Die konstituierende Sitzung von Genf-2 hatte nicht viel mit einer diplomatischen Konferenz zu tun. Sie war einfach eine tolle Show, im weltweiten Fernsehen. In der Realität sprach jeder Redner nur zu einem Bruchteil der öffentlichen Meinung, in der Regel zu der seines Landes und einiger Verbündeten, ohne sich unbedingt Gedanken darüber zu machen, was folgen würde. Was man nun davon halten wird, ist völlig anders, je nachdem, ob man das Ereignis in Bezug auf die Öffentlichkeitsarbeit oder auf die Suche nach Frieden betrachtet.

Es schien, als hätte die syrische Delegation zu lang gesprochen, während die Opposition den Rücktritt von Präsident Al-Assad forderte, mit bemerkenswerter Unterstützung der US-Delegation. Man könnte daraus schließen, dass Damaskus abdanken würde.

Jedoch wurde die westliche Presse nicht von diesem Trugbild geblendet. Obwohl John Kerry feierlich erklärte, dass man sich nicht vorstellen könne, dass eine Übergangsregierung von Baschar Al-Assad geführt werde, kamen Mitglieder seines Kabinetts in den Pressesaal und erklärten den Journalisten, dass Syrien ohne Assad noch schlechter wäre als mit ihm. Sie übernahmen das Argument des Botschafters Ryan C. Crocker von der New York Times. Da verstand jeder, dass die Rede des Staatssekretärs nur das verbündete Saudi-Arabien beruhigen sollte, nicht aber umgesetzt würde.

Die Delegation der Nationalen Koalition argumentierte überzeugend über die "Verbrechen des Regimes" und forderte alle Macht für sich selbst, und verpflichtete sich, die Minderheiten zu respektieren. Aber ihre geschwollene Rede kann wenigen Minuten Diskussion nicht standhalten. So stützte sie sich auf einen vor zwei Tagen veröffentlichten Bericht, der die Regierung beschuldigt, 11000 Menschen unter Folter ermordet zu haben, indem sie ihn als einen "unabhängigen Bericht" präsentierte, während es sich doch nur um das x-te Stück der Katar-Propaganda dreht. Ebenso kann sich jeder fragen, warum die Koalition künftig Minderheiten respektieren sollte, die sie während des Krieges verfolgt hatte?

Sobald seine Show beendet war, kündigte Herr Dscharba an, er würde nicht selbst an den Verhandlungen teilnehmen, ohne aber zu sagen, wer seine Delegation in seiner Abwesenheit führen wird.

Auch hier ließ sich die westliche Presse nicht irreführen. Jeder hat verstanden, dass wenn Herr Dscharba auch die Rede, die seine Sponsoren geschrieben haben, gut liest, er aber nicht die Statur für diese Arbeit hat, während die syrische Delegation aus qualifizierten Fachleuten besteht. Aber abgesehen von der Kluft in Qualifikation, ist Herrn Dscharba‘s Lage nicht beneidenswert: er posierte als Gewinner eines Krieges, den er verloren hat, er behauptete, im Namen eines Volkes zu sprechen, das ihn nicht kennt. Denn die Nationale Koalition spricht nur mehr für sich allein. Ihre Hauptkomponenten haben sie im Stich gelassen, ihre Exil-Regierung ist zurückgetreten und lässt die Muslimbrüder und Saudi Arabien allein.

Jeder erinnert sich nun der ersten Rede von Sergej Lawrow. Er hatte diskret bemerkt, dass die Genf-1 Erklärung und die Entschließung 2118 des Sicherheitsrats, auf denen die Konferenz beruht, vorschreiben, dass alle syrischen Fraktionen in Genf-2 vertreten sein sollen. Jedoch wurde auf Antrag von Washington nur eingeladen, was jetzt noch von der Nationalen Koalition übrigbleibt. Der Minister erklärte, zu hoffen, dass die inländische patriotische Opposition an der Verhandlung teilnehme, trotz ihrer Abwesenheit bei der konstituierenden Sitzung.

Erst zu diesem Zeitpunkt wird die wahre Konferenz beginnen.

Übersetzung
Horst Frohlich
Quelle
Al-Watan (Syrien)