Anlässlich des Todes von General Giáp, der nacheinander zwei Imperien besiegte, veröffentlichen wir dieses Zeugnis. Võ Nguyen Giáp war Sohn eines Mandarins. Er wurde Kommunist aus Patriotismus gegen den Imperialismus von zwei kapitalistischen Mächten, Frankreich und die USA. Es war zweifellos einer der größten Strategen des 20. Jahrhunderts ohne jemals eine Militärakademie besucht zu haben.
« Giáp… Giáp… Hô-Chi-Minh ! ». Das war der Slogan auf allen Demos der Studentenbewegungen auf der ganzen Welt. Dies waren die Jahre 1968 bis 1975. In Nord-Vietnam bombardierten die Vereinigten Staaten weiterhin mit ihren B-52 und gossen sogar Napalm auf die Städte und die Landschaften. Aber die Vereinigten Staaten hatten nicht mit einem kleinen Mann gerechnet, kaum grösser als einen Meter fünfzig, mit einer Volks-Armee aus dem Norden und einer Gruppe von Guerillasoldaten, die im Süden die mächtigste Armee der Welt in Schach gehalten hatten. Der Mann hieß Võ Nguyen Giáp.
Im Jahr 1995, als ich ihn in Hanoi für die Feierlichkeiten des zwanzigsten Jahrestag der Befreiung und Vereinigung von Vietnam traf, antwortete er auf meine Frage über sein Geburtsdatum, dass er sehr alt, „aber drinnen noch sehr jung" wäre. Sehr jung war er der kommunistischen Partei beigetreten, und 1933 ging er auf die Universität von Hanoi, wo er seinen Abschluss in Wirtschafts-Politik und Jus erhalten hatte. Sein Hobby waren die napoleonischen Feldzüge, die Texte von Clausewitz und die Lehren von den vietnamesischen Condottieri, die sich zweitausend Jahre lang gegen jeglichen Besetzungsversuch gewährt hatten.
Seine Begegnung mit Hô Chi Minh [1], zur Zeit der politischen Führer des Befreiungskrieges, nach der Rückkehr in seine Heimat aus seinem Exil in Paris und erst seit kurzem aus dem Gefängnis entlassen, war für ihn grundlegend: "Das wird der Kampf zwischen einem Tiger und einem Elefanten sein", prophezeite Ho Chi Minh. Giáp, der nie in einer Militärakademie gewesen war, antwortete ihm, der von seiner kargen Kriegs-Vorbereitung sprach: "die beste Schule ist der bewaffnete Kampf des Volkes."
Ich traf General Giáp, jetzt im Ruhestand, zum ersten Mal im Jahr 1992, und war damals sehr berührt. Ich war dort mit einem Team der Rai und für Il Manifesto, und wir sollten uns alles über die Schlacht von Điện Biên Phủ erzählen lassen. Er empfing uns selbst in seiner kleinen Villa in Hanoi, am Arm seiner Frau. Nachdem wir uns in einem sehr schönen Garten installiert hatten, den er selbst pflegte, bat er uns vor dem Interview um ein gemeinsames Foto: Er erklärte mir, dass er gerne Fotos aufbewahrte von Freunden, die ihn besucht hatten. „Es war im Dezember 1953, die französische Armee begann empfindliche Verluste zu spüren. Die französischen Fallschirmjäger besetzten das Tiefland von Điện Biên Phủ, sehr nahe an der Grenze von Laos, wo sie eine Luftwaffenbasis zur Unterstützung der Bodentruppen bauten. Die Position, die sich dann als eine fatale, schwer zu verteidigende Festung erwies, hätte ein Brückenkopf für schnelle Ausfälle ins Feindesland sein sollen. Am 13. März 1954 begannen fünfzigtausend Mann unter meinem Kommando den Angriff auf Điện Biên Phủ, die Krönung eines lang andauernden Manövers, das sieben Jahre gedauert hatte. Wir haben die Voraussetzungen für eine Entscheidungsschlacht geschaffen, und zwar auf einem von uns vorbereiteten und ausgewählten operativen Theater. Nach 55 Kampftagen fiel die Basis in die Hände der vietnamesischen Truppen.“ Es war am 7. Mai 1954, die Genfer Abkommen brachen das Land in zwei.
Es konnte keinen Frieden ohne Wiedervereinigung des Vietnams geben. Am 8. März 1965 landeten die ersten 3500 Marines im Hafen von Đà Nẵng, und sie leiteten eine schnelle militärische US-Eskalation ein. Die Unterschiede zwischen den beiden Armeen waren offensichtlich. Giáp entwarf den Bau von kleinen unterirdischen Verstecken; um Bombardierungen einzuschränken, befahl er den Soldaten, immer mit dem Feind in Kontakt zu bleiben und sich nur zurückzuziehen, wenn es unbedingt notwendig war. Um den Feind zu umgehen und ihn zu verwirren und um Waffen und Lebensmittel zu liefern, wurden die Grenzen von Kambodscha und Laos überschritten, was zur "Ho Chi Minh Piste" wurde.
Kurz vor der Tet-Offensive Anfang 1968 erklärte Giáp der französischen Zeitung Le Monde, dass wenn nach so vielen Monaten Kampf, die US-Armee, die damals fünfzig tausend Einheiten erreicht hatte, noch immer nicht imstande war zu siegen, dann würde sie niemals den Widerstand des vietnamesischen Volkes brechen können. „Die USA führen Krieg mit Arithmetik. Sie befragen ihre Computer, sie machen Additionen und Subtraktionen, und sie handeln danach. Aber hier ist Arithmetik nicht gültig: Wenn es so wäre, hätten sie uns bereits ausgerottet.“ Am 30. April 1975 traten General Giáps Truppen in Saigon ein und verjagten die Amerikaner und ihren Kasperl, Nguyễn Văn Thiệu.
[1] « Hô Chi Minh et la lutte contre les impérialismes japonais, français et états-unien », von Marta Rojas, Réseau Voltaire, 7 September 2005.
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