Die zweite Sitzung der Genf-2-Konferenz hat gerade mit einem ganz anderen Ton als in der ersten begonnen. Der US-Botschafter, Robert S. Ford, ist nicht mehr an der Spitze der Delegation der "Opposition" und es ist nicht bekannt, wer jetzt für Syrien zugunsten Washingtons zuständig ist. Wie dem auch sei, diese Delegation kam mit einer "Erklärung über grundlegende Prinzipien", um Damaskus in eine Falle zu locken, die Walid Moallem ihr in der ersten Session gestellt hatte: ihn zu zwingen, auf seinem eigenen Terrain zu reagieren. Damaskus wollte von dem Kampf gegen den Terrorismus sprechen, die ’Opposition’ antwortet ihm mit eine detaillierten Beschreibung der Zusammensetzung und der Mission der Übergangsregierung.

Das war sehr gut gespielt, weil Herr Moallem während der ersten Sitzung sich nur an die syrische öffentliche Meinung und die arabische Welt gewendet hat, nie aber an den Westen. Hätte er dieses Publikum erreichen wollen, hätte er zunächst sich auf das Völkerrecht berufen müssen, bevor er seine Anwendung hätte diskutieren können: den Terrorismus zu bekämpfen. Um jedoch die Legitimität von Damaskus zunächst zu festigen, bemühte er sich, die Verbrechen der von der ’Opposition’ unterstützten Dschihadisten und die kolonialen Bestrebungen von John Kerry offen zu legen.

Indem sie das leere Feld besetzten, diktierten die Vereinigten Staaten der ’Opposition’ eine Erklärung [1], die sich auf die Resolutionen des Sicherheitsrates und das Schlusskommuniqué von Genf 1 stützte, d.h. auf Texte, die von allen Staaten der Friedenskonferenz angenommen wurden.

Diese Erklärung beschreibt zunächst was dieses Organ sein sollte. Natürlich werde es neutral sein, inklusive – d.h. einschließlich aller Komponenten der syrischen - friedlichen Gesellschaft -, das heißt, dass es dem Krieg ein Ende setzen werde, und Garant der territorialen Integrität des Landes sein werde. Seine Funktion sollte eine Umgebung schaffen helfen, damit das syrische Volk seine eigene Verfassung und Institutionen ausarbeiten könnte.

 Das erste Problem dieser Erklärung ist, dass es der Praxis der bewaffneten Gruppen widerspricht. Während die Nationale Koalition sich in einer perfekten, demokratischen Sprache ausdrückt, foltern die auf dem Boden kämpfenden Gruppen weiterhin Minderheiten und versuchen, eine Salafi-Gesellschafts-Organisation zu verhängen. Zugegeben, die meisten dieser Gruppen erkennen die Autorität der Koalition ja nicht einmal an, aber diese hat keine andere Legitimation als deren Taten.

Natürlich spürt jeder diese Heuchelei seit Beginn der Krise; die besten Redner für die Demokratie in Syrien sind die absoluten Herrscher der Golf-Diktaturen.

 Das zweite Problem der Erklärung ist die Art, um das Organ der Regierung zu bestimmen. Washington will es aufdrängen, wie es von ihm in vielen anderen Ländern getan wurde. Es betrachtet daher Genf-2 als die Bonner Afghanistankonferenz: die Großmächte verhandelten untereinander und würden einfach einen syrischen Karzai ernennen. Damaskus, im Gegensatz, zitiert weiterhin das Schlusskommuniqué von Genf-1, nach welchem es „das syrische Volk ist, das die Zukunft des Landes bestimmen sollte.“ Infolgedessen muss nicht nur die neue Verfassung durch ein Referendum genehmigt werden, sondern das Ergebnis von Genf-2 wird nur durchgeführt werden können, wenn es von Präsident Al-Assad ratifiziert wird. Dieser hat sich aber verpflichtet, es einem Referendum zu unterziehen.

