Die Türkei war schlecht beraten, als sie das russische Flugzeug abschoss, das ihren Luftraum während 17 Sekunden verletzt hatte. Die Operation, die entworfen wurde, um Russland deutlich zu machen, dass es nicht in den dritten Syrien-Krieg eingreifen sollte -um einen kolonialen Staat im Norden des Landes zu erstellen und in den die Kurden der Türkei transferiert werden sollten- hat den gegenteiligen Effekt gehabt. Moskau verstärkt sein Luftabwehr-Gerät in Syrien und isoliert die Türkei. Ankara verliert den Genuss des geheimen mündlichen Abkommens mit Hafez Al-Assad. London, Paris und Tel Aviv wissen nicht mehr, wie sie ihren Plan weiter verfolgen können.
Am Ende des türkischen Bürgerkrieges drohte die Türkei, mit Hilfe der NATO in Syrien einzufallen, falls Syrien dem PKK-Führer, Abdullah Öcalan, dauerhaftes Asyl gewähren sollte. Präsident Hafez Al-Assad bat dann den PKK-Führer, ein anderes Asyl zu finden und musste sich einer mündlichen Vereinbarung mit der Türkei fügen. Es wurde vereinbart, dass die türkische Armee in das syrische Gebiet, in einen Landstreifen von 8 km Tiefe eindringen dürfte, um sicherzustellen, dass die PKK nicht von dem syrischen Gebiet aus Mörsergranaten abschießen kann.
Seit Beginn der aktuellen Aggression gegen Syrien hat die türkische Armee dieses Abkommen benutzt und missbraucht, nicht um PKK Angriffe zu verhindern, sondern um Dschihadisten-Trainingslager einzurichten.
Oktober 2015, als der russische Feldzug begann und Salih Muslim den Norden Syriens mit Gewalt zu kurdisieren begann, kündete der berühmte türkische Whistleblower Fuat Avni auf seinem Twitter-Konto an, dass die Türkei die Zerstörung eines russischen Flugzeugs vorbereite. Sie fand am 24. November statt.
Aus der Perspektive des dritten Krieges gegen Syrien [1] ging es darum, Russland einen Hinweis zu geben, dass es lediglich Damaskus und Latakia verteidigen, und den Rest des Landes in den Händen der Türkei und ihrer Verbündeten lassen soll.
Technisch gesehen wird die Luftverteidigung der Türkei, wie die von allen NATO-Mitgliedstaaten, durch das Kombinierte Operations-Flugbetriebs-Zentrum (CAOC) von Torrejón (Spanien) koordiniert. Der Stabschef der türkischen Luftwaffe, General Abidin Ünal, hätte also den Kommandanten des CAOC, General Rubén García Servert vorzeitig informieren müssen. Es ist nicht bekannt, ob das geschah [2]. Wie dem auch sei, Präsident Recep Tayyip Erdoğan bestätigte, dass er persönlich den Befehl zur Zerstörung gegeben habe.
Der russische Generalstab hatte zuvor die Flug-Pläne seiner Flugzeuge der NATO bereitgestellt, damit das Bündnis und die Türkei nicht ignorieren konnten, dass, im Gegensatz zu den türkischen Behauptungen, das Flugzeug ein Russisches war. Darüber hinaus hob ein AWACS der NATO von der griechischen Base Aktion (nahe von Preveza) ab, um das Gebiet zu überwachen [3].
Die russische Armee bombardierte die Brigade von Sultan Abdulhamid – nach dem Namen des letzten osmanischen Sultans, berühmter Mörder der Christen des Orients -. Seit Beginn des Krieges gegen Syrien hat der türkische Geheimdienst nicht aufgehört, die Milizen der Turkmenen vom Norden von Syrien mit Waffen zu beliefern und sie zu instrumentieren. Die türkische Presse sprach von einem Transfer von mindestens 2 000 LKW voller Waffen und Munition - was Präsident Erdoğan zugegeben hat [4] — wovon der wesentliche Anteil von den turkmenischen Milizen sofort an Al-Kaida verteilt wurde. Diese Milizen haben im Jahr 2011 die 80 000 Fabriken und Werkstätten von Aleppo, der syrischen Wirtschafts-Hauptstadt, demontiert und die Werkzeugmaschinen in die Türkei geschickt [5]. Diese Bombardierungen hatten daher nicht die Absicht, im Gegensatz zu den türkischen Behauptungen, Turkmenen zu bombardieren, sondern eine Terrorgruppe zu vernichten, die sich der organisierten Plünderung im Sinne der internationalen Übereinkommen schuldig gemacht hatte [6]. Die russische Bombardierung hatte die Flucht von 1500 Zivilisten und heftige Proteste der Türkei verursacht, [7] die einen Brief an den Sicherheitsrat schickte [8].
