Viktor Orbán und sein Freund Wladimir Putin
Viktor Orbán Facebook

Dieser Artikel folgt auf:
 1. „Russland will die USA zwingen, die UN-Charta zu respektieren“, 4. Januar 2022.
 2. „Washington setzt den RAND-Plan in Kasachstan fort, dann in Transnistrien“, 11. Januar 2022.
 3. „Washington weigert sich, auf Russland und China zu hören“, 18. Januar 2022.
 4. „Washington und London, von Taubheit getroffen“, 1. Februar 2022,
 5. „Washington und London versuchen, ihre Dominanz über Europa zu bewahren“, 8. Februar 2022.

Nach dem Durchsickern der Antworten der NATO und der Vereinigten Staaten auf den russischen Vorschlag für einen Friedensgarantievertrag, prangert das Vereinigte Königreich den Angriff der russischen Armee auf die Ukraine am Mittwoch, den 16. Februar (Uhrzeit nicht angegeben) an. Viele NATO-Mitgliedstaaten entsenden Truppen und Waffen in die Ukraine und rund herum, während andere Bündnismitglieder ihre Führer zu einem Treffen mit den russischen Behörden nach Moskau schicken.

Wladimir Putin und Emmanuel Macron (8. Februar 2022).
Kreml

Emmanuel Macron setzt sich selbst in Szene

Die wichtigste Reise war die des französischen Präsidenten und zugleich Präsident des Europäischen Ministerrates, Emmanuel Macron. Er fuhr zum Kreml mit der Idee, die Dinge zu beruhigen und einen unnötigen Krieg um die Ukraine zu vermeiden. Seine Reise entsprach der seines Vorgängers Nicolas Sarkozy während des Krieges in Georgien: nichts tun, aber den Eindruck erwecken, den wilden russischen Bären aufzuhalten, obwohl dieser bereits zufrieden war.

Präsident Wladimir Putin hatte nicht die Absicht, nicht das Geringste mit ihm zu verhandeln, da der vorgeschlagene Vertrag nur die Vereinigten Staaten betrifft. Da der kleine Franzose jedoch kam, um Themen zu diskutieren, die er nicht beherrscht, erklärte der Meister des Kremls, der sich seit 24 Jahren mit ihnen beschäftigt, sie ihm gerne näher. Er erwartete keine Reaktion, und begnügte sich ihm das Unbehagen seiner Position zu zeigen: Präsident Macron konnte seinen NATO-Oberherrn nicht verraten und plötzlich französische Interessen verteidigen, die er ständig vernachlässigt hat.

Das Gespräch dauerte fünf Stunden, ein Beweis für die Bedeutung, die Russland Frankreich beimisst. Natürlich kam nichts dabei heraus, außer, bei der abschließenden Pressekonferenz, die Mahnung, dass Russland eine Atommacht ist. Wie auch immer, Präsident Macron hoffte verkünden zu können, dass er den Frieden gerettet habe. Bei seiner Rückkehr nach Paris erklärte er, dass eine Einigung erzielt worden sei und dass Russland nicht in die Ukraine einmarschieren werde, was der Kreml seit Wochen ja regelmäßig ausposaunt. Unglücklicherweise antwortete Kremlsprecher Dimtry Peskov sofort, dass die beiden Präsidenten nichts verhandelt und daher auch nichts beschlossen hätten.

Da Frankreich kein anderes Mittel hat, als die Verhandlungen zur Stabilisierung der Ukraine, organisierte es Treffen im "Normandie-Format" (Ukraine, Russland, Frankreich, Deutschland). Das Ergebnis war im Voraus bekannt: Die Minsker Vereinbarungen zwischen der Kiewer Regierung und den Separatisten der beiden Oblaste Donezk und Luhansk werden immer noch nicht umgesetzt, weil Kiew, obwohl unterzeichnet, sie jedoch ablehnt. Unter keinen Umständen will Kiew einen Sonderstatus für seine russischsprachige Bevölkerung verkünden. Unterdessen geht das Gesetz so weit, dass es selbst den Russisch-Unterricht, in einem Land, das halb russischsprachig ist, verbietet.

Jede Regierung, wo auch immer auf der Welt, hätte diese legitime Forderung akzeptiert. Kiew erklärt seine Weigerung damit, dass es daran erinnert, dass es die Abkommen unter Druck unterzeichnet, aber nie gewollt habe. Die Separatisten weisen dagegen darauf hin, dass die ukrainische Armee, die vor ihnen stationiert ist, das Asowsche Bataillon umfasst, das Nazi-Symbole schwingt und vom selbsternannten "Weißen Führer", Oberst Andrey Biletsky, kommandiert wird. Und diese Leute, die von den Söldnern von Erik Prince (dem Gründer von Blackwater) beaufsichtigt werden, schreien, dass sie diese ‚Russkis‘, die sie ununterbrochen bombardieren, vernichten werden. Deshalb haben die Separatisten ihre Unabhängigkeit proklamiert, die leider niemand anerkannt hat, nicht einmal die Russische Föderation.

Frankreich hätte wohl verlangt, dass die Ukraine ein wenig Ordnung in ihre Armee bringt, aber davon kann keine Rede sein. Erik Prince fungiert als privater Auftragnehmer, aber jeder weiß, dass er dies auf Anweisung der CIA tut, die einst Andrey Biletsky und einige andere benutzte, um Präsident Viktor Janukowitsch im Jahr 2014 zu stürzen. Der Kreis schließt sich, die Situation ist unlösbar.

