Global Times

Angesichts der Austragung des so genannten Gipfels für Demokratie vom 9. bis zum 10. Dezember dieses Jahres auf Initiative der US-Administration halten wir es für notwendig, Folgendes zu erklären.

Die Organisatoren und Enthusiasten dieser merkwürdigen Veranstaltung beanspruchen die Führungsrolle bei der Förderung der Demokratie und Menschenrechte im globalen Ausmaß. Doch die „Dienstliste“ und der Ruf der USA, Großbritanniens, EU-Mitgliedsstaaten bei der Gewährleistung der demokratischen Rechte und Freiheiten bei sich zu Hause sowie in der internationalen Arena sind gelinde gesagt gar nicht perfekt.

Die Fakten zeugen davon, dass die USA und ihre Verbündeten die Rolle eines „Leuchtturms“ der Demokratie nicht beanspruchen können bzw. sollen, weil sie selbst chronische Probleme im Bereich Meinungsfreiheit, Wahlsystem, Korruption und Menschenrechte haben.

Die Redaktionspolitik der größten westlichen Medien wird de facto von Partei- und Korporations-Eliten geleitet. Zur Unterdrückung von Andersdenken im Informationsbereich funktionieren abgestimmte Mechanismen der Zensur, Selbstzensur und Löschen der unerwünschten Accounts und Contents auf digitalen Plattformen. Das ist eine grobe Verletzung des vom Westen propagierten Rechtes auf freie Meinungsäußerung. Die von US-Unternehmen kontrollierten Sozialen Netzwerke werden aktiv zur Desinformation, Propaganda und Manipulation der Gesellschaftsmeinung genutzt. Zur Realität im Alltag der Staatsbürger westlicher Staaten ist massive elektronische Ausspähung seitens der Sicherheitsdienste und der mit ihnen kooperierenden IT-Korporationen geworden.

Vor rund einem Jahr sah die ganze Welt während der Wahlkampagne in den USA, wie das archaische Wahlsystem dieses Landes zu zerbrechen begann. Der existierende Mechanismus der Stimmzählung offenbarte sehr viele schwache Stellen. Millionen Amerikaner haben Zweifel an der Ehrlichkeit und Transparenz der Präsidentschaftswahlen 2020. Das ist auch klar, denn ihre Durchführung und Ergebnisse mit solchen zweifelhaften Praktiken wie ein künstliches „Schneiden“ der Wahlbezirke, mehrere Tage Wahlen per Post, Nichtzulassung der Beobachter, insbesondere internationaler Beobachter, zu den Wahllokalen begleitet waren.

Ernsthafte Fragen lösen auch andauernde Repressalien der US-Behörden gegen die Teilnehmer einer Protestaktion vor dem Kapitol am 6. Januar dieses Jahres, die in der US-Administration und damit verbundenen Medien offen „innere Terroristen“ genannt werden, aus. Dutzende Menschen, die mit den Ergebnissen der Präsidentschaftswahlen nicht einverstanden waren, bekamen Haftstrafen, die mit ihrer Oppositionsaktivitäten nicht im verhältnismäßigen Zusammenhang standen.

Die USA, die die Rolle eines „globalen demokratischen Leader“ übernehmen wollen, haben bereits seit vielen Jahren die Führungsrolle in der Welt bei der Zahl der Häftlinge (mehr als zwei Mio. Menschen). Die Aufenthaltsbedingungen in vielen Gefängnissen sind deprimierend. Washington verschweigt weiterhin die Fälle der Folterungen im Sondergefängnis Guantanamo. Die US-Sicherheitsdienste sind Erfinder der präzedenzlosen Praxis der Schaffung von geheimen Gefängnissen in den Verbündetenstaaten.

Der Lobbyismus in den USA ist de facto eine legitimierte Form der Korruption. Vertreter der Legislative werden de facto von Großgeschäft kontrolliert. Sowohl im Lande, als auch außerhalb des Landes verteidigen sie in erster Linie die Interessen ihrer „Sponsoren“, in der Regel der privaten Korporationen, und nicht des Volkes, der Wähler.

