Vielen herzlichen Dank. Danke. Guten Tag! Es ist schön, Sie alle hier zu sehen, und ich möchte zuerst einmal Bundeskanzlerin Merkel dafür danken, dass sie hier ist. Im Namen der amerikanischen Bevölkerung danke ich Angela dafür, dass sie unser Bündnis unterstützt. In unser aller Namen möchte ich Ihnen für Ihr Engagement für Freiheit, Gleichheit und Menschenrechte danken, das Ausdruck Ihres inspirierenden Lebens ist. Ich bin davon überzeugt, dass Sie uns gezeigt haben, wie man mit ruhiger Hand regiert – wie nennen Sie das? Die Merkel-Raute. In den vergangenen sieben Jahren konnte ich mich auf Ihre Freundschaft, Ihren Rat und Ihr sicheres moralisches Empfinden verlassen. Daher schätzen wir Ihre Bundeskanzlerin, Angela Merkel, sehr.

Mitglieder des Bundestages, Ministerpräsident Weil, Bürgermeister Schostok, verehrte Gäste, Bürgerinnen und Bürger Deutschlands, ich freue mich ganz besonders, hier die jungen Menschen aus Deutschland und ganz Europa zu sehen. Es sind auch einige stolze Amerikaner hier.

Ich muss gestehen, dass die Deutschen inzwischen einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen haben. Als ich noch Präsidentschaftskandidat war, haben Sie mich bei einer kleinen Kundgebung in Berlin willkommen geheißen, bei der ich darüber sprach, welcher Wandel möglich ist, wenn die Welt geeint zusammensteht. Als Präsident haben Sie mich, Michelle und unsere Töchter sehr herzlich empfangen. Sie haben mir in Krün hervorragendes Bier und Weißwurst angeboten. Jetzt heißen Sie unsere Delegation hier in Hannover willkommen.

Ich bedaure nur, dass ich noch nie zum Oktoberfest in Deutschland war. Ich muss also noch einmal herkommen. Und ich vermute, dass das noch mehr Spaß macht, wenn man nicht Präsident ist. Ich werde den Zeitpunkt mit Bedacht aussuchen.

Wie immer überbringe ich auch heute die Freundschaft der Amerikanerinnen und Amerikaner. Wir zählen die Deutschen und all unsere europäischen Verbündeten zu unseren engsten Freunden weltweit, denn wir teilen so viele Erfahrungen und haben so viele gemeinsame Werte. Wir sind der Auffassung, Nationen und Völker sollten in Sicherheit und Frieden leben. Wir glauben daran, dass es möglich ist, Chancen nicht nur für einige wenige, sondern für alle Menschen zu schaffen. Ich bin stolz darauf, als erster US-Präsident der nach Europa kommt, sagen zu können, dass Gesundheitsfürsorge in den Vereinigten Staaten nicht länger ein Privileg, sondern das Recht aller ist. Auch das haben wir gemeinsam.

Und was vielleicht am wichtigsten ist: Wir glauben an die Gleichheit und inhärente Würde eines jeden Menschen. Heute haben die Amerikanerinnen und Amerikaner die Freiheit, die Person zu heiraten, die sie lieben. Wir glauben an Gerechtigkeit, daran, dass kein Kind auf der Welt jemals wegen eines Mückenstichs sterben sollte, dass niemand Hunger leiden sollte und dass wir gemeinsam unseren Planeten und seine schwächsten Bewohner vor den schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels bewahren können. Das sind unsere Gemeinsamkeiten. Sie entstammen gemeinsamen Erfahrungen.

Und darüber möchte ich heute mit Ihnen sprechen: über die Zukunft, die wir gemeinsam aufbauen – nicht jeder für sich, sondern alle zusammen. Sie beginnt genau hier, in Europa.

Ich möchte mit einer Beobachtung beginnen, die angesichts der weltweiten Herausforderungen, mit denen wir konfrontiert sind, und angesichts der Schlagzeilen, die wir täglich lesen, unwahrscheinlich erscheinen mag, aber dennoch wahr ist. Wir haben das Glück, in der friedlichsten, wohlhabendsten und fortschrittlichsten Ära der Menschheitsgeschichte zu leben. Das wundert möglicherweise die jungen Menschen, die im Fernsehen oder auf ihren Mobiltelefonen tagtäglich nur schlechte Nachrichten sehen. Aber bedenken Sie bitte, dass der letzte Krieg zwischen Großmächten schon Jahrzehnte zurückliegt. Es leben mehr Menschen in Demokratien. Wir genießen größeren Wohlstand, sind gesünder und besser ausgebildet, und die Weltwirtschaft hat mehr als eine Milliarde Menschen aus extremer Armut befreit und von Nord- und Südamerika über Afrika bis nach Asien neue Mittelschichten geschaffen. Denken Sie nur einmal an die Gesundheit eines durchschnittlichen Bürgers auf dieser Welt – viele Millionen Menschen können vor Krankheiten gerettet werden, die Kindersterblichkeit sinkt und die Menschen leben heute länger.

Überall auf der Welt sind die Menschen heute toleranter und es gibt mehr Chancen für Frauen, Schwule und Lesben, während wir Engstirnigkeit und Vorurteile zurückdrängen. Und es gibt auf der Welt eine neue Generation junger Menschen wie Ihnen, die durch Technologie miteinander vernetzt sind, von ihrem Idealismus und ihrer Vorstellungskraft angetrieben werden und zusammenarbeiten, um neue Unternehmungen zu wagen, Regierungen stärker zur Rechenschaft zu ziehen und die Menschenwürde zu fördern.

