In einem Artikel in der New York Times (vom 19. April 2003) berichtete die Journalistin Emily Eakin von einem Symposium der University of Chicago, das einberufen wurde, um die Auswirkungen von (politischen) Theorien (im Allgemeinen) zu bewerten. Bei einer der Sitzungen dieses Kolloquiums, an dem eine Reihe von Superstars der Geisteswissenschaften teilnahmen, fragte ein Student: "Welchen Sinn hat die Theorie, wenn wir tatsächlich zugeben, dass Noam Chomskys Handlungen für die Welt wichtiger sind als alle Schriften kritischer Theoretiker zusammen?"
(John Spayde, Chefredakteur, UTNE Reader, November-Dezember 2004.)

Noam Chomsky ist US-Amerikas prominentester Kritiker imperialer Abenteuer, und das seit mehr als dreißig Jahren. Dies ist wahrscheinlich der einzige Punkt, über den sowohl bei seinen treuen Anhängern (die Legion sind), als auch bei seinen ebenso leidenschaftlichen Kritikern, wenn auch viel weniger zahlreich, Einhelligkeit herrscht. Sein Übergewicht in diesem Bereich ist so außergewöhnlich, so völlig ohne Präzedenzfall, dass es sehr schwierig wäre, einen Konkurrenten zu finden, der ihm das Wasser reichen könnte. Dies ist eine beträchtliche Anerkennung, besonders für jemanden, der manchmal als "Ikone" bezeichnet wurde, obwohl er sich dagegen wehrte"... [1]

Seitdem man von ihm spricht, ist Chomsky trotz seiner zurückhaltenden und monochordigen-Sprache alles, was man will, außer ein großer Schüchterner. Bei genauerem Hinsehen stellt sich jedoch heraus, dass er seine herausragende Stellung weniger seiner Gelehrtheit, als vielmehr seinem intellektuellen Schaffen als solchem verdankt, das Dutzende Werke – dreißig in den letzten dreißig Jahren – sowie Hunderte von Reden und Interviews umfasst.

Auf dem Gebiet der Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten, Israel und Palästina, gibt es mit Chomsky eine Art von einem wirklichen virtuellen Tsunami, der wie eine riesige Welle auf die authentisch akademische Arbeit einbricht, wenn sie seinen politischen Positionen zum Nahen Osten widerspricht. Nämlich, namentlich: dass Israel als strategischer Aktivposten für die Vereinigten Staaten dienen würde und dass die Israel-Lobby (in erster Linie, die Aipac) sich auf eine Interessengruppe reduzieren würde, die allen anderen Interessengruppen ähnelt, abgesehen von der Tatsache, dass sie versuchen würde, die amerikanische Politik im Nahen Osten zu ändern. Zur Unterstützung dieser beiden Axiome – ich werde es beweisen – liefert Chomsky nur außerordentlich lückenhafte Beweise. Was die Elemente betrifft, die seine Theorie untergraben könnte, eliminiert er sie, glatt und einfach...

Dennoch gelang es Chomsky, eine Denkweise zu gründen. Es hat sich eine fast religiöse Unterstützung von Tausenden von Anhängern auf der ganzen Welt gewonnen. Gleichzeitig ist er zum bevorzugten Objekt des Hasses von Menschen geworden, die die globale politische Agenda der Vereinigten Staaten, ihre "globale Agenda" sowie die Herrschaft ihres jungen Stellvertreters – Israel – über die Palästinenser unterstützen und rechtfertigen. Wer sonst außer Chomsky könnte sich der Existenz von Blogs rühmen, die sich ausschließlich Angriffen auf seine verehrte Person widmen?

Was allgemein weniger bekannt ist, ist die Tatsache, dass er selbst zugibt, seit seiner frühesten Kindheit ein Zionist gewesen zu sein (in einer der allerersten Bedeutungen dieses qualifizierenden Wortes, das heißt, dass er für die Schaffung einer jüdischen Heimat in Palästina war - eines binationalen Staates und nicht eines ausschließlich jüdischen Staates) und dass, wie er vor dreißig Jahren schrieb: "Zweifellos verzerrt meine persönliche Geschichte meine Darstellung dieses Problems [2]... Es ist daher absolut notwendig, eine Bestandsaufnahme des Ausmaßes dieser Verzerrung zu machen, wenn man die absolut erstaunlichen Stellungnahmen verstehen will, die Chomsky als Reaktion auf den israelisch-palästinensischen Konflikt eingeschlagen hat...