Vor diesem Hintergrund ist die aus Washington zu hörende Rhetorik nicht nur absolut realitätsfern, sondern auch in vielerlei Hinsicht heuchlerisch. Bevor man mit dem „Export der Demokratie“ beginnt, sollten nordamerikanische Partner zunächst die ungelösten Probleme bei sich zu Hause regeln, mit der tiefer werdenden Spaltung in der Gesellschaft über die Fragen der Ethik, Werte, Vision der Vergangenheit und Zukunft beginnen. Hier reichen bescheidene Erklärungen, dass die US-Demokratie nicht perfekt sei, eindeutig nicht aus.

Auch Großbritannien ist nicht berechtigt, sich als fortgeschrittene Demokratie zu positionieren. Im Lande existieren bequem Organisationen, die Neonazi-Ideologie vertreten, es ist das Wachstum der Erscheinungen des Rassismus, Diskriminierung der ethnokulturellen Minderheiten in vielen Bereichen des Gesellschaftslebens zu erkennen. Es tauchen Fakten eines illegalen Sammelns der persönlichen Daten der Staatsbürger durch britische Sicherheitsdienste auf, die Polizeigewalt wird zur Normalität, selbst gegenüber friedlichen Demonstranten.

Kaum besser sieht die Lage im EU-Raum aus. Brüssel ignoriert legitime Rechte und Interessen der russischen und russischsprachigen Einwohner in den Ländern des Baltikums, in der Ukraine, Moldawien. Es drückt ein Auge auf die Erstellung der Mythen durch „Jungeuropäer“ im Bereich der politischen Geschichte zu, wenn ehemalige nazistische Helfershelfer, die Kriegsverbrechen begangen, zu Nationalhelden ausgerufen werden. Eine alltägliche Norm für viele EU-Staaten wird die administrative Unterdrückung von Andersdenken, aggressives Aufdrängen der ultraliberalen Werte und Praktiken, die die christlichen Grundlagen der europäischen Zivilisation zerstören.

Die USA, die die ideologische und moralische Richtigkeit beanspruchen, und eine enge Gruppe ihrer Verbündeten untergruben das Vertrauen zu ihnen durch aggressive Handlungen in der Weltarena unter dem Schild „Förderung der Demokratie“. Gewaltinterventionen und Versuche des „Regimewechsels“ – es gab sie mehr als zehn in den letzten 30 Jahren, provokative Handlungen im militärpolitischen Bereich verletzen oft grob das Völkerrecht, generieren Chaos und Zerstörung.

Die neueste Geschichte zeigt, dass militärisches Abenteuer zur zwingenden “Demokratisierung“ zu blutigen Kriegen führte und mit nationalen Tragödien für die Länder, die Opfer dieser Politik fielen, wurden. Dazu gehören ehemaliges Jugoslawien, Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien und mehrere andere Staaten. Zur Entfachung der Kriege wurden jede Vorwände eingesetzt – Kampf gegen Terrorismus, Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, „Schutz der Zivilbevölkerung“.

Alle erinnern sich daran, wie Präsident George W. Bush im Jahr 2003 nach der Militärintervention der „Koalition der Interessierten“ im Irak vom Bord des Flugzeugträgers Abraham Lincoln über den „Sieg der Demokratie“ in diesem Lande verkündete. Was weiter war, ist gut bekannt: Bislang gibt es keine genauen Statistiken der Verstorbenen, nach einigen Einschätzungen kamen hunderte Tausend Iraker ums Leben.

Trotz gigantischer, billionenfacher Ausgaben endete die US-Mission in Afghanistan mit Scheitern. Ein trübes Ergebnis des seit 20 Jahren dauernden „Kriegs gegen Terrorismus“ war ein hastiger Rückzug der Amerikaner und anderer Teilnehmer der von ihnen geleiteten Koalition aus Kabul im August dieses Jahres.