Der türkische Dschihadist - und nicht der syrische - und Mitglied der Grauen Wölfe, Alparslan Çelik, befehligt Turkmenische Milizen in Syrien. Hier beansprucht er die Hinrichtung des Piloten des Suchoi-24.
Der wichtigste Führer der turkmenischen Milizen Syriens, Alparslan Çelik, ist Mitglied der Grauen Wölfe, der türkischen faschistischen Partei, die historisch an die Geheimdienste der NATO gebunden ist [9]. Er behauptete, angeordnet zu haben, die russischen Piloten während ihres Niederganges per Fallschirm abzuschießen [10].
Das russische Flugzeug, das zerstört wurde, kam nur 17 Sekunden in den türkischen Luftraum und wurde abgeschossen, als es bereits im syrischen Luftraum war. Da die Türkei den 8 km tiefen Landstreifen als annektiert betrachtet, und ihr ein Recht gemäß dem Abkommen mit dem ehemaligen Präsidenten Hafez Al-Assad gegeben hatte dort einzugreifen, kann sie sich jedoch vorgestellt haben, dass diese Grenzverletzung länger gedauert habe. Wie dem auch sei, um den Suchoi-24 abzuschießen, ist das türkische Flugzeug in den syrischen Luftraum 40 Sekunden lang eingedrungen [11].
Russland hatte keine Schutzmaßnahmen für seine Bomber ergriffen, da es glaubte, dass die Türkei am Kampf gegen terroristische Organisationen offiziell beteiligt sei. Umso mehr, als man niemals ein Eindringen von wenigen Sekunden als "Bedrohung für die nationale Sicherheit" betrachtet, und weil die Türkei informiert war, und weil sie selbst täglich den Luftraum anderer Staaten, darunter Zypern, verletzt.
Sofort von der Türkei dazu aufgefordert, berief die NATO den Rat des Nordatlantik ein, der nicht imstande war eine Entschließung anzunehmen, sondern lediglich eine kurze Erklärung durch seinen Generalsekretär lesen ließ... mit einem Aufruf zur Deeskalation [12]. Verschiedenen Quellen sprachen dann von tiefen Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Rates [13].
Die saudische offizielle Presse hat eine Audio-Aufzeichnung eines Aufrufs von türkischen militärischen Fluglotsen veröffentlicht, die das russische Flugzeug vor einem Einflug in den türkischen Luftraum gewarnt hätten [14]. Viele Politiker von der AKP haben diese Aufzeichnung kommentiert und das von der russischen Armee eingegangene Risiko verurteilt. Allerdings hat letztere diese Aufnahme dementiert und bewiesen, dass es eine Fälschung war. Die türkische Regierung stritt dann jegliche Beteiligung an der Verbreitung dieser Aufnahme ab.
Präsident Putin beschrieb die Zerstörung des Suchoi-24 als "Dolchstoß in den Rücken". Er beschuldigte öffentlich die Rolle von Ankara in der Finanzierung von Daesh, insbesondere wegen der freien Durchfahrt des gestohlenen Öls durch die Türkei. Das russische Außenministerium bittet die 4,5 Millionen russischen Touristen die geplant hatten, die Türkei zu besuchen, ihre Reise abzusagen und hat die Einreise-Visa für türkische Staatsangehörige restauriert. Per Dekret hat der Kreml jeglichen neuen Vertrag zwischen russischen Stellen oder Personen und türkischen Personen oder Einrichtungen, einschließlich der Beschäftigung von Personal, die Ein- und Ausfuhr von Waren oder sogar Tourismus verboten [15].
Um seine Flugzeuge zu schützen, hat Russland vor Ort etwa 30 zusätzliche Jäger bereitgestellt, um die Bomber zu eskortieren. Vor allem hat es Boden-Luft S-400 Raketen auf seinem Militärflughafen Hmaymim (nahe von Latakia) installiert. Mit einer Reichweite von 600 Kilometern können diese Systeme bis zu 160 Ziele zugleich verfolgen und zerstören. Die US-Koalition, darunter Frankreich und die Türkei haben sofort alle ihre Flüge über Syrien eingestellt.