Wenn Sie sich einen Zeitpunkt in der Menschheitsgeschichte aussuchen müssten, an dem Sie geboren werden wollen, ohne zu wissen, welcher Nationalität oder welchen Geschlechts Sie wären oder welchen wirtschaftlichen Status Sie hätten, würden Sie sich für die heutige Zeit entscheiden. Das soll natürlich nicht heißen, dass es nicht noch erhebliches Leid und viel Tragik gibt und nicht noch viel Arbeit vor uns liegt. Ich will Sie nur daran erinnern, dass wir in den vergangenen 50 bis 100 Jahren unserer Geschichte eine bemerkenswerte Wegstrecke zurückgelegt haben. Das sollten wir nicht als selbstverständlich betrachten, und wir sollten Vertrauen in unsere Fähigkeit haben, unser Schicksal selbst zu gestalten.

Das bedeutet nicht, dass wir uns damit zufriedengeben dürfen, denn heute drohen gefährliche Kräfte, die Welt zurückzuwerfen. Unser Fortschritt ist keine Zwangsläufigkeit. Diese Herausforderungen bedrohen Europa und unsere transatlantische Gemeinschaft. Wir sind nicht immun gegenüber den Kräften der Veränderung überall auf der Welt. Barbarische Terroristen haben in Paris, Brüssel, Istanbul, San Bernardino (Kalifornien) und andernorts unschuldige Menschen ermordet. Diese Tragödien finden an Orten statt, die eine wichtige Rolle in unserem täglichen Leben spielen – an Flughäfen, in Cafés, am Arbeitsplatz oder im Theater –, und das beunruhigt uns. Es verunsichert uns in unserem täglichen Leben – wir haben nicht nur Angst um uns selbst, sondern auch um jene, die wir lieben. Konflikte vom Südsudan über Syrien bis nach Afghanistan haben Millionen von Menschen in die Flucht getrieben. Sie suchen in Europa nach relativer Sicherheit, was wiederum zu neuen Belastungen für Staaten und Kommunen führt und droht, unsere Politik zu verzerren.

Durch die russische Aggression wurden die Souveränität und das Staatsgebiet eines unabhängigen europäischen Landes, der Ukraine, verletzt, was unsere Bündnispartner in Osteuropa aufbringt und unsere Vorstellung von einem geeinten, freien und friedlichen Europa bedroht. Das scheint auch die Fortschritte zu gefährden, die seit dem Ende des Kalten Krieges gemacht wurden.

Das langsame Wirtschaftswachstum in Europa, insbesondere im Süden, hat dazu geführt, dass Millionen Menschen arbeitslos sind, darunter auch eine Generation junger Menschen, die mit immer weniger Hoffnung in die Zukunft blickt. All diese anhaltenden Herausforderungen haben dazu geführt, dass einige die Fortsetzung der europäischen Integration infrage stellen und sich fragen, ob es nicht besser wäre, sich abzuspalten und einige der Mauern wieder aufzubauen und Gesetze wieder einzuführen, die im 20. Jahrhundert zwischen den Ländern existierten.

In all unseren Ländern, auch in den Vereinigten Staaten, kämpfen noch immer viele Arbeiternehmer und Familien mit den Auswirkungen der schlimmsten Wirtschaftskrise seit Generationen. Dieses Trauma von Millionen Menschen, die ihre Arbeit, ihr Zuhause und ihre Ersparnisse verloren haben, ist noch immer zu spüren. Gegenwärtig gibt es tief greifende Veränderungen, die bereits seit Jahrzehnten im Gange sind – Globalisierung und Automatisierung. In einigen Fällen haben sie zur Absenkung von Löhnen und Gehältern geführt und die Position von Arbeitnehmern bei Verhandlungen über bessere Arbeitsbedingungen geschwächt. Die Löhne stagnieren in vielen Industrieländern, während andere Kosten steigen. Die Ungleichheit hat zugenommen. Für viele Menschen ist es schwieriger als jemals zuvor, ihren Lebensstandard zu halten.

Dies geschieht in Europa. Einige dieser Tendenzen sehen wir aber auch in den Vereinigten Staaten und anderen Industrieländern. Die damit verbundenen Sorgen und Ängste sind real. Sie sind berechtigt. Sie dürfen nicht ignoriert werden. Die Menschen verdienen es, dass jene, die an Macht sind, Lösungen anbieten.

Wenn wir diese Probleme nicht lösen, ist es leider so, dass in dem entstehenden Vakuum jene agieren, die Ängste und Frustration ausnutzen und in destruktiver Weise kanalisieren wollen. So entsteht schleichend die Art von Politik, die die Gründung des Projekts Europa verhindern sollte: Feindbilder, die bewirken, dass wir die Ursachen für unsere Probleme bei anderen suchen, bei Menschen, die nicht wie wir aussehen oder beten – seien es Migranten, Muslime oder einfach Menschen, die wir für anders halten.

In der Politik erleben wir immer mehr Intoleranz. Und die lauten Stimmen ziehen die meiste Aufmerksamkeit auf sich. Das bringt mich auf ein Gedicht des irischen Dichters William Butler Yeats, demzufolge die Besten des Zweifels voll und die Schlimmsten von der Kraft der Leidenschaft erfüllt sind.

Wir befinden uns also an einem Scheideweg. Und was auf diesem Kontinent geschieht, hat Auswirkungen auf Menschen auf der ganzen Welt. Wenn ein geeintes, friedliches, liberales, pluralistisches Europa der freien Märkte an sich selbst zu zweifeln beginnt und den Fortschritt der vergangene Jahrzehnte infrage stellt, dann können wir auch nicht erwarten, dass die Fortschritte, die gerade an vielen Orten weltweit gemacht werden, sich fortsetzen. Stattdessen stärken wir jene, die behaupten, dass Demokratie nicht funktionieren kann und dass die Herausforderungen der heutigen Zeit Intoleranz, Tribalismus, eine Organisation nach ethnischen Zugehörigkeiten, Autoritarismus und Einschränkungen der Pressefreiheit erfordern.

