cattori: Hat die Destabilisierung des Libanon die von Israel und den USA finanzierten Kandidaten begünstigt, wie zum Beispiel Herrn Nagi N. Najjar – eine Art Herr Chalabi 2?
Jürgen Cain Külbel: Kein einziger ehrlicher Libanese würde den Dauer-Kollaborateur mit Israel, diesen Najjar, auch nur als vorgesetzten Schuhverkäufer erdulden wollen. Diese Art unmoralischer Leute, meist Diener zweier Herren, existiert in den Grauzonen zwischen Politik und Geheimdiensten, treiben dort ihre Spielchen und bringen sich ein, eben als Kollaborateure und Drahtzieher. Die Rolle dieses „Strategen“ bedarf noch umfassenderer Aufklärung, als ich es bereits in die Wege geleitete hatte. Etienne Sakr, Führer der Guardians of the Cedars, einer Bürgerkriegsmiliz, organisiert nach faschistischem Vorbild, brachte Ende Februar eine Delegation libanesischer „Widerständler im Exil“ mit Mitgliedern des Britischen Parlaments zusammen, um die „Lage“ in Libanon und Syrien zu diskutieren. Najjar war selbstverständlich mit von der Partie. Die Exilanten, denen im Libanon Prozesse drohen, weil sie im Bürgerkrieg mit Israel kollaborierten, forderten dort das Recht zur Rückkehr und Teilnahme am politischen Prozess ein, um dem islamischen Fundamentalismus den Kampf anzusagen. Zudem kritisierten sie Beirut, weil es die Hisbollah nicht entwaffnet. London und Washington, so forderte der im Libanon zum Tode verurteilte Sakr, sollten zudem den Druck auf die Regierung in Damaskus erhöhen, die wegen der „Förderung“ des Terrors und der Hisbollah ein Unruheherd in der Region sei. Beide Seiten kamen im Military Officers Club in London überein, das Anliegen im Auge zu behalten und noch mit den Franzosen abzustimmen.
Beinahe zeitgleich, am 17. März, trafen sich, wie es der Zufall will, auch 14 syrische Exil-Politiker in Brüssel und erklärten, auch „Syrien bedarf der Erlösung von dem autokratischen Regime, das das Land geschwächt hat“. Die Oppositionsgruppen von Liberalen, Kommunisten, Kurden, der Moslembruderschaft wollen beim Regimewechsel die Verfassung außer Kraft, eine Übergangsregierung einsetzen, Wahlen organisieren und den Notstand aufheben.
„Eine unserer größten Herausforderungen ist es, die Mauer der Angst niederzureißen“, sagte Nadjib Ghadbian vom syrischen Nationalrat, einer Dachorganisation von Oppositionsgruppen in den USA. Ghadbian, Professor an der Universität von Arkansas, ist zudem führendes Mitglied des Washingtoner Center for the Study of Islam & Democracy (CSID), eine Dissidentenorganisation, die eng mit Cheneys und Rice’ USAID zusammenarbeitet. Man köchelte eben am „neuen Nahen Osten“, dem die granitene Rice huldigt.
Silvia Cattori: Hat die Inhaftierung, im Juni 2006, der Angehörigen vom Mossad im Südlibanon, irgendeine Verbindung zur Akte Hariri?
Jürgen Cain Külbel: Ich hatte am 26. Juni einen Open Letter an Kofi Annan und Serge Brammertz geschickt, der auch in arabischen Tageszeitungen veröffentlich wurde. Darin forderte ich auf, keine unnötige Zeit verstreichen zu lassen und die Ermittlungen im Mordfall Hariri in Richtung Täterschaft „Israel und Mossad“ samt den Kollaborateuren auszuweiten. Da derartige Verbrechen des Mossad im Ausland - wie zuletzt im Fall Majzoub - ausschließlich mit Billigung des israelischen Premiers ausgeführt werden, schlug ich Annan vor, die UNIIIC unverzüglich und notfalls per Resolution des UN-Sicherheitsrat zu ermächtigen, die Verantwortlichen in der israelischen Regierung, allen voran Premier Ehud Olmert und Mossad-Chef Meir Dagan, zu vernehmen. Denn, wie die Ermittlungen der libanesischen Armee ergaben, verfügt Israel über umfassende Erfahrungen und ausgefeiltes Know how in der verbrecherischen und feigen Technik der Autobombenanschläge. Zudem bietet sich der UNIIIC unter Serge Brammertz samt seinen fleißigen Ermittlern die einmalige Chance, nunmehr in ein logistisch und technisch auf höchstem Niveau operierendes Terrorgefüge einzudringen und so möglicherweise auf viele offene Untersuchungsfragen – wenn auch nur zum Zwecke des besseren Verstehens oder zum Vergleich – eine Antwort zu bekommen; darunter eben auch, mit welchen Hightech-Mitteln der Anschlag auf Hariri durchgeführt wurde.
