Heute sind die führenden Politiker der Europäischen Union in Brüssel mit ihren türkischen Amtskollegen zusammengekommen. Die Türkei ist seit 1999 ein Bewerberland, und seit 2005 wird über den Beitritt verhandelt.

Die Türkei und die EU haben erörtert, wie wichtig es ist, die vor ihnen liegenden gemein­samen Herausforderungen zu bewältigen. Entsprechend den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 15. Oktober 2015 sind sie übereinstimmend der Auffassung, dass der Beitrittsprozess mit neuer Energie weitergeführt werden muss. Sie sagen zu, die zwischen ihnen bestehenden Verbindungen und die gegenseitige Solidarität voranzubringen und zur Vorbereitung ihrer gemeinsamen Zukunft ergebnisorientierte Maßnahmen anzunehmen. Sie sind entschlossen, die bestehenden Risiken und Bedrohungen konzertiert anzugehen und zu überwinden, um das Europäische Projekt zu stärken. Unter Verweis auf die Abschluss­erklärung des letzten G20-Gipfeltreffens in Antalya sowie die Resolution 2249 des VN-Sicherheitsrates bekräftigen die Türkei und die EU, dass die Bekämpfung des Terrorismus nach wie vor eine Priorität darstellt.

Zu diesem Zweck ist vereinbart worden, dass ein strukturierter und häufiger geführter Dialog auf hoher Ebene eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, das enorme Potenzial der Beziehungen zwischen der Türkei und der EU, das noch nicht vollständig entfaltet wurde, zu erschließen. In diesem Rahmen haben sich beide Seiten darauf geeinigt, dass regelmäßig - zweimal im Jahr - Gipfeltreffen in geeigneter Zusammensetzung stattfinden sollen. Regel­mäßige Gipfeltreffen werden eine Plattform für die Bewertung der Entwicklung der Beziehungen zwischen der Türkei und der EU und für die Erörterung internationaler Fragen bieten. Die regelmäßigen Gespräche und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Außen- und Sicherheitspolitik sollten intensiviert werden, so auch bei der Terrorismusbekämpfung in Anbetracht der schwerwiegenden sicherheitspolitischen Herausforderungen und insbesondere der zunehmenden Bedrohung durch den Terrorismus in all seinen Ausprägungen und Erscheinungsformen. In diesem Zusammenhang haben sich beide Seiten darauf verständigt, umfassende regelmäßige Tagungen im Rahmen des politischen Dialogs auf der Ebene der Minister/des Hohen Vertreters/der Kommissionsmitglieder abzuhalten. Diese Tagungen werden zusätzlich zu den regelmäßigen Tagungen des Assoziationsrates stattfinden. Auch über zentrale Themen sollte jeweils ein Dialog auf hoher Ebene geführt werden.

Beide Seiten begrüßen die Ankündigung, dass die Regierungskonferenz zur Eröffnung des Kapitels 17 der Beitrittsverhandlungen am 14. Dezember 2015 stattfinden soll. Ferner nehmen sie Kenntnis von der Zusage der Europäischen Kommission, im ersten Quartal 2016 die Vorbereitungsarbeiten für die Eröffnung einer Reihe von Kapiteln - unbeschadet der Position der Mitgliedstaaten - abzuschließen. Anschließend könnten auch für weitere Kapitel die Vorbereitungsarbeiten beginnen.

Die EU begrüßt die Zusage der Türkei, die Erfüllung der Zielvorgaben des Fahrplans für die Visaliberalisierung gegenüber allen teilnehmenden Mitgliedstaaten zu beschleunigen. Die Europäische Kommission wird bis Anfang März 2016 den zweiten Bericht über die Fort­schritte der Türkei bei der Umsetzung dieses Fahrplans vorstellen. Beide Seiten sind sich darin einig, dass das Rückübernahmeabkommen EU-Türkei ab Juni 2016 in vollem Umfang anwendbar sein wird, so dass die Kommission im Herbst 2016 ihren dritten Fortschrittsbericht im Hinblick auf den Abschluss des Visaliberalisierungsprozesses - d.h. die Abschaffung der Visumpflicht für türkische Staatsangehörige im Schengen-Raum spätestens im Oktober 2016, sobald die Anforderungen des Fahrplans erfüllt sind - vorstellen kann.