Ich bin heute hierher gekommen, in die Mitte Europas, um deutlich zu machen, dass die Vereinigten Staaten und die übrige Welt ein starkes, wohlhabendes, demokratisches und geeintes Europa brauchen.

Vielleicht muss Sie erst ein Außenstehender, jemand, der kein Europäer ist, daran erinnern, wie großartig Ihre Errungenschaften sind. Der Fortschritt, den ich beschrieben habe, wurde größtenteils durch Ideale möglich, die hier auf diesem Kontinent durch eine weitreichende Aufklärung und die Gründung neuer Republiken entstanden sind. Natürlich hat der Fortschritt sich nicht linear entwickelt. Im vergangenen Jahrhundert wurde dieser Kontinent – zweimal in nur 30 Jahren – von den Kräften von Weltreichen, Intoleranz und extremem Nationalismus vereinnahmt. Städte wie diese wurden in weiten Teilen zerstört. Viele Millionen Frauen, Männer und Kinder wurden getötet.

Aus den Ruinen des Zweiten Weltkriegs haben unsere Länder sich dann daran gemacht, die Welt neu zu erschaffen, eine neue internationale Ordnung aufzubauen und Institutionen zu schaffen, die diese gewährleisten: Wie die Vereinten Nationen, die einen weiteren Weltkrieg verhindern und einen gerechteren und andauernden Frieden fördern sollen. Internationale Finanzinstitutionen wie die Weltbank und den Internationalen Währungsfonds, um Wohlstand für alle Menschen zu schaffen. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, um die „unveräußerlichen Rechte aller Mitglieder der Gemeinschaft der Menschen“ zu fördern. Hier in Europa machten sich große Politiker wie Bundeskanzler Adenauer daran, alte Gegner durch Wirtschaft und Handel aneinanderzubinden. Wie Adenauer damals in den Anfangszeiten sagte „Die Einheit Europas war ein Traum von wenigen. Sie wurde eine Hoffnung für viele. Sie ist heute eine Notwendigkeit für uns alle.“

Und das war nicht einfach. Alte Feindseligkeiten mussten überwunden werden. Nationalstolz musste mit einem Bekenntnis zum Gemeinwohl verbunden werden. Komplexe Fragen der Souveränität und der Lastenteilung mussten beantwortet werden. In jeder Phase musste dem Impuls, sich zurückzuziehen und als Land seinen eigenen Weg zu gehen, widerstanden werden. Mehr als einmal sagten Skeptiker den Niedergang dieses großen Projektes voraus.

Aber die Vorstellung von einem geeinten Europa bestand fort, und die Vereinigten Staaten, die die Freiheit Europas im Krieg verteidigt hatten, standen Ihnen auf jeder Station dieser Reise zur Seite. Mit einem Marshallplan für den Wiederaufbau, einer Luftbrücke zur Rettung Berlins, einem NATO-Bündnis zur Verteidigung unserer Lebensweise. Das Bekenntnis der Vereinigten Staaten zu Europa wurde von dem jungen amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy richtig erfasst, als er in einem freien Westberlin erklärte: „Freiheit ist unteilbar, und solange auch nur ein Mensch in Sklaverei lebt, ist niemand frei.“

Mit Stärke, Entschlossenheit, der Kraft unserer Ideale und dem Glauben an ein geeintes Europa haben wir nicht einfach nur den Kalten Krieg beendet – sondern die Freiheit hat gesiegt. Deutschland wurde wiedervereinigt. Sie haben neue Demokratien in einer „immer engeren Union“ willkommen geheißen. Sie streiten vielleicht darüber, welcher Fußballverein besser ist oder stimmen beim Eurovision Song Contest für unterschiedliche Sängerinnen und Sänger. Aber was Sie geschafft haben – mehr als 500 Millionen Menschen, 24 Sprachen in 28 Ländern, 19 davon mit gemeinsamer Währung in einer Europäischen Union zu vereinen – zählt weiterhin zu den größten politischen und wirtschaftlichen Leistungen der Moderne.

Ja, die europäische Einheit verlangt manchmal nach frustrierenden Kompromissen. Sie bringt weitere staatliche Ebenen mit sich, die Entscheidungsprozesse verlangsamen können. Das weiß ich. Ich habe schon an Treffen mit der Europäischen Kommission teilgenommen. Wir Amerikaner sind berühmt für unsere geringschätzige Haltung gegenüber dem Staat. Wir wissen, wie einfach es ist, in Richtung Brüssel zu blicken und sich zu beschweren. Aber vergessen Sie bitte nicht, dass jedes Mitgliedsland Ihrer Union eine Demokratie ist. Das ist kein Zufall. Vergessen Sie nicht, dass kein EU-Land je die Waffen gegen ein anderes gerichtet hat. Das ist kein Zufall. Vergessen Sie nicht, dass die NATO heute stärker ist als jemals zuvor.

Vergessen Sie nicht, dass unsere Marktwirtschaften – wie Angela und ich heute früh sehen konnten – die größten Motoren für Innovationen, Wohlstand und die Schaffung von Chancen in der Geschichte sind. Die ganze Welt beneidet uns nach wie vor so sehr um unsere Freiheit und unsere Lebensqualität, dass Eltern bereit sind, Wüsten zu Fuß zu durchqueren oder Meere in notdürftigen Schlauchbooten zu überqueren, in der Hoffnung, ihren Kindern die Segnungen zuteil werden lassen zu können, die wir – die Sie – genießen, Segnungen, die Sie nicht als selbstverständlich erachten sollten.

Dieser Kontinent befand sich im 20. Jahrhundert ständig im Krieg. Auf diesem Kontinent verhungerten Menschen. Auf diesem Kontinent wurden Familien auseinandergerissen. Heute versuchen Menschen verzweifelt hierher zu kommen, weil Sie all das geschaffen haben. Sie sollten das nicht als selbstverständlich betrachten.