Silvia Cattori: Alle unparteiischen Analytiker sind der Meinung, dass Frankreich, durch seine Unterstützung seit 2004 der Resolution 1559, für das Desaster im Libanon verantwortlich ist. Verstehen Sie warum Frankreich eine Position bezogen hat, die seinem Image in der arabischen Welt schaden könnte?
Jürgen Cain Külbel: Selbstverständlich gehört Frankreich zu den Hauptverantwortlichen der Katastrophe, die den Libanon seit dem Mord an Hariri heimgesucht hat. Jaques Chirac ist nicht nur Mitläufer der US-amerikanischen Machenschaften in der Levante, er hat sogar aktiv versucht, Bush davon zu überzeugen, dem heutigen Frankreich im früheren Einflussgebiet des französischen Kolonialismus freie Hand zu lassen. Der Text, der UN-Resolution 1559, die zum Abzug der syrischen Truppen aus dem Libanon aufforderte, wurde von einem Berater des Elysée zusammen mit Außenministerin Condoleezza Rice entworfen. Weder UN-Generalsekretär Kofi Annan noch das französische Außenministerium sollen davon informiert gewesen sein. Die Ereignisse hernach deuten darauf hin, dass Chirac, Bush und Sharon sich auf eine Verteilung der Rollen bei dem Komplott verständigt hatten, Syriens Präsident Assad zu stürzen und die Baath-Partei auszurotten.
Silvia Cattori: Sind Sie der Meinung, dass diese Region sich mitten in einem langwierigen Krieg befindet? Und dass Israel also nicht nur diesen Krieg führt um die Hisbollah zu zerstören, sondern auch um die Völker dieser Region zu vernichten?
Jürgen Cain Külbel: Israel nimmt vorderhand die Völkergemeinschaft als Geisel. Die „demokratischen“ Fürstenhöfe in Europa und von anderswo schicken 15000 ihrer jungen Landeskinder ins Heilige Land, die mit „robustem Mandat“ für die Sicherheit des Judenstaates zu sorgen haben. Das bezahlen natürlich die Steuerzahler der jeweiligen Länder. Also Null Risiko und finanzielle Last für die Entsendestaaten. Für die zurückgeführten Leichen gibt’s dann Trompetenklänge und Böllerschüsse. Gewöhnlich zeigt sich da die Hofkasse spendabel, denn das geht dann doch nicht so in die Vollen. Ob das „robuste Mandat“ aber gleichzeitig auch der Vorbereitung eines Schlages der Israelis oder der Amerikaner oder beider gemeinsam gegen den Iran dienlich sein könnte, weiß der Kuckuck aus Kentucky. Möglich ist schon, dass die Blauhelme genau dann in dem Teil des Arabischen Osten für Rückendeckung sorgen sollen, wenn die imperialen und israelischen Kampfflieger Teheran attackieren. Die USA haben die UNO sowieso in den vergangenen Jahren zu einem handlungsunfähigen Schrumpfkopf zusammengekocht und mit finanzieller Austrocknung gedroht, falls sie sich den Imperatoren am Potomac nicht füge. Warum sollten nun die Amerikaner nicht auch noch die Streitkräfte, die eigentlich für Friedenseinsätze vorgesehen sind, zu Kampfzwecken und zum Wohle von Bushs und Cheneys Clique verbraten?
Silvia Cattori: Der Mossad und CIA sieht Sie heute sehr wahrscheinlich als Feind an und überprüft all Ihre Briefwechsel und Kontakte; haben Sie keine Angst davor, er könnte versuchen, Sie brutal zum Schweigen zu bringen?
Jürgen Cain Külbel: Das ist mir auch schon durch den Kopf geschossen. Auch in den Vorgängen, die Mehlis bearbeitet, kamen regelmäßig Leute um; sei es durch Unfälle oder Melancholie.
Interview mit Jürgen Cain Külbel von Silvia Cattori für Réseau Voltaire mit freundlicher Hilfe und Unterstützung von Monica Hostettler.
www.voltairenet.org
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