In einer Entscheidung vom 2. Dezember 2014 verurteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Türkei, die anderen Religionen gewährten Vorteile dem Alewiten-Kult verweigert zu haben.

Obwohl er von 15 bis 20 Millionen Türken praktiziert wird, hält der türkische Staat das Alewitentum nicht für eine Religion.

Die Alewiten sind schiitische Muslime (Alewit bedeutet "Schüler von Ali"), die für eine starke Interpretation des Korans sind, um sich an jeden Ort und jede Epoche anzupassen. Sie gehen nicht in Moscheen, aber üben das Semah-Ritual ("Wirbelnden Derwische") aus. Sie glauben an eine strikte Gleichheit zwischen Männern und Frauen und haben den Laizismus in der Türkei gefördert, aber profitieren nicht immer davon.

Seit dem 16. Jahrhundert bestraft oder ächtet der osmanische türkische Staat die Alewiten. Das letzte Massaker fand 1993 (auf dem Kulturfestival in Sivas) statt. Bislang gibt es noch keinen einzigen alawitischen hohen Beamten, obwohl diese Gemeinschaft besonders brillant ist.

Am 16. November 2014, Tag der Ankündigung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs, hat der Premierminister Ahmet Davutoğlu erklärt, er wolle das alawitische Problem lösen. Die Sprache des Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan ist jedoch immer voller Verachtung für sie. In der Zwischenzeit hat die Oppositionspartei CHP einen Gesetzes-Entwurf vorgelegt, um die Sache zu regeln. Er sieht die Anerkennung der alawitischen Gottesdienst-Stätten vor, die Streichung der Angabe der Religion auf den Personalausweisen, die Aufhebung des religiösen Kulturunterrichts, die Annahme eines arbeitsfreien Tages für das große alawitische Fest Ghadir Khumm, und die Umwandlung des Madimak Hotels (Ort des Massakers von 1993) in ein Museum.

« Affaire Cumhuriyetçi Eğitim Ve Kültür Merkezi Vakfi c. Turquie » (requête n°32093/10), Cour européenne des Droits de l’homme, 2 décembre 2014.

Übersetzung
Horst Frohlich