Europa ist für uns alle heute mehr denn je, wie Adenauer sagte, eine Notwendigkeit. Es ist eine Notwendigkeit für die Vereinigten Staaten, weil Europas Sicherheit und Wohlstand untrennbar mit unserer Sicherheit und unserem Wohlstand verbunden sind. Wir können uns nicht von Ihnen abschotten. Unsere Volkswirtschaften sind miteinander verflochten. Unsere Kulturen sind miteinander verflochten. Unsere Bürgerinnen und Bürger pflegen enge Kontakte. Sie haben die Reaktion der Amerikanerinnen und Amerikaner auf Paris und Brüssel gesehen – denn wir fühlen uns auch als Bürger dieser Städte.

Ein starkes, geeintes Europa ist eine Notwendigkeit für die gesamte Welt, weil ein integriertes Europa für unsere internationale Ordnung von maßgeblicher Bedeutung ist. Europa trägt dazu bei, die Normen und Regelungen fortzuschreiben, die auf der ganzen Welt Frieden sichern und Wohlstand fördern können.

Überlegen Sie einmal, was wir in den vergangenen Jahren erreicht haben: Wir haben die Weltwirtschaft knapp vor einer Wirtschaftskrise bewahrt und sie wieder auf den Weg der Erholung gebracht. Wir haben ein umfassendes Abkommen geschlossen, das dem Iran jeden Weg zum Bau einer Atombombe verwehrt – als Teil unserer gemeinsamen Vorstellung von einer Welt ohne Atomwaffen. In Paris haben wir das ehrgeizigste Abkommen der Geschichte im Kampf gegen den Klimawandel erzielt. Wir haben in Westafrika Ebola gestoppt und unzählige Leben gerettet. Wir haben es geschafft, die Welt im Streben nach neuer nachhaltiger Entwicklung zu vereinen, wozu auch unser Ziel gehört, extreme Armut zu beseitigen. Keine dieser Errungenschaften wäre ohne die Partnerschaft der Vereinigten Staaten mit einem starken und geeinten Europa möglich gewesen. Wir hätten das nicht geschafft.

Das können wir erreichen, wenn Europa und die Vereinigten Staaten Seite an Seite stehen. Und genau das brauchen wir, um die sehr realen Gefahren, mit denen wir heute konfrontiert sind, zu bewältigen. Lassen Sie mich also kurz über die Art der Zusammenarbeit sprechen, die wir benötigen werden: Wir brauchen ein starkes Europa, das seinen Teil der Last übernimmt und mit uns zum Wohle unserer kollektiven Sicherheit zusammenarbeitet. Die Vereinigten Staaten verfügen über außergewöhnliche Streitkräfte, die besten, die es je gab, aber der Charakter der heutigen Bedrohungen macht es uns unmöglich, diese Herausforderungen alleine zu bewältigen.

Zurzeit stellt die IS-Terrormiliz die vordringlichste Bedrohung für unsere Länder dar, und deshalb sind wir in unserer Entschlossenheit geeint, sie zu zerstören. Alle 28 NATO-Verbündeten tragen zu unserer Koalition bei – sei es durch Schläge gegen Ziele der IS-Terrormiliz in Syrien und dem Irak, Unterstützung der Luftangriffe, die Ausbildung lokaler Streitkräfte im Irak oder die Bereitstellung humanitärer Hilfe. Wir machen weiterhin Fortschritte und drängen die IS-Terrormiliz aus Gebieten zurück, die sie zuvor kontrolliert hat.

Und ebenso wie ich zusätzlicher Unterstützung für die irakischen Streitkräfte gegen die IS-Terrormiliz zugestimmt habe, habe ich entschieden, die Unterstützung der Vereinigten Staaten für ortsansässige Streitkräfte im Kampf gegen die IS-Terrormiliz in Syrien zu verstärken. Einige wenige US-Spezialkräfte sind bereits vor Ort in Syrien, und ihre Kenntnisse leisten einen entscheidenden Beitrag, während die ortsansässigen Streitkräfte die IS-Terrormiliz aus wichtigen Regionen vertreiben. Angesichts dieses Erfolges habe ich der Entsendung von bis zu 250 zusätzlichen US-Soldaten nach Syrien zugestimmt, darunter auch Sondereinsatzkräfte, um diesen Schwung aufrechtzuerhalten. Sie werden nicht die Kämpfe vor Ort anführen, sondern maßgeblich zur Schulung und Unterstützung der ortsansässigen Streitkräfte beitragen, damit diese die IS-Terrormiliz weiterhin zurückdrängen können.

Täuschen Sie sich also nicht: Diese Terroristen werden die gleiche Lektion lernen, wie schon andere vor ihnen, und zwar dass ihr Hass unseren Ländern, die unsere Lebensweise gemeinsam verteidigen, nicht das Wasser reichen kann. So unerbittlichen wie wir an der militärischen Front bleiben, so unermüdlich müssen wir die Diplomatie einsetzen, um den Bürgerkrieg in Syrien zu beenden, weil das Leid der syrischen Bevölkerung beendet werden muss, und dies erfordert effektiven politischen Wandel.

Es bleibt aber ein schwieriger Kampf, und keiner von uns kann dieses Problem alleine lösen. Auch wenn die europäischen Länder einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen die IS-Terrormiliz leisten, Europa und auch die NATO können noch mehr tun. Ich habe mit Bundeskanzlerin Merkel gesprochen und werde mich später noch mit dem französischen Präsidenten, dem britischen Premierminister und dem italienischen Ministerpräsidenten treffen. Wir brauchen noch mehr Länder, die sich in Syrien und im Irak an den Luftangriffen beteiligen. Es müssen sich noch mehr Länder mit Ausbildern an der Schulung ortsansässiger Streitkräfte im Irak beteiligen. Wir brauchen noch mehr Länder, die den Irak wirtschaftlich unterstützen, damit das Land befreite Gebiete stabilisieren und den Kreislauf des gewalttätigen Extremismus durchbrechen und die IS-Terrormiliz dort nicht wieder Fuß fassen kann.