Angesichts der Konstanz und der Perversität der Angriffe auf Chomsky durch seine "rechten" Kritiker geht man wie auf Glatteis, wenn man unternimmt, ihn anzugreifen, und wenn man sich "links" situiert. Schwerwiegende Fehler in Chomskys Analyse und Rückblick auf die Geschichte anzuprangern, bedeutet mit ziemlicher Sicherheit, Vorwürfe von denjenigen auf sich ziehen, die – bis zur extremen Strenge – mit der Natur dieser Kritik einverstanden sein könnten, aber die seit so vielen Jahren – oft wegen einer persönlichen Freundschaft – so eifersüchtig auf Chomskys Ruf geworden sind, dass sie nicht nur nie öffentlich den geringsten wesentlichen Fehler seinerseits in Frage gestellt haben, weder sachlich noch interpretativ, aber sogar gewaltsam die Versuche anderer Personen in diese Richtung zurückgewiesen haben, indem sie nicht versäumten, sie als "persönliche Rache" zu bezeichnen...

Chomsky selbst ist nicht mehr als seine Fans dazu geneigt, jegliche Kritik an ihm zuzugeben. Wie einer seiner Kritiker es ausdrückte: "Seine Haltung gegenüber denen, die mit ihm nicht einverstanden sind, ist zu einem sehr großen Teil eine Haltung der reinen Verachtung. Der einzige Grund, warum diese Kritiker nicht in der Lage wären zu sehen, dass das, was er sagt, die klare Wahrheit ist, ist, dass es sich nur auf die eine oder andere Weise um moralisch defizitäre Menschen handeln könnte.“ [3]

Obwohl ich Chomsky bereits dafür kritisiert habe, dass er den Einfluss der Pro-Israel-Lobby auf Washingtons Nahostpolitik heruntergespielt hat [4], habe ich aus den genannten Gründen gezögert, eine Kritik an seinem gesamten Ansatz zu schreiben. Nichtsdestotrotz war ich davon überzeugt, dass er ironischerweise, während er die wohl umfassendste Dokumentation der Verbrechen Israels lieferte, gleichzeitig die Entwicklung ernsthafter Bemühungen, diesen Verbrechen ein Ende zu setzen und eine wirksame Bewegung im Dienste der palästinensischen Sache aufzubauen, gelähmt – wenn nicht sogar absichtlich sabotiert – hatte.

Übertreibe ich? Wohl kaum: Viele von Chomskys Aussagen zeigten seine Entschlossenheit, Israel und die Israelis vor Sanktionen oder größeren Unannehmlichkeiten zu schützen, denen sie aufgrund ihrer absolut phänomenalen Übertretungen dessen, was anständiges menschliches Verhalten sein sollte, hätten ausgesetzt werden müssen, was ja Chomsky selbst seit Jahren leidenschaftlich dokumentiert hat. Dies ist einer der offenkundigen Widersprüche in seinem Handeln: Er würde uns glauben machen wollen, dass Israels Besatzung und extrem brutale Aktionen gegen die Palästinenser, seine Einfälle, seine vierzig Jahre unerklärten Krieg gegen den Libanon und die Tatsache, dass es während des Kalten Krieges mörderische Regime in Mittelamerika und Afrika bewaffnete, das Werk eines Klientelstaates im ausschließlichen Dienst der amerikanischen nationalen Interessen gewesen sei. Aus Chomskys Sicht würde dies Israel von jeglicher Verantwortung freisprechen. Diese grundsätzliche Stellungnahme ist leider ein konstitutiver Teil der offiziellen Chomsky-Doktrin.

Es schien mir wichtig, eine kritische Studie seines Werkes durchzuführen, nachdem ich ein Interview gelesen hatte, das er im vergangenen Mai Christopher J. Lee von der Zeitschrift Safundi: The Journal of South African and American Comparative Studies gab, online verfügbar auf der Znet-Website [5].

Ganz natürlich ging es in der Diskussion um die Frage der Apartheid und Chomsky wurde gefragt, ob er den Begriff für Palästinenser unter israelischer Herrschaft dafür in Betracht ziehen würde (oder nicht). Er antwortete:

"Ich benutze diesen Begriff selbst nicht, um ehrlich zu sein. Genauso wie ich den Begriff "Imperium" nicht [häufig] benutze, weil dies einfach provokante Begriffe sind ... Ich denke, wir sollten uns an die Beschreibung der Situation halten, ohne sie mit anderen zu vergleichen. »

