Der Sprecher des polnischen Parlaments, Radek Sikorski, begann vor kurzer Zeit eine zweifelhafte Geschichte über ein Gespräch von 2008 zwischen Polens früherem Ministerpräsidenten Donald Tusk und Vladimir Putin in Umlauf zu bringen, in dem Putin vorgeschlagen habe, dass Tusk sich den Abbruch der Ukraine genau überlegen sollte. Nachdem Tusk sich sorgfältig von dieser unangenehmen Information zurückgezogen hatte, ruderte Sikorski zurück und behauptete, dass er falsch verstanden worden wäre. Aber die Polen brauchten dieses Manöver, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie Europäische politische Insider wollten, dass Warschau die Zukunft der Ukraine sähe.

Es wäre für ukrainische Patrioten nützlich zu beachten, dass der Westen nach dem zweiten Weltkrieg umfangreiche Erfahrung im Abbruch eines Staates gewonnen hat – eines Staates, der viel mächtiger und gut verankert war, obwohl er eine militärische Niederlage erlebt hatte. Dieser Staat war Deutschland. Da Deutschland derzeit für die amerikanische Haltung als Cheerleader [Pompon Girl] in der ukrainischen Frage dient, könnte es ganz nützlich sein, einen Blick auf Berlins Erfahrungen in dieser Zeit zu werfen. Könnte die Rolle Deutschlands in der Planung für die Spaltung der Ukraine vielleicht eine Rache für die Niederlage von 1945, wenn auch in kleinerem Maßstab, sein?

Als die Frage über die Zukunft Deutschlands zum ersten Mal auf der Konferenz von Teheran im November-Dezember 1943 gestellt wurde, sprach Joseph Stalin, der Leiter der sowjetischen Delegation, zugunsten der Erhaltung der Integrität des deutschen Staates, selbst nach der Nazi-Niederlage.

Als die Staatsmänner der UdSSR, der USA und von Großbritannien nach dem zweiten Weltkrieg auf der Konferenz von Jalta im Februar 1945 Deutschlands Charta mit Schwierigkeiten ausgearbeitet hatten, erkannten sie die Notwendigkeit der «kompletten Abrüstung, Entmilitarisierung und Zerstückelung Deutschlands als gebührende Voraussetzung für den zukünftigen Frieden und Sicherheit ». Allerdings, selbst auf der Potsdamer Konferenz (Juli-August 1945) war die endgültige Trennung von Deutschland noch nicht eine ausgemachte Sache. Die Alliierten einigten sich auf ein System einer vierteiligen Besetzung von Deutschland, mit dem Ziel der Entmilitarisierung und Demokratisierung; Es wurde auch beschlossen, dass «während der Zeit der Besetzung, Deutschland als wirtschaftliche Einheit behandelt werden sollte». Es war geplant, dass während der Besatzung die obersten Kommandanten der Streitkräfte der UdSSR, USA, UK und Frankreich, jeder in seiner eigenen Besatzungszone, die oberste Autorität ausüben würde. Und in Sachen die Deutschland als Ganzes betreffen, müssten Sie als Mitglieder des Kontrollrates zusammenarbeiten.

Konzentrieren wir uns auf diesen letzten Punkt: ein Kontrollrat wurde geschaffen - eine einheitliche Aufsichtsbehörde aus den Alliierten Mächten bestehend - und wenn ihre Mitglieder zusammen gearbeitet hätten, hätte diese Institution leicht die politische, wirtschaftliche und territoriale Integrität des Nachkriegsdeutschlands bewahren können. Die Autorität der Kontroll-Behörde war im wesentlichen unbegrenzt - innerhalb des besetzten Landes erließ der Rat Gesetze, Anordnungen, Richtlinien und andere Rechtsinstrumente, die die Arbeit der Verwaltungsbehörden in den Alliierten Besatzungszonen leiteten und das öffentliche Leben regelten.

