Als die Briten beschlossen, den indischen Subkontinent in die Unabhängigkeit zu entlassen, wählten sie Mohandas K. Gandhi als ihren Gesprächspartner. Das erlaubte ihnen erstens, das religiöse Tabu gegen die Anwendung von Gewalt zu benutzen, um Zeit zu gewinnen, und zweitens die hinduistische und die moslemische Bevölkerung gegeneinander zu stellen. Seitdem ist das Land in zwei Staaten geteilt, Indien und Pakistan, die einander fürchten. Der neue indische Ministerpräsident Narendra Modi beantwortete den Besuch seines pakistanischen Kollegen Nawaz Sharif zu seiner Amteinführung im Mai 2014 und besuchte Lahore am 25. Dezember 2015 zu Sharifs Geburtstag. Man zog die Normalisierung der Beziehung zwischen den beiden Staaten in Erwägung. Aber ohne Zögern organisierten jene, die eine Rückkehr zur Einheit fürchten, den Angriff auf den Pathankot Luftwaffenstützpunkt.

1. Januar 2016, Gurdaspur SP Salwinder Singh wurde auf dem Weg nach Hause gegen 16 Uhr mit Waffengewalt an der Bundesstraße Jammu – Pathankot von schwer bewaffneten Personen in Armeeuniform verschleppt und sein Auto beschlagnahmt. Ein Großalarm wurde ausgelöst und eine umfassende Suchoperation eingeleitet, um die Schuldigen festzunehmen [1].

Mit demselben beschlagnahmten Wagen drangen die Terroristen in Armeeuniform später in den Luftwaffenstützpunkt 50 Kilometer von der Grenze mit Pakistan entfernt und 200 Kilometer von Chandigarh, der Hauptstadt der Bundesstaaten Punjab und Haryana, ein. Pathankot ist von Bedeutung, weil er die vorderste Front der Luftverteidigung gegen jeden Angriff aus Pakistan ist. Dies ist eine MiG 21 Luftwaffenbasis, in der auch eine Abteilung des Heeres stationiert ist.

Die Medien haben bereits Fragen aufgeworfen, die den Angriff mit den indisch-pakistanischen Beziehungen in Verbindung bringen, die seit kurzem auf dem Weg der Verbesserung gesehen werden. The Hindu berichtete:

„Der Angriff ist die erste wirkliche Prüfung für Ministerpräsident Modis Bemühungen, sich Pakistan zuzuwenden, und die globale Gemeinde wird genau verfolgen, wie die männliche NDA-Regierung in New Delhi auf diesen Angriff reagieren wird. Es wird nicht schwer sein, Beweise dafür zu finden, dass die Terroristen aus Pakistan kamen. Aber wird das ausreichen, um den Regierungskreisen in Pakistan die Schuld zu geben und die Friedensbemühungen abzubrechen?

Das Modell sich aus Pakistan einschleichender Terroristen, die Angriffe auf hochkarätige Ziele innerhalb weniger Stunden nach der Infiltration ausführen, ist das neue Muster der letzten Jahren. Im Juli dieses Jahres erfolgte ein ähnlicher Angriff von Terroristen, die über die Grenze hereinkamen, in Gurudaspur“ [2].

Im Gegensatz zu dem, was Josy Joseph von The Hindu sagt, der die Behauptungen der Punjab Polizei, die Terroristen seien von der pakistanischen Seite der Grenze gekommen, wiederholt, hatte jedoch der Grenzschutz (Border Security Forces, BSF) derartige Behauptungen zurückgewiesen.

Die BSF hatte angegeben, dass sie das gesamte Gebiet der Punjab-Grenze physisch kontrolliert habe, aber nicht ein einziger Anhaltspunkt darauf hinweisen würde, dass die Terroristen die Punjab-Grenze benutzt hätten, um indisches Staatsgebiet von der pakistanischen Seite aus zu betreten. Die Angaben der BSF stehen denen der Punjab-Polizei entgegen [3].