Diese Terroristen tun alles in ihrer Macht Stehende, um unsere Städte zu treffen und unsere Bürgerinnen und Bürger zu töten, daher müssen wir alles in unserer Macht Stehende tun, um sie zu stoppen. Das beinhaltet, dass wir Lücken schließen, damit Terroristen nicht in der Lage sind, Anschläge wie die in Paris und Brüssel zu verüben.

Damit komme ich zu einem weiteren Punkt: Europäer, ebenso wie Amerikaner, schätzen ihre Privatsphäre. Viele stehen der Erfassung und dem Austausch von Daten durch Regierungen aus gutem Grund skeptisch gegenüber. Es ist eine gesunde Skepsis. Die Deutschen erinnern sich an ihre Erfahrungen mit Überwachung durch die Regierung; das gilt im Übrigen auch für die Amerikanerinnen und Amerikaner und insbesondere für jene, die sich für die Bürgerrechtsbewegung eingesetzt haben.

Es gehört also zur Demokratie, die Rechenschaftspflicht von Regierungen zu gewährleisten.

Den jungen Menschen, die ihre Privatsphäre schätzen und viel Zeit mit ihren Mobiltelefonen verbringen, möchte ich allerdings sagen: Die Bedrohung durch Terrorismus ist real. Ich habe mich in den Vereinigten Staaten für die Reform unserer Überwachungsprogramme eingesetzt um sicherzustellen, dass sie im Einklang mit der Rechtsstaatlichkeit stehen und unsere Werte widerspiegeln, wie den Datenschutz, zu dem im Übrigen auch der Datenschutz von Menschen außerhalb der Vereinigten Staaten zählt. Die Privatsphäre der Europäer und nicht nur der Amerikaner ist uns wichtig.

Ich bin aber auch zu dem Schluss gelangt, dass Sicherheit und Datenschutz kein Widerspruch sein müssen. Wir können beides garantieren. Und das müssen wir auch. Wenn wir unsere Freiheit wirklich schätzen, dann müssen wir die Maßnahmen ergreifen, die für einen Informationsaustausch und den Austausch nachrichtendienstlicher Erkenntnisse innerhalb Europas sowie zwischen den Vereinigten Staaten und Europa erforderlich sind, um die Terroristen davon abzuhalten zu reisen, Grenzen zu überqueren und unschuldige Menschen zu töten.

Und so, wie sich heute die diffusen Bedrohungen entwickeln, muss sich auch unser Bündnis weiterentwickeln. Daher werden wir im Sommer in Warschau zu einem NATO-Gipfel zusammenkommen, und ich werden darauf bestehen, dass wir alle unserer Verantwortung geeint und gemeinsam nachkommen. Das bedeutet, dass wir den Menschen in Afghanistan beim Aufbau ihrer Sicherheitskräfte und der Extremismusbekämpfung zur Seite stehen. Das bedeutet auch: Mehr Schiffe in der Ägäis, um gegen kriminelle Netzwerke vorzugehen, die vom Schmuggel mit verzweifelten Familien und Kindern profitieren.

Nichtsdestotrotz ist und bleibt unser Bekenntnis zur kollektiven Verteidigung nach Artikel 5 Kernaufgabe und feierliche Pflicht der NATO. Aus diesem Grund werden wir die Verteidigungsstärke unserer Bündnispartner an der Außengrenze der NATO – Polens, Rumäniens und der baltischen Staaten – weiter ausbauen.

Daher müssen wir sicherstellen, dass die NATO einerseits ihre traditionellen Aufgaben erfüllt, aber andererseits auch den Bedrohungen an ihrer Südflanke begegnet. Aus diesem Grund müssen wir die Flexibilität und Interoperabilität unserer Streitkräfte weiter sicherstellen und in neue Fähigkeiten wie Cyberabwehr und Raketenabwehr investieren. Deshalb sollte jedes NATO-Mitglied seinen vollen Beitrag zu unserer gemeinsamen Sicherheit leisten – zwei Prozent des BIP, was nicht immer geschieht. Und ehrlich gesagt ist Europa mit Blick auf seine eigene Verteidigung manchmal zu nachlässig.

Ebenso wie wir standhaft unsere eigene Verteidigung gewährleisten, müssen wir auch die grundlegenden Prinzipien der internationalen Ordnung bewahren. Zu diesen Prinzipien gehört, dass Länder wie die Ukraine das Recht haben, selbst über ihr Schicksal zu bestimmen. Denken Sie daran, dass sich Russland durch die Ukrainer – viele in Ihrem Alter –, die auf dem Maidan nach einer Zukunft mit Europa verlangten, veranlasst sah, sein Militär zu entsenden. Nach allem, was Europa im 20. Jahrhundert durchgemacht hat, dürfen wir nicht erlauben, dass im 21. Jahrhundert mit roher Gewalt neue Grenzen gezogen werden. Wir sollten die Ukraine also weiter bei ihren Reformen zur Verbesserung ihrer Wirtschaftslage, Konsolidierung ihrer Demokratie und Modernisierung ihrer Streitkräfte zum Schutz ihrer Unabhängigkeit unterstützen.