Zudem bezieht sich dieser Hinweis auf die Legitimität der Delegation der "Opposition". Wie bereits von Sergej Lawrow in seiner einleitenden Erklärung der Konferenz bemerkt, verletzt ihre aktuelle Zusammensetzung das Genf-1 Kommuniqué. Es sagt: "der Prozess sollte völlig offen sein, damit sich alle Segmente der syrischen Gesellschaft während der Ausarbeitung der politischen Lösung für einen Übergang äußern können." Jedoch reduziert sich die Delegation der "Opposition" auf die alleinige nationale Koalition, die sogar von der Mehrheit ihrer Mitglieder zurückgewiesen wurde.

 Das dritte Problem der Erklärung ist, dass sie für Washington die Möglichkeit enthält, eine Nachfolge auf serbische Art zu organisieren, durch die Organisation einer "farbigen Revolution". Der Kosovo-Krieg endete mit einem Waffenstillstand, gefolgt von Wahlen in Serbien. Durch eine clevere psychologische Kampagne konnte die CIA einen Pro-Amerikaner wählen lassen. Dann ließ sie Slobodan Milošević verhaften und in Den Haag für Verbrechen gegen die Menschheit richten. Da das Gericht nach zwei Jahren Prozess keine Beweise für die Anschuldigung fand, wurde Milošević in seiner Zelle ermordet. Schliesslich haben die Serben umsonst gekämpft, weil sie heute den Kosovo verloren haben und von denjenigen regiert werden, die sie bombardiert haben.

Die Deklaration enthält daher einen erstaunlichen Widerspruch: sie behauptet, dass die Vereinten Nationen sich vom Beginn des Übergangs landesweit bereitstellen müssten, aber hält sie von der Verhandlung fern. Stattdessen behauptet sie, dass die Kontrolle den "unabhängigen Organisationen der internationalen Zivilgesellschaft“ zukomme. In Mittel- und Osteuropa heißen diese Organisationen Freedom House, Open Society Foundation und National Endowment for Democracy (NED). Die erste ist historisch mit den Vereinigten Staaten und Israel verbunden; die zweite wird von dem Spekulanten George Soros geführt und dient zugleich beiden Interessen, den der USA und Israel. Die dritte ist zwar keine Assoziation, sondern ein gemeinsames Organ der amerikanischen, britischen und australischen Regierungen, erstellt auf Initiative des Präsidenten Ronald Reagan, um die Arbeit der CIA nach den Skandalen der 1970er Jahre zu verlängern. Diese Organisationen schütten, überall wo sie können, Milliarden Dollar aus, um korrupte Eliten und Staaten zu kaufen.

Im Juli 2011 schickte Washington eine kanadische offizielle Delegation nach Libyen, um gleicherweise eine serbische Lösung vorzuschlagen: einen Waffenstillstand, gefolgt von einer Übergangsfrist, während der "unabhängige internationale Zivilgesellschaften" in dem Land eingesetzt werden könnten. Angesichts der Weigerung von Muammar al-Gaddafi, beschloss die NATO Gewalt anzuwenden.

Darüber hinaus fordert die Erklärung, dass der Übergangsregierungs-Körper Mechanismen einrichte, um „Personen, die Verstöße gegen die Menschenrechte und Gesetze der internationalen Justiz begangen haben“, verantwortlich zu machen. Dieser Satz zielt direkt auf die Festnahme und Überstellung an Den Haag von Präsidenten Al-Assad ab, noch während der Übergangszeit. Eine Prozedur, die wie für Milošević, zum Tod in seiner Zelle führen würde. Kein Zweifel, Washingtons Kandidaten würden dann die Wahlen gewinnen, nachdem Präsident Al-Assad aus dem Spiel genommen und die Pseudo-US-Verbände vor Ort bereitgestellt wären.

Es gibt also noch viel in Genf zu diskutieren. In der Zwischenzeit empfing Präsident Obama den König von Jordanien in Kalifornien. Die beiden Männer einigten sich darauf, wie die in Aufstockung befindliche Armee in Jordanien noch einmal Syrien angreifen werde. Der Krieg ist bis zum 30. September 2014 von Washington geplant. Sieben Monate lang wird die ’Opposition’ versuchen, das Schicksal der Waffen umzukehren und, zumindest den Süden des Landes einzunehmen, um dort den Sitz einer provisorischen Regierung zu schaffen. Es ist immer besser, zwei Eisen im Feuer zu haben.

Übersetzung
Horst Frohlich
Quelle
Al-Watan (Syrien)