Der BSF Generalinspektor der Polizei (Punjab-Grenze) Anil Paliwal sagte: „Die BSF hat das gesamte Punjab Grenzgebiet physisch kontrolliert, aber nicht ein einziger Anhaltspunkt weist darauf hin, dass die Terroristen die Punjab-Grenze benutzt haben, um indisches Staatsgebiet von der pakistanischen Seite aus zu betreten.“ [4] Die Punjab-Polizei hatte nach ihrer Erstuntersuchung behauptet, das Flussgebiet entlang der indisch-pakistanischen Grenze von Punjab sei von den Terroristen benutzt worden, um nach Indien einzudringen. Neuen Berichten zufolge soll der Fall trotz der Bedenken der Polizei des Bundesstaates an die National Investigation Agency (indische Spionageabwehr-Agentur) übergeben werden.

Als der Bericht über die richterliche Untersuchung, die vom Gurdaspur Unterbezirksrichter (SDM) Manmohan Singh Kang zu dem Vorfall des terroristischen Anschlags auf die Dinanagar Polizeistation am 27. Juli durchgeführt worden war, an den Gurdaspur Bezirksrichter Abhinav Trikha übergeben wurde, hatte ihn sogar Amtsrichter Trikha selbst zurückgewiesen mit der Begründung, der Bericht komme zu keiner Schlussfolgerung und sei nur eine Sammlung von Aussagen. Er gab ihn an den SDM zurück, um den Vorfall erneut zu untersuchen und alle Tatsachen darüber aufzudecken. Im November wurde der Bericht erneut eingereicht [5].

Dann gab es die Kontroverse über das „Made in Pakistan“-Etikett und das aufgefundene GPS. Nach der Entdeckung von zwei GPS(Globales Positionsbestimmungssystem)-Geräten der Terroristen hatte der Schwerpunkt der Untersuchung sich auf die Fragen verschoben, woher die Terroristen gekommen waren und wie sie ins Land eingereist waren. Eine nachträgliche Untersuchung wurde eingeleitet, um den Weg zu ermitteln, den sie möglicherweise von Pakistan aus genommen hatten [6].

Drei Tage später behauptete die Polizei, dass Ärzte einen Handschuh an einer Hand der Terroristen gefunden hätten. Der Handschuh trüge die Aufschrift „Made in Pakistan“. Diese Behauptung sorgte für viel Aufregung. Man fragte sich, warum die Polizei den Handschuh nicht am ersten Tag gefunden hatte, als sie die Leichenuntersuchungen durchführte.

Die Aufschrift „Made in Pakistan“ und die GPS-Koordinaten waren für die indische Regierung Beweis genug, um die Angelegenheit in Pakistan zur Sprache zu bringen: warum und wie die drei Terroristen von ihrem Land nach Indien gekommen seien. Es ist den Sicherheitsdiensten jedoch nicht gelungen, auf der Basis der Koordinaten, die in die zwei bei den Terroristen beschlagnahmten GPS-Geräte eingegeben waren, einen Schlussbericht über die Route zusammenzustellen.

Wie bei dem Gurdaspur-Anschlag [7] und selbst den 26/11-Anschlägen in Mumbai im Jahr 2008 [8] gibt es noch unbeantwortete Fragen bezüglich des GPS (von den Terroristen im Boot vergessen) und der Route der Terroristen. Die Ermittlungen haben mehrere Fragen aufgeworfen über die letzte Fahrt von Kuber, dem indischen Fischdampfer, mit dem die in Pakistan ansässigen Terroristen Mumbai erreichten.