Ich wünsche mir auch gute Beziehungen zu Russland und habe viel dafür getan. Wir müssen die Sanktionen gegen Russland allerdings aufrechterhalten, bis Russland das Minsker Abkommen vollständig umsetzt, für das sich Bundeskanzlerin Merkel, Präsident Hollande und andere so sehr eingesetzt haben, und einen Weg für die politische Beilegung des Konflikts aufzeigt. Ich hoffe inständig, dass Russland erkennt, dass echte Größe nicht durch das Schikanieren der Nachbarn entsteht, sondern durch weltweite Zusammenarbeit, denn es ist die einzige Möglichkeit, dauerhaft Wirtschaftswachstum und Fortschritte für die Bürgerinnen und Bürger Russlands zu erzielen.

Unsere kollektive Sicherheit ruht auf dem Fundament des Wohlstands, was mich zu meinem zweiten Punkt bringt. Die Welt braucht ein Europa, in dem es Wohlstand und Wachstum gibt, nicht nur ein starkes Europa, sondern ein Europa, mit Wohlstand und Wachstum, das gute Arbeitsplätze und Löhne für seine Bürgerinnen und Bürger schafft.

Wie ich bereits gesagt habe, sind die wirtschaftlichen Ängste, die auf beiden Seiten des Atlantiks vorhanden sind, durchaus real. Die Umbrüche durch die Globalisierung treffen bestimmte Gruppen, insbesondere Arbeiter, leider manchmal härter. Wenn weder die Lasten, noch die Vorteile unserer globalen Wirtschaft gerecht verteilt sind, ist es kein Wunder, dass sich die Menschen gegen die Globalisierung wenden. Wenn es bei der Integration der Weltwirtschaft zu wenige Gewinner und zu viele Verlierer gibt, werden sich die Menschen widersetzen.

Wir alle in einflussreichen Positionen tragen also Verantwortung dafür, als Staat- und Regierungschefs, als Unternehmer oder in der Zivilgesellschaft, den Bürgerinnen und Bürgern zu helfen, das Versprechen von wirtschaftlicher Sicherheit in dieser integrierten Wirtschaft zu verwirklichen. Die gute Nachricht lautet: Wir wissen, wie man das macht. Manchmal fehlt uns lediglich der politische Wille, es zu tun.

In den Vereinigten Staaten wächst die Wirtschaft wieder, aber die Vereinigten Staaten können nicht der einzige Motor für Wirtschaftswachstum sein. Und man sollte als Land nicht gezwungen sein, zwischen der Reaktion auf Krisen und der Investition in seine Bevölkerung zu wählen. Um langfristigen Wohlstand zu erreichen, müssen wir also Reformen durchführen, die die Nachfrage stützen und eine Investition in die Zukunft sind. Unsere Länder könnten zum Beispiel alle mehr in Infrastruktur investieren. Unsere Länder müssen alle Investitionen in die Wissenschaft, Forschung und Entwicklung tätigen, die zu Innovationen und neuen Industriezweigen führen werden. Unsere Länder müssen alle in junge Menschen investieren und sicherstellen, dass sie über die Bildung, Fertigkeiten und Ausbildung verfügen, die sie brauchen, um sich an den schnellen Wandel in dieser Welt anzupassen. Unsere Länder müssen sich alle mit Ungleichheit befassen und gewährleisten, dass die Arbeitnehmer einen fairen Anteil an der unglaublichen Produktivität erhalten, die Technologie und globale Zuliefererketten hervorbringen.

Wenn Sie sich aber wirklich um Ungleichheit sorgen, wenn Ihnen die Not der Arbeitnehmer wirklich Sorgen bereitet, wenn Sie ein liberaler Mensch sind, dann bin ich überzeugt, dass Sie sich nicht nach innen wenden dürfen. Das ist nicht die richtige Antwort. Es muss mehr Handel und Investitionen geben, die Arbeitsplätze schaffen, worauf wir zwischen den Vereinigten Staaten und der EU hinarbeiten. Wir müssen unsere Banken- und Finanzsysteme weiter reformieren, damit sich die Exzesse und der Missbrauch, die die Finanzkrise ausgelöst haben, nicht wiederholen.

Wir können das aber nicht allein, jedes Land für sich tun, weil Finanzen heute transnational sind. Das Geld zirkuliert zu schnell. Ohne Koordinierung zwischen Europa, den Vereinigten Staaten und Asien wird es nicht funktionieren.

Wie der Welt in den letzten Wochen vor Augen geführt wurde, müssen wir die Schlupflöcher schließen, die es Konzernen und vermögenden Personen erlauben, sich ihrem gerechten Steueranteil durch Steueroasen zu entziehen. Das sind Billionen von Dollar, die für dringende Bedürfnisse wie Bildung, Gesundheit und Infrastruktur verwendet werden könnten. Dafür müssen wir allerdings zusammenarbeiten.

Hier in Europa werden Sie bei der Stärkung Ihrer Union, unter anderem durch Arbeitsmarkt- und Bankenreformen sowie die Gewährleistung von Wachstum in der gesamten Eurozone, die entschiedene Unterstützung der Vereinigten Staaten genießen. Aber Sie werden es gemeinsam tun müssen, denn Ihre Volkswirtschaften sind zu eng miteinander verflochten, als dass Sie diese Probleme allein lösen könnten. Ich wiederhole noch einmal: Wir müssen uns mit der Ungerechtigkeit der zunehmenden wirtschaftlichen Ungleichheit auseinandersetzen. Dafür müssen wir allerdings zusammenarbeiten, denn Kapital ist mobil, und wenn sich nur wenige Länder darum Gedanken machen, dann werden sich viele Unternehmen Orte suchen, die es damit nicht ganz so genau nehmen.

Lange dachte man, man müsse sich als Land zwischen Wirtschaftswachstum und wirtschaftlicher Inklusion entscheiden. Jetzt wissen wir: Wenn sich Vermögen zunehmend bei einigen wenigen an der Spitze konzentriert, ist das nicht nur eine moralische Herausforderung, sondern beeinträchtigt auch das Wachstumspotenzial eines Landes. Wir brauchen umfassendes Wachstum, das allen zu einem besseren Leben verhilft. Wir brauchen eine Steuerpolitik, die das Richtige für erwerbstätige Familien bewirkt.