Jeder mit Chomsky vertraute Leser wird erkennen, dass er mit aufrührerischen Begriffen nicht geizt und dass der Vergleich einer historischen Situation mit einer anderen historischen Situation seit langer Zeit zu seinem Modus Operandi gehört... Seine Antwort, in diesem Fall, war beunruhigend. Viele israelische Akademiker und Journalisten, wie Ilan Pappe, Tanya Reinhart und Amira Hass, haben die Situation der Palästinenser als Apartheid-Regime beschrieben. Bischof Desmond Tutu tat dasselbe, und im vergangenen Jahr berichtete die israelische Tageszeitung Ha’aretz, dass der südafrikanische Rechtsprofessor John Dugard, der UN-Sonderberichterstatter für die Lage der Menschenrechte in den besetzten palästinensischen Gebieten und ehemaliges Mitglied der Wahrheits- und Versöhnungskommission seines Landes, in einem Bericht an die UN-Generalversammlung schrieb, dass „in den (von Israel besetzten palästinensischen) Gebieten ein "Apartheid-Regime herrsche, das viel schlimmer ist als das, das einst in Südafrika existierte. [6]

Chomsky erklärte seine Meinungsverschiedenheit:

"Die Apartheid war ein besonderes System und eine besonders berüchtigte Situation... Dieser Begriff wird nur evoziert, um ein rotes Tuch zu schwenken, während wir uns sehr wohl damit begnügen können, die Situation ganz einfach zu beschreiben (wie sie ist) ... »

Seine Abneigung, Israels Kontrolle über die Palästinenser als "Apartheid" zu bezeichnen, da dies als "Agitation eines roten Lappens" wahrgenommen werden könnte, sowie die Tatsache, diese Bezeichnung als "Provokation" zu qualifizieren, war schon an und für sich, ein rotes Tuch und welches Fragen aufwarf, die vom Interviewer hätten gestellt werden sollen, einschließlich der Frage, wer genau, durch das "rote Tuch" provoziert werden würde, das jeden Verweis auf "Apartheid" im Falle Israels darstellen würde, und welche Einwände Chomsky dagegen erheben könnte?

Es gab einen noch beunruhigerenden Austausch, später, während desselben Interviews, als Chomsky gefragt wurde, ob Sanktionen gegen Israel verhängt werden könnten, wie es in Südafrika der Fall war? Er antwortete:

"Sanktionen schaden der Bevölkerung. Sanktionen können erst verhängt werden, wenn die Bevölkerung sie selbst fordert. Das ist eine moralische Frage. Das Wichtigste im Falle Israels ist also: Fordert die (israelische) Bevölkerung Sanktionen? Nun, offensichtlich lautet die Antwort: "Nein!" »

Offensichtlich: "nein"... Aber ist es akzeptabel, eine Entscheidung dieser Art auf der Grundlage dessen zu treffen, was eine Mehrheit der Israelis will (oder nicht will)? Israel ist, soweit ich weiß, keine Diktatur, deren Bevölkerung von Angst betäubt ist und daher nicht für die Handlungen ihrer Regierung verantwortlich gemacht werden kann. Israel hat eine sehr weitgehend unabhängige und lebendige Presse und eine "Volksarmee", in der alle israelischen Juden (mit Ausnahme der Ultraorthodoxen) dienen müssen und die Gegenstand quasi religiöser Ehrfurcht seitens der israelischen öffentlichen Meinung ist. Im Laufe der Jahre hat die Mehrheit der Israelis auf ihre eigene demokratische Weise die Aktionen ihrer Regierung gegen Palästinenser und Libanesen konsequent unterstützt und daran teilgenommen; Handlungen, die nicht nur rassistisch waren und sind, sondern auch gegen die Genfer Konventionen verstoßen haben – und weiterhin verstoßen.

Chomsky erklärte seine Position:
 "Hier Sanktionen zu fordern, während die Mehrheit der Bevölkerung nicht versteht, was Sie tuen, ist taktisch absurd – selbst wenn diese Sanktionen moralisch gerechtfertigt waren, was ich (übrigens) nicht glaube. Das Land, gegen das Sanktionen verhängt würden, beansprucht sie nicht. »

Der Interviewer Lee, verblüfft über diese Antwort – verständlich – fragte ihn dann:
 "Die Palästinenser fordern keine Sanktionen? »
 Chomsky: "Aber die Sanktionen würden nicht gegen die Palästinenser verhängt werden (soweit ich weiß?!); sie würden den Israelis aufgezwungen werden! ... »
 Lee: "Richtig!... [Was Sie also meinen, ist, dass] die Israelis keine Sanktionen fordern... »

Diese Reaktion beunruhigte auch den palästinensischen politischen Analysten Omar Barghuthi, der zwar in Chomsky taktvoll einen "herausragenden Unterstützer der palästinensischen Sache" anerkannte, aber tapfer das Wort ergriff, um den Chomsky’schen Sticheleien den Garaus zu machen:

"Von allen Anti-Boykott-Argumenten spiegelt dieses entweder erschütternde Naivität oder absichtliche intellektuelle Unehrlichkeit wider. Werden wir beurteilen, ob gegen eine Kolonialmacht Sanktionen verhängt werden sollen (oder nicht), die auf der Meinung der unterdrückenden Mehrheit des Volkes basiert? Bitte, jemand sage mir doch, ob man sich noch um ein unterdrücktes Volk kümmert? [7]

Anscheinend ist dies für Chomsky nicht der Fall. Aber man hatte noch nicht alles gesehen, in Bezug auf Absurditäten:

"Darüber hinaus sind diese Sanktionen unnötig. Wir sollten gegen die Vereinigten Staaten Sanktionen fordern, also da: Okay! Wenn die Vereinigten Staaten ihre massive Unterstützung für diese Politik einstellen würden, würde dies schnell der Vergangenheit angehören. In diesem Fall hätten Sie keine Notwendigkeit, Sanktionen gegen Israel zu verhängen. Es wäre so, als würde man Sanktionen gegen Polen verhängen, das den Russen unterliegt, wegen dem, was die Polen tun. Das wäre völlig absurd. In diesem Fall sind die Russen wir [= die US-Amerikaner Anm.d. Ü]."

Erstens: Was meint Chomsky, wenn er sagt, dass "diese Sanktionen nutzlos sind"? Er wusste sicherlich, als er diesem Journalisten antwortete, dass Israel durch den Bau einer acht Meter hohen Mauer, die zu Recht als "Apartheidmauer" bezeichnet wird, die Konfiszierung neuen palästinensischen Landes beschleunigte und seine ethnische Säuberung fortsetzte, die lange vor 1947 begann. Und dass das Einzige, was dies stoppen konnte, der Druck der öffentlichen Meinung war.

Zweitens, wenn es eine beträchtliche Unterstützung für Sanktionen gegen die Vereinigten Staaten gäbe und wenn diese Sanktionen möglich wären, würde ihre Anwendung nicht gegen die von Chomsky für eine solche Operation festgelegten Standards verstoßen? Hat er nicht gerade gesagt, dass die Mehrheit der Bevölkerung dafür sein müsse? Anscheinend hat er nicht die gleichen Kriterien wie für die Israelis, wenn es um die Amerikaner geht. Was die Wünsche der Palästinenser betrifft, so sollten wir nicht über sie sprechen!...

Und schließlich, während er dem Journalisten gerade gesagt hatte, dass er nicht gerne vergleiche, was bedeutet seine Anspielung auf das Verhältnis zwischen Polen und der ehemaligen UdSSR ("Russland", in Chomsky-Art im Text), die er in die gleiche Kategorie einordnet wie die zwischen Israel und den Vereinigten Staaten? Er bezog sich auf die Einführung von Sanktionen gegen Polen durch die Reagan-Regierung im Jahr 1981, nachdem das Ostblockland als Reaktion auf den Aufstieg der Solidarność-Bewegung das Kriegsrecht eingeführt hatte. Die Rolle, die die UdSSR bei dieser Entscheidung gespielt hat, war sicherlich Gegenstand von Debatten. Klar ist jedoch, dass es keine ernsthafte Grundlage für einen solchen Vergleich gibt.

Im Nachhinein war es jedoch nicht verwunderlich. In den 1980er Jahren stellte Chomsky die israelisch-amerikanischen Beziehungen in die gleiche Kategorie wie die Beziehungen zwischen den USA und Salvador, zu einer Zeit, als die Reagan-Regierung eine Marionettenregierung in El Salvador gegen FMLN-Guerillas unterstützte. Ohne dass es ihm peinlich ist, solchen Unsinn geäußert zu haben, wiederholt Chomsky ihn [8]. Schon damals zeigte er eine unerschütterliche Entschlossenheit, die Vereinigten Staaten für Israels Handlungen verantwortlich zu machen. Darauf hinzuweisen bedeutet in keiner Weise, die Vereinigten Staaten oder ihre berüchtigte Geschichte des globalen Verbrechens zu verteidigen – völlig unvertretbar – sondern es geht einfach darum, die tiefen Mängel zu enthüllen, die Chomskys Darstellung der Welt innewohnen.