All dies war jedoch nur möglich, wenn jeder einzelne der Alliierten einen wahren guten Willen gezeigt, und eine gemeinsame Perspektive im Hinblick auf die Zukunft dieses Landes, das eine militärische Niederlage erlitten hatte, geteilt hätte, das jedoch Hoffnung auf eine vielversprechende Zukunft bewahrte. Der in Potsdam ausgehandelte Mechanismus um Entscheidungen zu treffen, welche die einstimmige Unterstützung aller vier Vertreter der Besatzungsmächte verlangte, sollte helfen, dieses Ziel zu erreichen.

Mehrere wichtige Entscheidungen des Kontrollrates, die den Verlauf der Entwicklung Deutschlands nach dem Krieg bestimmten, waren Ende 1945 fertiggestellt worden. Beispielsweise sind Gesetze erlassen worden, um die Entnazifizierung und Demokratisierung sowohl der Gerichtsbarkeit und der Justizverwaltung zu gewährleisten, als auch um die alten Nazi-Gesetze abzuschaffen. Die Gesetzgebung sollte unter anderem auch die Demilitarisierung Deutschlands und die Bestrafung von Personen, die Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen Frieden und Menschlichkeit begangen hatten, bewerkstelligen. Trotz der Auseinandersetzungen wurden diese Entscheidungen erfolgreich ausgehandelt, die den Glauben an die Zukunft dieses Joint-Management-Systems für Deutschland erlaubten, aber die Arbeit des Kontrollrates und anderer administrativer, rechtlicher und wirtschaftlicher Einrichtungen schien allmählich außer Kontrolle geraten zu sein.

Beispiele für allgemein verständliche Vereinbarungen mit viel weniger Konsens wurden jedoch immer seltener, als man zu den großen Fragen der menschenwürdigen Lebensbedingungen für die deutsche Öffentlichkeit kam. Ein Mitglied des Kontrollrates aus der UdSSR, Chef der sowjetischen Militärverwaltung, Marschall Georgi Schukow erinnerte: „Das amerikanische und britische Verwaltungspersonal des Kontrollrates wurde wie auf ein Stichwort, plötzlich weniger entgegenkommend in allen Fragen... Es wurde immer schwieriger, einen Weg für die Beilegung von Streitigkeiten zu finden, vor allem, als wichtige Probleme diskutiert wurden. Dazu zählten: Ausrottung des militärischen und wirtschaftlichen Potenzials des deutschen Militarismus, die Entwaffnung von Militäreinheiten, und die entscheidende Ausrottung des Faschismus und die Beseitigung jeder Art von Nazi-Ordnung in den von England und den Vereinigten Staaten kontrollierten Besatzungszonen“.

Der Marschall hatte seinen Finger auf die Wunde gelegt: die Sowjetunion und die Westalliierten besaßen diametral entgegengesetzte Positionen. Mehr als jedes andere Land suchte die Sowjetunion, - ein Land, das die destruktive Macht des Dritten Reiches aus erster Hand erlebt hatte, - die lokale Umgebung ihrer Zone permanent zu verändern, um die Wiederbelebung des Militarismus oder Nationalsozialismus zu verhindern. Nämlich durch die Erstellung der richtigen Umgebung, durch demokratische Umwandlung, um für das deutsche Volk einen friedlichen, wirtschaftlich stabilen Staat zu schaffen. Die westlichen Länder hatten ganz andere Ziele. Zunächst hofften sie, dass die militärische Niederlage Deutschlands dessen Ende als zukünftige wirtschaftliche Konkurrenz bedeuten würde. Zweitens betrachteten die Vereinigten Staaten dieses Land von Anfang an als einen riesigen Markt, reif für die Ausbeutung durch amerikanisches Großkapital.