Der Richter der ersten Instanz im Fall 26/11 meinte, dass die Anklage nicht in der Lage wäre zu beweisen, dass an dem indischen Trawler MV Kuber keine Manipulationen vorgenommen wurden, und hatte Fragen über das GPS und die von Kuber beschlagnahmten Satellitentelefone gestellt. „Sie stehen in direktem Zusammenhang mit der Hauptverschwörung (mit Führungspersonal in Pakistan), hatte er gesagt.“

Dann ist da der merkwürdige Fall der einzigen Zeugin, Anita Uddaiya, die sah, wie die Terroristen im Badhwar-Park aus dem Schlauchboot ausstiegen und tatsächlich mit ihnen sprach. Obwohl sie ihre Verlässlichkeit als Zeugin nachwies, als sie alle sechs im Leichenhaus identifizierte, wurde sie nicht nur als Zeugin fallen gelassen, sondern beschuldigt, „die Ermittler zu täuschen“ – als Strafe dafür dass sie sich weigerte, unter Druck ihre Aussage zu verändern, nachdem sie unter dubiosen Umständen in die USA „entführt“ wurde, ohne dass irgendein indischer Beamter davon wusste.

Jetzt ist sie eine Fischersfrau, die kein Englisch sprechen konnte und nicht einmal einen Pass hatte. Sie wurde unter dubiosen Umständen in die USA „entführt“ und blieb vier Tage lang verschwunden. Und als sie wieder da ist, wird ihre Zeugenaussage zurückgewiesen mit der Begründung, sie sei psychisch instabil.

Wie kam sie in die USA? Und wer brachte sie dorthin? War das offiziell gebilligt? Wer billigte es? Und wenn nicht, warum wurde dieser Aspekt nicht näher untersucht? Noch wichtiger, was geschah mit ihr in den USA?

Wie kommt es, dass jedes Mal, wenn die Beziehungen zwischen Indien und Pakistan anfangen sich zu verbessern und Initiativen ergriffen werden, um die Spannungen zwischen den beiden Ländern zu normalisieren, eins der beiden Länder einen Terroranschlag erlebt, der zur Verschlechterung der ohnehin heiklen Beziehung führt.

Welche Kräfte arbeiten hier im Hintergrund? Wer möchte verhindern, dass die Beziehungen zwischen Indien und Pakistan sich verbessern? Warum können wir diese Kräfte seit Jahrzehnten nicht identifizieren? Weist das nicht darauf hin, dass unsere Sicherheits- und Geheimdienste nicht dafür ausgerüstet sind, Herausforderungen dieser neuen Art von Terror zu begegnen, und dass sie eine neue und besser angepasste Orientierung an die globalisierte Welt von Liberalisierung und Privatisierung brauchen? [9]

Mit Sicherheit würden gute strategische Partnerschaften zwischen den beiden Nachbarländern zu einem starken und stabilen Subkontinent führen. Noch wichtiger ist: Wer hat Vorteile durch einen schwächeren und ständig mit internen Kämpfen beschäftigten asiatischen Subkontinent?

Übersetzung
Sabine
Quelle
Great Game India (Indien)

[1Punjab on alert after Gurdaspur cop’s ’abduction’”, Rohan Dua, Times of India, January 1st, 2016.

[2Terrorists storm air force base, first challenge to Modi’s Pak outreach”, Josy Joseph, The Hindu, January 2, 2016.

[4’Gurdaspur Ultras Not from Pakistan’”, Harpreet Bajwa, The New Indian Express, December 1st, 2015.

[5Magisterial inquiry report submitted to Gurdaspur DM”, Kamaljit Singh Kamal, Hindustan Times, November 14, 2015.

[6Post-op probe continues to be tardy”, Jupinderjit Singh, Ravi Dhaliwal, Ruchika M Khanna, Deepkamal Kaur, Shaurya Karanbir Gurung and PK Jaiswar, The Tribune, August 6, 2015.

[7Gurdaspur & 26/11 Attacks: Recurring Patterns”, Great Game India, December 2015.

[926/11 – Globalized Terror In A Liberalized World”, Great Game India, July 2015.