Bislang kann Libyen nach der Nato-Operation zum „Schutz der Zivilbevölkerung“ nicht zu sich kommen, wo – bei allen Besonderheiten der sozialpolitischen Ordnung der ehemaligen Dschamahiriyya – Stabilität aufrechterhalten wurde und würdige Lebensbedingungen für die Bevölkerung gewährleistet wurden. Diese schlecht berechnete Gewaltaktion führte unter anderem zu einer unkontrollierbaren Ausbreitung der Waffen und Terroristen in der ganzen Sahara-Sahel-Region.

Man kann weiter Beispiele anführen, die die Doppelsinnigkeit der Inspiratoren des „Gipfels für Demokratie“ ans Licht bringen. Doch ob man das machen soll?

Russland, dem von unseren westlichen Kollegen in der letzten Zeit beinahe alle tödlichen Sünden zur Last gelegt werden, baut seinen außenpolitischen Kurs anders aus. Wie drängen niemandem eigenes Entwicklungsmodell auf. Wir respektieren die kulturell-religiöse Identität und Besonderheiten des politischen Systems jedes Staates, das Recht jeder Nation, ihren Weg selbstständig zu bestimmen. Wir werden niemandem eigene Vorstellung vom Leben diktieren. Auf der internationalen Arena: #UnsereRegelnUN-Charta.

Russland strebt eine ausgewogene, stabilisierende Rolle in der globalen Politik an. Wir verteidigen die souveräne Gleichheit der Staaten, Nichteinmischung in ihre inneren Angelegenheiten, Nichtanwendung der Gewalt bzw. Drohung mit Gewalt, friedliche Regelung der Streitigkeiten. Wir treten für internationale Beziehungen ein, die auf einer friedlichen Koexistenz, Zusammenarbeit und Solidarität, allgemeinen gleichen Sicherheit und gerechten Verteilung der Wohltaten der Globalisierung beruhen.

Russland ist eine Weltmacht, deren Identität eurasische und europäische Wurzeln sind und die ihren Entwicklungsweg nicht ausschließlich mit transatlantischen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Klischees in Verbindung setzt. Wir sind nicht mit einer aggressiven Implementierung der so genannten „neuen Ethik“, die die von traditionellen Religionen festgelegten Normen der Moral, die im Laufe von Jahrhunderten von der Menschheit geehrt werden, zerstört, einverstanden.

Mit einem nicht konfrontativen, ausgewogenen außenpolitischen Kurs streben wir die Schaffung der Möglichkeiten für eine ungehinderte Entwicklung aller Teilnehmer des internationalen Lebens an. Wir kopieren nicht das Beispiel der Länder des Westens und dringen nicht in ihre innere Tagesordnung ein – wenn die dort wohnenden Menschen bzw. ein Teil von ihnen damit einverstanden sind, dem Kurs auf die Zerstörung der traditionellen geistlich-moralischen Werte zu folgen, löst das bei uns Bedauern aus, aber nichts mehr.

Wir treten für einen interkulturellen, zwischenreligiösen und zwischenzivilisatorischen Dialog als ein wichtiges Instrument der Bildung einer vereinigenden Tagesordnung, Erweiterung des Raumes des Vertrauens in den Beziehungen zwischen den Staaten und Gesellschaften ein.

Zur Lösung der aktuellen Probleme der heutigen Zeit rufen wir alle ausländischen Partner dazu auf, sich nicht mit scheinbarer Demokratisierung zu befassen, keine neuen Trennungslinien zu zeichnen, sondern zur Einhaltung der Völkerrechtsnormen zurückzukehren und in der Praxis das in der UNO festgelegte Prinzip der souveränen Gleichheit der Staaten anzuerkennen. Es verkörpert die Grundlage einer demokratischen Weltordnung, die die USA und ihre Verbündeten nicht anerkennen.

Jetzt, wenn die Menschheit gegen die Covid-19-Pandemie und ihre Folgen kämpft, ist die Zusammenarbeit aller Staaten bei strikter Einhaltung der in der UN-Charta festgelegten Prinzipien wie nie zuvor gefragt.

Wir werden den Verlauf des „Gipfels für Demokratie“ aufmerksam verfolgen.