Durch diese Elemente können wir schließen, dass die NATO von der Vorbereitung des türkischen Angriffs informiert war und dass sie ihn zuließ. Alles deutet darauf hin, dass Washington, das das Projekt eines Kurdistans in der Türkei unterstützen könnte, aber gegen die Erfindung eines Pseudo-Kurdistan in Syrien ist, sich mit Russland anschickt, den franco-britisch-israelischen Plan zu kontern, wie einst die beiden Großmächte sich gegen die Kolonialisierung des Suez-Kanals (1956) gestellt hatten.
Wichtige Punkte:
– Die Vernichtung des Suchoi-24 durch die Türkei ist kein Unfall, sondern eine seit langer Zeit geplante Operation, um Russland aus der Gegend, die von Frankreich, Israel und Großbritannien besetzt werden soll, zu vertreiben. Die NATO, die beide Operationen, die russische gegen turkmenische Milizen und den türkischen Angriff ausführlich verfolgt hatte, hat beschlossen nicht einzugreifen.
– Weit davon entfernt, dem Druck zu weichen, hat Russland in diesem Zusammenstoß einen Grund und eine Gelegenheit gefunden, seine Militärpräsenz in Syrien auszubauen. Es hat insbesondere S-400 Anti-Luft-Raketen entfalten.
– Die Praktiken der Türkei, die die internationale Presse vier Jahre lang ignoriert hat, werden jetzt öffentlich erwähnt (Plünderung der syrischen Fabriken, Installation von Trainingslagern für Dschihadisten im Norden von Syrien, Leitung der Dschihadisten, Unterstützung für Al-Qaida, Öl Schmuggel um Daesh zu finanzieren).
– Die franco-britisch-israelische Operation ist unterbrochen. Die Flugzeuge der Koalition wagen sich nicht mehr nach Syrien.
[1] „Frankreich und Israel starten einen neuen Krieg in Irak und Syrien“, von Thierry Meyssan, Übersetzung Horst Frohlich, Voltaire Netzwerk, 23. November 2015.
[2] «¿Quién tomó la decisión de derribar al SU-24, Ünal o García?», Ignacio Cembrero, El Espagnol, 25 de Noviembre de 2015.
[3] «Исключение из НАТО уничтожит Турцию», Маргарита Арсо, Polit Puzzle, 27 ноября 2015.
[4] «Erdoğan tacitly acknowledges claim MİT transported arms to Syria», Today’s Zaman, November 25, 2015.
[5] « Mon usine était le quartier général de l’État islamique à Alep », entretien de Farès el-Chehabi avec Caroline Hayek, L’Orient-Le Jour, 28 novembre 2015.
[6] “Syrian Turkmens ask for Turkey’s help under heavy bombardment by Assad, Russia”, Today’s Zaman, November 22, 2015.
[7] «Governor: 1,500 Syrian Turkmens have fled to Turkish border», Today’s Zaman, November 22, 2015.
[8] «Lettre datée du 21 novembre 2015, adressée au Président du Conseil de sécurité par le Représentant permanent de la Turquie auprès de l’Organisation des Nations Unies», référence Onu : S/2015/904.
[9] Les Armées Secrètes de l’OTAN, Daniele Ganser, éditions Demi-Lune.
[10] „Piloten“, von Miroslav Lazanski, Übersetzung Horst Frohlich, Politika (Serbien), Voltaire Netzwerk, 30. November 2015.
[11] „Radar-Aufnahmen des türkischen Angriffs auf russisches Flugzeug“, von Valentin Vasilescu, Übersetzung Horst Frohlich, Voltaire Netzwerk, 30. November 2015.
[12] « Déclaration du Secrétaire général de l’Otan sur la destruction d’un bombardier russe par la Turquie », par Jens Stoltenberg, Réseau Voltaire, 24 novembre 2015.
[13] «Avion russe abattu: profondes divergences au sein de l’Otan», Sputnik, 25 novembre 2015.
[14] «‘I knew it was going to happen’: MEA pilot recalls downing of Russian jet», Faisal J. Abbas & Ismaeel Naar, Al-Arabiya News, November 25, 2015.
[15] « Указ о российских экономических санкций против Турции », Владимир В. Путин, Сеть Вольтер, 28 ноября 2015.
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