Für den Fall, dass mir etwas entgangen wäre, habe ich an Chomsky geschrieben und ihn gebeten, mir zu erklären, was die polnisch-sowjetischen Beziehungen mit den israelisch-amerikanischen Beziehungen gemeinsam hatten? Er weigerte sich, auf diesen Punkt zu antworten. Aber auf meine Fragen über seine Tendenz, Israels Belastung immer zu parieren, antwortete er jedoch:

"Ich unterstütze auch nicht Versuche, andere als uns [einschließlich Israel] dessen zu beschuldigen, was wir tun. Es ist kleinlich, es ist feige. Es ist zugegebenermaßen ein Notnagel... Aber ich funktioniere nicht auf diese Art. Genau darum geht es. Und sonst nichts [9]. »

Wirklich? Ist die Beschuldigung Israels "kleinlich, feige und ein Notnagel"? Wäre sein Primärwunsch nicht, Israel und die Israelis vor jeglichem Ärger zu schützen? Das ist nicht sehr klar in dieser Antwort, die Chomsky mir privat gegeben hat. Aber seine öffentlichen Bemühungen, das Desinvestitionsprogramm zu sabotieren, das auf dem Universitätsgelände aufblüht, lassen keinen Raum für Zweifel daran, wem seine Sympathien zugehen.

Chomsky lehnt den Boykott von Investitionen in Israel ab

Während eines Dialogs mit der Leserschaft der Washington Postwurde Chomsky von einem Leser befragt:

"Warum haben Sie eine Petition unterschrieben, in der Sie das MIT [Massachusetts Institute of Technology] auffordern, Investitionen in Israel zu boykottieren, da Sie seitdem ein Interview gegeben haben, in dem Sie Ihre Ablehnung solcher Investitionsboykotte erklären? Was war – oder wie stehen Sie heute – zu den Vorschlägen, diese Investitionen zu boykottieren?»

Antwort von Chomsky:

"Wie es in Cambridge allen Beteiligten bekannt ist, war ich der entschiedenste Gegner dieser Desinvestitionspetition und habe mich tatsächlich geweigert, sie zu unterzeichnen, bevor sie nicht grundlegend geändert wurde, nach Prinzipien, die Sie lesen können, wenn Sie möchten. Der Abschnitt über "Desinvestition" wurde auf drei völlig bedeutungslose Wörter reduziert, die nichts mit dem Hauptgegenstand der Petition zu tun hatten. Ich dachte, dass diese drei Wörter, die nichts bedeuteten, auch gestrichen werden sollten... Was Ihre letzte Frage betrifft, so war und bin ich ausnahmslos entschieden gegen eine solche Maßnahme, wenn ich die Bedeutung Ihrer Frage richtig verstehe. Erklären Sie mir [übrigens], wie jemand ’Investitionen in Israel boykottieren’ könnte" [10].

Ich werde davon ausgehen, dass Chomsky sehr gut verstanden hat, worauf sein Gesprächspartner angespielt hatte, nämlich: Amerikanische Investitionen in israelische Unternehmen und in israelische Staatsanleihen, die von amerikanischen Arbeitergewerkschaften finanziert werden und die viele Staaten und Universitäten in den Vereinigten Staaten erworben haben, in Höhe von mehreren hundert Millionen Dollar. Diese Käufe zwingen diese Institutionen eindeutig, zu lobbyieren, um sicherzustellen, dass die israelische Wirtschaft, egal was passiert, ihren Kopf über Wasser hält. Aber darüber, Chomsky spricht nicht darüber... Darüber hinaus wird es in seinen Werken nie erwähnt...

Der Redner bezog sich auf eine Rede, die Chomsky am Harvard Department of Anthropology gehalten hatte, kurz nachdem das MIT und die verschiedenen Harvard-Fakultäten eine gemeinsame Erklärung zur Desinvestition abgegeben hatten. Dies wurde (nicht ohne Jubel) im Harvard Crimson Journal vom pro-israelischen Aktivisten David Weinfeld unter dem Titel: "Chomsky’s Geschenk" berichtet:

"Der MIT-Linguistik Professor Noam Chomsky hat gerade allen Gegnern der Desinvestitionskampagne gegen Israel das beste Geschenk von Chanukka gemacht. Indem Chomsky vor einigen Monaten den Appel des MIT und von Harvard unterzeichnete, der zur Desinvestition aufrief, und dann die besagte Desinvestition am 25. November in Harvard anprangerte, hat Chomsky die fragliche Petition vollständig versenkt...»

