Im Jahr 2009 empfing Julia Timoschenko, damals Premierminister, den Generalsekretär der NATO, Jaap de Hoop Scheffer.

Brav gewühlt, alter Maulwurf! [1]. So beschrieb Marx die vorbereitende Arbeit der Revolution Mitte des 19. Jahrhunderts. Dasselbe Bild kann heute in umgekehrter Richtung verwendet werden, um die Operation der NATO in der Ukraine zu beschreiben.

Sie beginnt im Jahr 1991, als nach dem Warschauer Pakt, auch die Sowjetunion zerfällt: statt eines einzelnen Staates gibt es dann fünfzehn, einschließlich der Ukraine. Die USA und ihre europäischen Verbündeten werden sofort aktiv, um den größten Nutzen aus der neuen geopolitischen Situation zu ziehen. Im Jahre 1999 zerstückelt die NATO durch Krieg die jugoslawische Föderation, einen Staat, der die neue Expansion in den Osten behindern hätte können, und verleibt sich die ersten Länder aus dem ehemaligen Warschauer-Pakt ein: Polen, Tschechien und Ungarn. Dann erweitert sie sich in 2004 und 2009 mit Estland, Lettland, Litauen (früher Teil der UdSSR); Bulgarien, Rumänien, Slowakei; Slowenien und Kroatien (Republiken des ehemaligen Jugoslawien) und Albanien.

Die Ukraine - deren Gebiet von 600.000 km2 ein Puffer zwischen der NATO und Russland ist und das von Energie-Korridoren zwischen Russland und der Europäischen Union durchzogen ist - bleibt jedoch autonom. Aber sie integriert sich in den "Nordatlantischen Kooperations-Rat" und im Jahr 1994 in die "Partnerschaft für den Frieden", indem sie an den "Friedensmissionen" auf dem Balkan teilnimmt.

Im Jahr 2002 wird der "NATO-Ukraine-Aktions-Plan" verabschiedet und Präsident Kutschma verkündet, der NATO beitreten zu wollen. Im Jahr 2005, im Anschluss an die "orange Revolution", wird Präsident Juschtschenko zum NATO-Gipfel in Brüssel eingeladen. Unmittelbar danach wird ein "intensivierter Dialog über das Streben der Ukraine, Mitglied der NATO zu werden" gestartet, und im Jahr 2008, gibt der Gipfel von Bukarest das grüne Licht für sein Inkrafttreten. Im Jahr 2009 akzeptiert Kiew ein Abkommen, welches den Land-Transit der Lieferungen für die NATO-Streitkräfte nach Afghanistan über die Ukraine ermöglicht. Von da ab erscheint der NATO-Beitritt der Ukraine als sicher, aber im Jahr 2010 verkündet der neu gewählte Präsident Janukowitsch, dass, trotz der Fortsetzung der Zusammenarbeit mit der EU, ihr EU-Beitritt nicht auf der Tagesordnung der Regierung stünde.

In der Zwischenzeit aber konnte die NATO ein Netzwerk von Verbindungen innerhalb der ukrainischen Streitkräfte aufbauen. Hochrangige Offiziere engagieren sich seit Jahren in Kursen des NATO Defence College in Rom und Oberammergau (Deutschland), mit Themen, die im Zusammenhang mit der Integration der ukrainischen Streitkräfte in die Allianz stehen. Es ist innerhalb dieses Rahmens, in dem sich eine "multinationale Fakultät" mit NATO-Lehrern der ukrainischen Militär-Akademie angliedert.

Es wird auch die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit auf dem Gebiet von Waffen merklich entwickelt, um die Teilnahme der ukrainischen Streitkräfte an "gemeinsamen Friedensoperationen" durch größere Interoperabilität unter Führung der NATO zu erleichtern.

Darüber hinaus, wo „es doch vielen Ukrainern an Informationen über die Rolle und die Ziele des Bündnisses fehlt und sie veraltete Klischees des Kalten Krieges im Sinne haben“, hat die NATO in Kiew ein Informationszentrum gegründet, das Tagungen und Seminare, und sogar Besuche der ’Zivilgesellschaft’ im Hauptquartier in Brüssel organisiert.

Und da nur das existiert, was man sehen kann, ist es offensichtlich, dass die NATO ein wesentlich umfassenderes Verbindungsnetz in militärischem und zivilem Milieu besitzt, als das sichtbar ist. Wie auch der Befehlston bestätigt, mit dem der NATO-Generalsekretär sich am 20. Februar an die ukrainischen Streitkräfte richtete, indem er sie warnte, " Neutral zu bleiben", um nicht "ernste negative Auswirkungen auf unsere Beziehungen" zu riskieren.

Die NATO fühlt sich jetzt sicher, einen neuen Expansions-Schritt nach Osten machen zu können, der wahrscheinlich die Hälfte der Ukraine umfassen wird, während sie ihre Kampagne gegen "überalterte Stereotypen des Kalten Krieges“ weiterführt.

Übersetzung
Horst Frohlich
Quelle
Il Manifesto (Italien)

[1[AdÜ] Komplettes Zitat„ Aber die Revolution ist gründlich. Sie ist noch auf der Reise durch das Fegefeuer begriffen. Sie vollbringt ihr Geschäft mit Methode. Bis zum 2. Dezember 1851 [Anm. Staatsstreich Louis Napoleons] hatte sie die eine Hälfte ihrer Vorbereitung absolviert, sie absolviert jetzt die andre. Sie vollendete erst die parlamentarische Gewalt, um sie stürzen zu können. Jetzt, wo sie dies erreicht, vollendet sie die Exekutivgewalt, reduziert sie auf ihren reinsten Ausdruck, isoliert sie, stellt sie sich als einzigen Vorwurf gegenüber, um alle ihre Kräfte der Zerstörung gegen sie zu konzentrieren. Und wenn sie diese zweite Hälfte ihrer Vorarbeit vollbracht hat, wird Europa von seinem Sitze aufspringen und jubeln: Brav gewühlt, alter Maulwurf!“– Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte, 7. Kapitel: Karl Marx 1852