Marschall Schukov notiert ein Detail in seinen Memoiren: 5 Millionen Tonnen flüssigen Stahls reichten aus, um Deutschlands Nachkriegs-Bedürfnisse zu stillen, aber die Alliierten bestanden darauf das Kontingent zu verdoppeln. Mit einigen Schwierigkeiten und nach tagelangen Verhandlungen legten sie die obere Grenze auf 8 bis 9 Millionen. „Aber für sie hatte der Sinn davon nichts mit den Bedürfnissen des deutschen Volkes zu tun, sondern mit der Erhaltung des militärischen und wirtschaftlichen Potenzials der westlichen Regionen Deutschlands“ schreibt Schukow. Diese Politik hat besonders zynische Obertöne, wenn man bedenkt, dass im Gegensatz zu dem westlichen Teil des Landes, wo der Großteil des Stahls verhüttet wurde, die östlichen Regionen - die sowjetische Besatzungszone - in Ruinen lag.

Die gleichen Ziele – nämlich um das wirtschaftliche und militärisch wirtschaftliche Potenzial von den westlichen Besatzungszonen zu erweitern - könnten in den Versuchen der ehemaligen Verbündeten der UdSSR gesehen werden, um Industrieanlagen außer Acht zu lassen, die laut den Potsdam Vereinbarungen nicht notwendig waren, um Deutschlands Friedenszeit Bedürfnisse auf dem von den Alliierten verhandelten Niveau zu halten, und die daher entweder zerstört oder als Reparationsleistung beschlagnahmt hätten werden sollen. 1947 waren mehr als 450 militärische Anlagen der britischen und amerikanischen Zonen von der Liste verschwunden.

Mit Blick auf eine künftige Konfrontation mit der Sowjetunion sahen die westlichen Mächte den vor kurzem besiegten Feind, als eine politische und militärische unvorhergesehene Kraft, die bewahrt werden sollte. Die Westalliierten könnten es selbst so weit treiben, um das Personal und die militärische Ausrüstung von mehreren großen Wehrmacht Einheiten zu verwenden, um ihre Ziele zu verfolgen.

Die unbestreitbare historische Tatsache bleibt, dass es der Westen - nicht die Sowjetunion - war, der die Trennung von Deutschland anführte.

Anglo-amerikanische Verwaltung Büros wurden seit Sept. 1946 eingerichtet, die eigenständig handelten, um Wirtschaft, Ernährungs-Versorgung, Landwirtschaft, Transport, Finanzen und Kommunikation zu verwalten. Am Ende dieses Jahres zogen die Westalliierten zunächst die amerikanischen und britischen Besatzungszonen in eine Zweier-zone zusammen, und annektierten dann auch die französische Besatzungszone, um eine Dreier-zone zu bilden. Es wurde ein Wirtschaftsrat für diese vereinte Wirtschaft geschaffen, so wie die Bank Deutscher Länder, die im Juni 1948 begann, die neue Deutsche Mark auszugeben, die dann in den westlichen Besatzungszonen in Umlauf kam. Im April 1949 wurden die Gesetze abgeschafft, die Industriesektoren verboten hatten und der Abbau der Militärproduktion wurde eingestellt.

Die Berlin-Krise 1948, die die Konfrontation zwischen den ehemaligen Alliierten schnell erhöhte, entwickelte sich zu einem kalten Krieg, der der Todesstoß für jede Hoffnung war, um einen deutschen Einheitsstaat zu bewahren. Im Mai 1949 wurde die Gründung der Bundesrepublik Deutschland verkündet.

Offensichtlich haben die Westmächte eine große Erfahrung mit der Aufspaltung eines einheitlichen Staates und der Erstellung eines anderen, aus den resultierenden Fragmenten. Es ist interessant – vergisst Kiew wirklich blindlings die Möglichkeit, dass der Westen die Ukrainischen Ressourcen dort nutzen will, um neue Staats-Entitäten zu erstellen, - oder wenden sie nur ihren Blick von diesen Plänen ab?

Übersetzung
Horst Frohlich
Quelle
Strategic Culture Foundation (Russland)