Während seiner letzten Vorlesung am Harvard Department of Anthropology sagte Chomsky:

"Ich bin, wie immer, seit Jahren dagegen... tatsächlich bin ich wahrscheinlich sogar der prominenteste Gegner von Desinvestitionskampagnen in Israel sowie akademischen Boykottkampagnen gegen dieses Land seit Jahren... »

Er berief sich auf das Argument, dass ein Aufruf zur Desinvestition darauf hinauslaufen würde, "den extremistischsten Unterstützern der US-israelischen Gewalt ein besonders willkommenes Geschenk zu machen... Dieser Boykott überschattet die grundlegenden Punkte auf der Tagesordnung und ermöglicht es ihnen, die Diskussion auf Themen wie Antisemitismus, akademische Freiheiten usw. abzulenken. [11] »

Hier begegnen wir einer der Taktiken, die Chomsky normalerweise anwendet, um seine wenigen Gegner zum Schweigen zu bringen: Er pflegt sie zu beschuldigen, Wasser auf die Mühlen der "extremistischsten Anhänger der amerikanisch-israelischen Gewalt" zu bringen.

Kontaktiert von der Cornell Daily Sun, die einen Artikel über die Desinvestment-Bewegung am MIT / Harvard vorbereitete, wiederholte Chomsky seine Einwände und "obwohl er die Existenz dieser Petition anerkannte", schrieb der Journalist, sagte Chomsky: "Mir ist keine Bewegung bekannt, die Desinvestment befürwortet. Ich hatte außerdem praktisch keine Verbindung zu irgendeiner "Bewegung", außer ihm gegenüber darauf zu bestehen, dass von einer Desinvestitionskampagne in keinem Fall die Rede sein könne.“ [12]

Zumindest können wir ihm nicht vorwerfen, dass es ihm an Beharrung mangelt... Nach der ersten Maryse Mikhail Annual Lecture [Vorlesung Anm.d. Ü] an der Universität Toledo, am 4. März 2001, wurde Chomsky gefragt:

"Halten Sie die Idee, sich für Desinvestitionen in Israel einzusetzen, so wie sie während der Apartheid-Ära gegen Südafrika befürwortet und praktiziert wurde, für eine gute Idee? »

Chomsky antwortete:

"Ich denke in dieser Hinsicht, dass die Vereinigten Staaten der erste Schuldige an diesem Problem sind und das seit mehr als dreißig Jahren. Für uns [Amerikaner], die wir für eine Desinvestition in Israel eintreten, würde es wirklich keinen Sinn machen ... Was wir tun müssen, ist Lobbyarbeit für Veränderungen in der amerikanischen Politik.
Auf der anderen Seite ist es absolut sinnvoll, darauf zu drängen, dass die USA beispielsweise keine Kampfhubschrauber nach Israel schicken. In der Tat wäre es sehr angebracht, eine Tageszeitung in den Vereinigten Staaten dazu zu bringen, einen Bericht über die Tatsache zu veröffentlichen, dass so etwas tatsächlich passiert. Das wäre ein guter Anfang. Zweitens sollten wir aufhören, Waffen zu schicken, die [von Israel] für repressive Zwecke verwendet werden. Sie können solche Schritte unternehmen; Es ist möglich. Aber ich glaube nicht, dass Desinvestition in Israel viel Sinn macht, selbst wenn eine solche Politik denkbar wäre (was übrigens nicht der Fall ist). Ich denke, unsere Hauptsorge sollte die Änderung der grundlegenden Politik der Vereinigten Staaten sein, die die Wurzel dessen ist, was wir seit Jahrzehnten sehen. Und das sollte in unserer Reichweite sein. Das ist es, was wir erreichen können sollten: die amerikanische Politik zu ändern... »

Schauen wir uns Chomskys Antwort an diesem Abend an. Nachdem er seine Ablehnung des Drucks auf Israel durch Desinvestitionen zum Ausdruck gebracht hatte, machte er keinen einzigen Vorschlag, wie die Tatsache, dass die Leute im Publikum ihre Kongressabgeordneten oder Senatoren hätten kontaktieren können, um für die Hilfe für Israel zu stimmen. Bekanntlich waren massive Appelle an den Kongress, bestimmte Finanzierungen einzustellen, sei es für den Krieg in Vietnam oder für diejenigen, die die Contras in Nicaragua unterstützten, ein grundlegendes Element in jedem landesweiten Kampf gegen die allgemeine Politik der Vereinigten Staaten. Warum sollte das nicht der Fall sein, was Palästina betrifft? Für den unwahrscheinlichen Fall, dass Chomsky jemals zu Maßnahmen gegen den Kongress aufgerufen hat, habe ich keine schriftliche Aufzeichnung dazu gefunden.