Wer sich wie ich für die europäische Einheit und den Freihandel einsetzt, der steht auch in der Pflicht, sich für den Arbeitnehmerschutz stark zu machen: für ein Einkommen, von dem man leben kann, für das Recht auf gewerkschaftliche Organisation, für ein starkes Sicherheitsnetz sowie für den Schutz der Verbraucher und der Umwelt, die für uns alle so wichtig ist. Wenn wir wirklich etwas gegen Ungleichheit tun wollen, müssen wir gewährleisten, dass jeder, der arbeitet, auch eine faire Chance erhält – und das gilt insbesondere für junge Menschen wie Sie – durch Bildung, Berufsausbildung, gute Gesundheitsfürsorge und einen guten Lohn. Dazu zählt im Übrigen auch, dass wir gewährleisten, dass Frauen für die gleiche Arbeit die gleiche Bezahlung erhalten.

Der Punkt ist, in vielen unserer Volkswirtschaften gibt es Reformbedarf. Aber die Antwort auf Reformen ist nicht, dass wir uns voneinander abschotten. Wir müssen vielmehr zusammenarbeiten. Das bringt mich zum Anfang meiner Rede zurück. Die Welt verlässt sich auf ein demokratisches Europa, das für die Prinzipien des Pluralismus, der Vielfalt und der Freiheit eintritt. Als freie Menschen können wir nicht zulassen, dass die Kräfte, die ich beschrieben habe – Sicherheitsbedenken oder wirtschaftliche Ängste – unser Bekenntnis zu den allgemeinen Werten aushöhlen, die die Quelle unserer Stärke sind.

Ich weiß, Demokratie kann chaotisch sein. Sie kann langsam sein. Sie kann frustrierend sein. Ich weiß das. Ich muss mich mit dem Kongress herumschlagen. Wir dürfen die Regierung nicht zu einer Ansammlung bürgerferner, von den Menschen abgekoppelter Institutionen werden lassen, sondern müssen ständig daran arbeiten, dass sie bürgernah bleibt und auf die alltäglichen Belange der Menschen reagiert. Zweifellos kann die Art und Weise, wie ein geeintes Europa zusammen funktioniert, verbessert werden. Aber sehen Sie sich doch die autoritären Regierungen und Theokratien auf der Welt an, die mittels Angst und Unterdrückung regieren, – es kann keinen Zweifel geben, dass Demokratie immer noch die gerechteste und effektivste Regierungsform ist.

Wenn ich von Demokratie spreche, meine ich übrigens nicht nur Wahlen, denn es gibt eine Reihe von Ländern, in denen Kandidaten 70 oder 80 Prozent der Stimmen erhalten können, dabei aber die Medien und Justiz im Land kontrollieren. Zivilgesellschaftliche Organisationen und NGOs können sich nicht organisieren, müssen sich registrieren lassen und werden eingeschüchtert. Ich spreche vielmehr von echter Demokratie, wie wir sie in Europa und den Vereinigten Staaten sehen. Wir müssen bei der Verteidigung dieser Eckpfeiler der Demokratie wachsam sein, und dabei geht es nicht nur um Wahlen, sondern auch um Rechtsstaatlichkeit, faire Wahlen, eine freie Presse und eine lebendige Zivilgesellschaft, in der man sich für Wandel einsetzen kann.

Außerdem sollten wir argwöhnisch sein, wenn jemand behauptet, ihm lägen die Interessen Europas am Herzen, dann aber genau die Werte nicht umsetzt, die für Europa unverzichtbar sind, die die Freiheit in Europa so real machen.

Also ja, es sind beunruhigende Zeiten. Und es scheint in der Natur des Menschen zu liegen, sich in ungewissen Zeiten in die scheinbar sichere Umgebung des eigenen Stammes, der eigenen Religionsgemeinschaft oder der eigenen Nationalität zurückzuziehen und bei den Menschen Trost zu suchen, die so aussehen und sich so anhören wie wir. Aber in der Welt von heute ist dies mehr noch als in jeder anderen Zeit der Geschichte ein falscher Trost. Er spielt die Menschen wegen ihres Äußeren, der Art und Weise, wie sie beten oder wen sie lieben, gegeneinander aus. Aber wir wissen eigentlich, wohin diese Art von verdrehtem Denken führen kann. Es kann zu Unterdrückung führen. Es kann zu Abgrenzung und Internierungslagern führen. Zur Schoah oder zu Srebrenica.

In den Vereinigten Staaten ringen wir bis heute mit Themen wie Rassismus und Integration. Und es gibt noch viel zu tun. Aber unsere Fortschritte haben es jemandem wie mir ermöglicht, heute hier als Präsident der Vereinigten Staaten zu stehen. Und das ist so, weil wir uns einem größeren Ideal verschrieben haben, das auf Überzeugungen beruht, nicht auf ethnischer Herkunft oder Nationalität, auf einer Reihe von Prinzipien, auf einer Wahrheit, die wir als selbstverständlich erachten, nämlich, dass alle Menschen gleich geschaffen sind. Jetzt, da Europa sich mit Fragen der Zuwanderung, Religion und Integration auseinandersetzen muss, möchte ich Sie daran erinnern, dass unsere Länder stärker, sicherer und erfolgreicher sind, wenn wir Menschen jeglicher Herkunft und jeglichen Glaubens willkommen heißen und ihnen das Gefühl der Zugehörigkeit vermitteln. Das gilt auch für unsere muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger.