Die EU wird unverzüglich und dauerhaft in der Türkei humanitäre Unterstützung leisten. Sie wird zudem ihre finanzielle Unterstützung insgesamt erheblich aufstocken. Die Kommission hat eine Flüchtlingsfazilität für die Türkei eingerichtet, um die finanzierten Maßnahmen zu koordinieren und zu bündeln, damit den unter vorübergehendem Schutz stehenden Syrern sowie den Aufnahmegemeinschaften in der Türkei effizient und komplementär geholfen wird. Die EU sagt zu, einen ersten Betrag von 3 Mrd. EUR an zusätzlichen Mitteln bereitzustellen. Die Notwendigkeit und Art dieser Finanzhilfe wird vor dem Hintergrund der weiteren Entwicklung der Lage überprüft werden. Da die Türkei mehr als 2,2 Mio. Syrer aufgenommen und hierfür bereits 8 Mrd. USD aus eigenen Mitteln eingesetzt hat, hebt die EU die Bedeutung einer Lastenteilung im Rahmen der Zusammenarbeit EU-Türkei hervor. In diesem Zusammenhang wurde der über die Neuansiedlungsregelungen und ‑programme der Mitgliedstaaten und über die entsprechenden bestehenden Regelungen und Programme der EU geleistete Beitrag hervorgehoben.

Die Türkei und die EU haben beschlossen, den am 15. Oktober 2015 ad referenda vereinbarten gemeinsamen Aktionsplan in Kraft zu setzen und ihre Zusammenarbeit bei der Hilfe für unter vorübergehendem Schutz stehende Syrer und bei der Migrationssteuerung zu intensivieren, um die durch die Lage in Syrien entstandene Krise anzugehen. Insbesondere bei der Eindämmung des Zustroms irregulärer Migranten müssen Ergebnisse erzielt werden. Die EU und die Türkei sind übereingekommen, den gemeinsamen Aktionsplan umzusetzen; dieser wird die Migrationsströme ordnen und dazu beitragen, die irreguläre Migration einzudämmen. In der Folge werden beide Seiten, wie vereinbart und mit unmittelbarer Wirkung, ihre aktive Zusammenarbeit in Bezug auf Migranten, die keinen internationalen Schutz benötigen, ausbauen, die Einreise in die Türkei und die EU verhindern, die Anwendung der geltenden bilateralen Vorschriften über die Rückübernahme gewährleisten und dafür sorgen, dass Migranten, die keinen internationalen Schutz benötigen, zügig in ihre Herkunftsländer zurückkehren. Desgleichen wird die Absicht der Türkei begrüßt, umgehend Maßnahmen zur weiteren Verbesserung der sozioökonomischen Lage der unter vorübergehendem Schutz stehenden Syrer anzunehmen. Beide Seiten unterstreichen ihre gemeinsame Verpflichtung, durch entschlossene und rasche Maßnahmen die Bekämpfung krimineller Schleusernetzwerke zu intensivieren.

Entsprechend den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates zur Erweiterung vom Dezember 2014 haben die Türkei und die EU die Arbeiten zur Aufnahme eines Wirtschafts­dialogs auf hoher Ebene vorangebracht, der zu einer weiteren Vertiefung der Wirtschafts­beziehungen beitragen und zur Einrichtung einer Business-Plattform, die Wirtschaftskreise zusammenbringen soll, führen wird. Es wurde vereinbart, diesen Dialog im ersten Quartal 2016 aufzunehmen.

Die Türkei und die EU begrüßen die Einleitung eines Energiedialogs auf hoher Ebene und der strategischen Zusammenarbeit im Energiebereich, die am 16. März 2015 in Ankara initiiert worden war. Ein regelmäßiger Informationsaustausch über die Energiezusammenarbeit auf globaler und regionaler Ebene ist für beide Seiten von Vorteil. Sie haben vereinbart, im ersten Quartal 2016 eine zweite Tagung dieser Art zu veranstalten.

Sie nehmen Kenntnis von den ersten vorbereitenden Schritten zum Ausbau der Zollunion. Nach Abschluss dieser Vorbereitungsarbeiten auf beiden Seiten könnten gegen Ende 2016 förmliche Verhandlungen aufgenommen werden.

All diese Elemente müssen parallel vorangebracht und aufmerksam verfolgt werden. Die Türkei und die EU sind entschlossen, im gesamten breiten Spektrum ihrer gegenwärtigen Agenda gemeinsam voranzuschreiten, um sicherzustellen, dass diese neuen Impulse zu konkreten Ergebnissen führen.