Die Aktivisten [für den Frieden] im Nahen Osten, die anschließend unter Chomskys Banner marschierten, halfen weiterhin sicherzustellen, dass Mitglieder des Kongresses – insbesondere Liberaldemokraten – keinen Preis für ihre Stimme für eine Gesetzgebung zahlen mussten, die Israel mit Milliarden von Dollar und den Waffen versorgte, mit denen es Palästinenser massakrierte, ihr Land konfiszierte und ihre illegalen Siedlungen erweiterte. Das ist es, was eine verheerende Wirkung auf die Palästinenser hatte, nicht die wenigen Dutzend bedeutungslosen Resolutionen des Sicherheitsrats, die Israel zurechtweisen, die dann doch von den Vereinigten Staaten Veto erhielten. Aber wer hätte in Chomskys Augen die Tugend, seine Position zu bestätigen, nämlich: Es wären die Vereinigten Staaten, die der Hauptschuldige wären...

Was Chomsky diesem Publikum vorschlug – dass eine Zeitung den "Verkauf" [die Anführungsstriche sind wichtig, Anm.d. Ü] von Hubschraubern nach Israel erwähnen würde – hätte diejenigen, die noch nicht von seiner charismatischen Präsenz fasziniert waren, dazu bringen sollen, mit dem Kopf zu nicken. Was die Behauptung betrifft, dass "eine Änderung der amerikanischen Politik in unserer Reichweite" wäre... Wenn Israel tatsächlich ein Trumpf für die Vereinigten Staaten ist, wie er argumentiert, wie rät Chomsky nun, dass diese Veränderung herbeigeführt wird? Abgesehen von dem Ratschlag, an den Redakteur Ihrer lokalen Zeitung zu schreiben, schlägt Chomsky überhaupt nichts vor ...

Chomsky entschuldigt Israels Verbrechen

Im vergangenen Jahr hatte Noah Cohen die Kühnheit, Chomskys Widerstand sowohl gegen eine "Ein-Staaten"-Lösung als auch gegen die Umsetzung des Rückkehrrechts der palästinensischen Flüchtlinge herauszufordern. Chomsky verteidigte seinen eigenen "Realismus" und verhöhnte Cohen als "Teilnehmer an einem Seminar nicht-beteiligter Intellektueller vom Planeten Mars..., ohne zu vergessen hinzuzufügen, dass "Diejenigen, die diese Art der Stellung einnehmen, nur der Sache extremistischer Falken in Israel und den Vereinigten Staaten dienen und den Palästinensern, die leiden, noch mehr Elend bereiten. [13]

Beachten Sie auch hier, wie Chomsky diejenigen, die mit ihm nicht einverstanden sind, beschuldigt, den Palästinensern zu schaden. Dazu gehören offensichtlich auch die Palästinenser selbst, die sich weigern, auf ihr Rückkehrrecht zu verzichten! Ihr Verbrechen besteht in Chomskys Augen darin, sich dem zu widersetzen, was er lobend als "internationalen Konsens" bezeichnet, dessen Unterstützung in seinen Augen ein "authentisches Plädoyer" darstellt. [14]

"Die grundlegende Aufgabe", sagt er, "besteht darin, sicherzustellen, dass die Meinungen und Einstellungen einer großen Mehrheit der amerikanischen Bürger in der politischen Arena vertreten sind. Im Vergleich zu den anderen Aufgaben, mit denen Aktivisten konfrontiert sind, ist diese seit langer Zeit relativ einfach." [15]

Einfach? Wer, von Chomsky oder den Leuten, die ihn kritisieren, wollen wir fragen, ob er auf dem Planeten Mars ist?!

Natürlich macht Chomsky, wie wir bereits bemerkt haben, keinen Vorschlag, wie ein solches Ergebnis erreicht werden kann, ...

Obwohl er sich nicht öffentlich rühmt, unterschrieb Chomsky tatsächlich einen Aufruf, in dem er die Aussetzung der Militärhilfe für Israel forderte. Aber dieser hatte sehr wenig Erfolg und Sustain, der Verein, der dafür am Ursprung war, tat fast alles, um ihn nicht populär zu machen. Aber das ist nicht die Art von Vorwurf, die Chomsky in seinen Büchern oder in seinen Interviews machen würde. Wie ich es ihm sagte, antwortete er:

"Das ist völlig falsch. Ich habe immer den Aufruf von Human Rights Watch und anderen Vereinen unterstützt, Israel nicht mehr zu "helfen", solange es die Menschenrechte nicht achten würde. Ich tat alles, was ich konnte, um bekannt zu machen, dass die Mehrheit der Amerikaner dafür war, jegliche Hilfe für Israel zu stoppen, solange es nicht zustimmte, ernsthafte Verhandlungen zu beginnen (worin ich mit ihnen übereinstimme) ...“ [16].