Es kann erschreckend sein, wenn auf einmal so viele Menschen zu uns kommen, vor allem, wenn sie aus so unterschiedlichen Kulturkreisen stammen. Auch in den Vereinigten Staaten haben wir Einwanderungsprobleme, an unserer südlichen Grenze und mit den Menschen, die mit Visum von überall aus der Welt einreisen und sich dann entscheiden zu bleiben. Ich weiß, dass die politischen Aspekte der Einwanderung und des Umgangs mit Flüchtlingen schwierig sind. Das ist für alle Länder schwierig. Und ebenso wie nicht nur einige wenige Bezirke die gesamte Last der Ansiedlung von Flüchtlingen tragen sollte, sollte sie auch nicht nur ein Land tragen müssen. Wir müssen alle mit anpacken, wir müssen diese Verantwortung gemeinsam tragen. Das gilt auch für die Vereinigten Staaten.

Aber auch während wir die erforderlichen Schritte zur Gewährleistung unserer Sicherheit unternehmen, während wir der Türkei und Griechenland helfen, diesen Zustrom auf sichere und humane Weise zu bewältigen, während Bundeskanzlerin Merkel und andere europäische Staats- und Regierungschefs an einem ordnungsgemäßen Einwanderungs- und Niederlassungsverfahren arbeiten, damit die Einwanderung nicht ungeordnet stattfindet, auch wenn wir alle mehr tun müssen, um in eine nachhaltige Entwicklung und Regierungsführung in den Ländern zu investieren, aus denen die Menschen fliehen, damit sie in ihren eigenen Ländern Erfolg und Wohlstand erreichen können, und damit wir die Konflikte verringern können, die einen Großteil der Flüchtlingskrisen auf der Welt auslösen – haben uns Bundeskanzlerin Merkel und andere eindrucksvoll daran erinnert, dass wir uns nicht von unseren Mitmenschen abwenden dürfen, die jetzt hier sind und unsere Hilfe brauchen. Wir müssen unsere Werte aufrechterhalten, nicht nur in einfachen, sondern auch in schwierigen Zeiten.

In Deutschland haben wir deutlicher als andernorts gelernt, dass die Welt keine zusätzlichen Mauern braucht. Wir können uns nicht über die Hürden definieren, die wir errichten um zu verhindern, dass Menschen ein- oder ausreisen. An jedem Scheideweg der Geschichte sind wir vorangekommen, wenn wir im Sinne dieser zeitlosen Ideale gehandelt haben, die uns lehren, offen füreinander zu sein und die Würde jedes menschlichen Wesens zu achten.

Ich denke dabei an die vielen Deutschen und Europäer, die Einwanderer aufgenommen haben, weil, wie es eine Berlinerin ausdrückte, „wir einfach etwas tun mussten“. Es ist dieser menschliche Impuls zu helfen. Ich denke dabei an den Flüchtling, der gesagt hat: „Ich möchte meine Kinder den Wert der Arbeit lehren.“ Es ist dieser menschliche Impuls, der nächsten Generation Hoffnung zu geben. Wir können uns alle von der Empathie und dem Mitgefühl seiner Heiligkeit Papst Franziskus leiten lassen, der gesagt hat: „Flüchtlinge sind keine Zahlen, sie sind Menschen mit Gesichtern, Namen und Geschichten, und so müssen sie auch behandelt werden.“

Ich weiß, es scheint, als habe ich leicht reden, da ich auf der anderen Seite des Atlantiks lebe. Ich weiß, es kann nach blinder Hoffnung aussehen, wenn ich sage, dass ich zuversichtlich bin, dass die Kräfte, die Europa zusammenhalten, letztlich stärker sind, als die, die versuchen, Sie auseinanderzureißen. Aber Hoffnung ist nicht blind, wenn sie auf den Erinnerungen daran beruht, was man bereits überwunden hat, was Ihre Eltern und Großeltern geschafft haben.

Ich sage also Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern Europas, vergessen Sie nicht, wer Sie sind. Sie sind die Erben eines Freiheitskampfes. Sie sind die Deutschen, Franzosen, Niederländer, Belgier, Luxemburger und Italiener, und ja, die Briten, die alte Gräben überwunden und Europa auf den Weg der Einheit gebracht haben.

Sie sind die Polen der Solidarnosc und die Tschechen und Slowaken, die eine Sanfte Revolution angezettelt haben. Sie sind die Letten und Litauer und Esten, die sich an den Händen gefasst und eine große Menschenkette für die Freiheit gebildet haben. Sie sind die Ungarn und Österreicher, die Stacheldraht durchtrennt haben. Und Sie sind die Berliner, die an einem Novemberabend die Mauer niedergerissen haben. Sie sind die Menschen in Madrid und London, die sich Bombenanschlägen gestellt und sich geweigert haben, sich von Angst beherrschen zu lassen.

Sie sind die Pariser, die vorhaben, das Bataclan in diesem Jahr wiederzueröffnen. Sie sind die Bürgerinnen und Bürger Brüssels, die auf einem Platz mit Blumen und Flaggen stehen, auf dem ein Belgier die Botschaft hinterließ: Wir brauchen mehr. Mehr Verständnis. Mehr Dialog. Mehr Menschlichkeit.

Das sind Sie. Geeint, zusammen. Sie sind Europa, „in Vielfalt geeint“. Sie lassen sich von den Idealen leiten, die die Welt erhellen, und Sie sind stärker, wenn Sie geeint zusammenstehen.

Während Sie voranschreiten, können Sie zuversichtlich sein, dass Ihr stärkster Bündnispartner und engster Freund, die Vereinigten Staaten von Amerika, an Ihrer Seite steht, Schulter an Schulter, jetzt und für immer. Denn ein geeintes Europa, früher ein Traum weniger, ist heute die Hoffnung vieler und eine Notwendigkeit für uns alle.

Vielen herzlichen Dank. Danke.