Olaf Scholtz und Joe Biden: ein wirklich langes, zu langes Gespräch (7. Februar 2022).
Bundeskanzler

Olaf Scholz zögert

Bundeskanzler Olaf Scholtz besuchte Washington. Er glaubt nicht mehr als die Franzosen an einen wahrscheinlichen Krieg in der Ukraine, befürchtet aber, dass die Vereinigten Staaten unter dem einen oder anderen Vorwand die Gaspipeline Nord Stream 2 verbieten werden. Diese ist jedoch für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands von wesentlicher Bedeutung. Nord Stream 2 wird die Gaspipeline quer durch die Ukraine nicht ersetzen, sondern nur den steigenden Energiebedarf decken. Ohne sie wird die Industrie nicht mehr ebenso viel produzieren können.

Die Situation seines Landes ist insofern sehr schwierig, als es mehr als 40.000 US-Soldaten in hypersicheren Stützpunkten beherbergt und sie Extraterritorialität besitzen. Deutschland, das offiziell nicht mehr besetzt ist, ist nicht Herr bei sich zu Hause. Darüber hinaus hat das Land seine Verteidigung der NATO anvertraut und seine Armee vernachlässigt. Es erfüllt in diesem Bereich nicht einmal die Verpflichtungen des Atlantischen Bündnisses. Wenn es sich den Vereinigten Staaten in den Weg stellen müsste, würde es nur ein paar Stunden durchhalten.

Um seine Regierung zu bilden, musste sich der Sozialist Olaf Scholtz mit den Grünen verbünden, der seit Joschka Fischer und den Jugoslawienkriegen atlantischsten Partei Europas. Er war gezwungen, Annalena Baerbock zur Außenministerin zu ernennen; eine Umweltschützerin, die gegen alles Russische kämpft, einschließlich Gas.

Bundeskanzler Scholz unterhält daher die Mehrdeutigkeit. Im Weißen Haus wiederholte er immer, dass sein Land und die Vereinigten Staaten immer an einem Strang ziehen würden, vermied jedoch sorgfältig zu sagen, was sie tun würden. Die politische Klasse der USA betrachtet ihn nun mit Misstrauen.

"Russisches Gas ist eine Reduzierung der Gemeinkosten!"
Facebook Victor Orbán

Viktor Orbán jubelt

Der ungarische Ministerpräsident, der Christdemokrat Viktor Orbán, der kürzlich noch als "Faschist" dargestellt wurde, beglückwünscht sich für seine atypische Stellungnahme. Er ist der einzige Führer eines europäischen Landes und der NATO, der eine lange persönliche Freundschaft mit Wladimir Putin unterhält. Die beiden Männer treffen sich freundschaftlich mindestens einmal im Jahr (außer während des Covid-Ausbruchs).

Viktor Orbán begann in Politik mit dem Kampf für die Unabhängigkeit Ungarns von den Sowjets, aber er war nie antirussisch, was die Amerikaner nicht verstehen. Es ist jedoch ganz einfach. Durch die Übernahme der Breschnew-Doktrin hatte die UdSSR den Warschauer Pakt gezwungen, das Äquivalent der NATO zu werden: ein Oberherr und Vasallen. Aus dem gleichen Grund hat er gegen die Sowjets gekämpft und ist jetzt empört über das Verhalten der NATO.

Ende 2021 verhandelte er mit seinem Freund Wladimir über die Energieversorgung seines Landes. Zuerst die Erweiterung eines Kernkraftwerks durch Rosatom, um seinen gesamten Strombedarf zu decken, dann den Kauf des gesamten Gases, das für 16 Jahre benötigt wird, fünfmal billiger als die Marktpreise dieser Zeit. Zudem erwirkte er den Bau einer großen Eisenbahnlinie und die Herstellung des Impfstoffs Sputnik V (im Sinne von Pasteur) gegen Covid.

Ministerpräsident Orbán hat nie sein Veto gegen die antirussischen Sanktionen der Europäischen Union eingelegt. Das wäre in seinen Beziehungen zu Brüssel zu viel und ohnehin nutzlos gewesen, da Moskau diese Sanktionen nutzt, um seine Wirtschaft neu auszurichten, ohne autoritäre Maßnahmen ergreifen zu müssen. Dagegen lehnte er den Beitritt der Ukraine zur NATO, der die Zustimmung jedes Mitgliedstaates erfordert, entschieden ab. In diesem Punkt wählte er als Argument die Weigerung Kiews, die Minsker Vereinbarungen umzusetzen und die russische Sprache anzuerkennen.

Tatsächlich ist es nun er, der die Rolle von Präsident Charles De Gaulle von 1966 spielen könnte: sein Land aus dem integrierten Kommando herauszuholen und gleichzeitig Unterzeichner des Nordatlantikvertrags zu bleiben. Seine drei Partner der Visegrád-Gruppe, Polen, Tschechien und die Slowakei beobachten ihn aus dem Hintergrund.

Das Kroatien des Sozialdemokraten Zoran Milanović hat bereits deutlich gemacht, dass es sich nicht an einem NATO-Krieg gegen Russland beteiligen würde. Das Nordmazedonien des Sozialisten Dimitar Kovačevski hat Moskau seine Unterstützung zugesagt. Das Pentagon erkennt die Gefahr: Die Einheit des Atlantischen Bündnisses ist erschüttert. Es beginnt bereits, seine Stützpunkte in Europa rechtlich zu sichern. Es hat gerade einen Mietvertrag mit Extra-Territorialität in der Slowakei unterschrieben. Es nimmt gerade auch bilaterale Verhandlungen mit Dänemark auf, um ein Abkommen für Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich außerhalb der NATO abzuschließen.

Übersetzung
Horst Frohlich