Angesichts der Art und Weise und des wenig überraschenden Ergebnisses der sogenannten "ernsthaften Verhandlungen" und angesichts des Kräfteverhältnisses, das die israelisch-palästinensische Konfrontation charakterisiert, war diese Forderung in keiner Weise ein Problem für Israel, wie Oslo und das, was folgte, uns reichlich demonstrieren sollten... Chomskys Behauptung, er habe den Aufruf von HRW unterstützt, jegliche Hilfe für Israel auszusetzen, ist jedoch das reine Produkt seiner fruchtbaren Phantasie! Dies wurde mir von einem HRW-Beamten bestätigt, der erklärte, dass diese Organisation lediglich beantragt hatte, dass die in den besetzten Gebieten ausgegebenen (Hilfs-) Mittel von der letzten Zuweisung von (US-)Kreditgarantien abgezogen würden [17]. Wie wir sehen können, ist es bei weitem nicht dasselbe. Nachdem er Chomsky darauf hingewiesen hatte, antwortete er:

"Um nur ein Beispiel zu nennen... Nehmen wir den Bericht von HRW, mit dem Titel "Die Verhöre von Palästinensern aus den von Israel besetzten Gebieten“, [Israel’s Interrogation of Palestinians from the Occupied Territories] Seite XV, die besagt, dass das US-Gesetz die Bereitstellung militärischer oder wirtschaftlicher Unterstützung für Israel wegen seiner systematischen Anwendung von Folter verbietet. [18] »

Auf meinen Einwand, dass dies nicht genau das sei, was man als "Kampagne" bezeichnen könne, antwortete Chomsky sehr jesuitisch:

"Bestimmte Handlungen als illegal einzustufen, stellt eine ausreichende Grundlage dar, um als Referenz für einen Aufruf zur Beendigung solcher Handlungen dienen zu können. Wenn Sie es vorziehen, HRW und mir nicht beizutreten, um diese Hilfe als illegal zu bezeichnen, was bedeutet, dass sie aufhören muss, dann sind Sie frei... Ihr Argument ist nicht sehr beeindruckend... [19]. »

Ich überlasse es dem Leser zu entscheiden, ob die US-Hilfe für Israel in einem einzigen, obskuren Dokument als illegal zu bezeichnen, gleichbedeutend ist mit dem Start einer groß angelegten Kampagne, um sie zu beenden!?

Drei Jahre zuvor hatte Chomsky seine Position sehr deutlich gemacht:

"Sehr praktisch, für die Vereinigten Staaten und im Allgemeinen für den Westen, Israel und insbesondere Sharon die Schuld zu geben ... Aber es ist unfair und es ist unehrlich. Viele von Sharons schlimmsten Gräueltaten wurden unter Labour-Regierungen verübt. Als Kriegsverbrecher folgt Peres ganz nahe Sharon. Darüber hinaus liegt die Hauptverantwortung [daran] bei Washington und das seit dreißig Jahren. Dies gilt für den allgemeinen diplomatischen Rahmen und auch für bestimmte detaillierte Handlungen. Israel kann [sicherlich] innerhalb der Grenzen handeln, die seine Herren in Washington gesetzt haben, aber sehr selten darüber hinaus. [20] »

Während diese Art der Aussage auch in den Augen und Ohren der "linken" Pro-Israelier etwas ist, worüber man sich freuen kann, sollte es jedem klar sein, dass Chomskys Art, die Verantwortung des jüdischen Staates für die Aufarbeitung der Nürnberger Prinzipien sowie der Genfer Konventionen zu übernehmen, eindeutig den Interessen dient ... von Israel. (Außerdem, selbst wenn man eine belastende Akte gegen Peres sammeln könnte, spielt er immer noch nicht in der gleichen Kategorie wie Sharon, in Bezug auf Kriegsverbrechen...).

Chomskys Rationalisierung der kriminellen Missetaten Israels in seinem The Fatal Triangle hätte Alarm schlagen müssen, sobald dieses Buch 1983 veröffentlicht wurde. Dieses, welches ein Jahr nach Israels Invasion im Libanon geschrieben wurde und dann die Bibel der Militanten des Nahen Ostens werden sollte, beginnt dennoch nicht mit Vorwürfen gegen Israel, die so hart sind wie die der meisten seiner Kritiker:

"In dem semantischen Krieg, der nach Israels Invasion im Libanon im Juni 1982 entfesselt wurde, wurden Kritiker israelischer Aktionen häufig der Heuchelei beschuldigt. Während die angegebenen Gründe fadenscheinig waren, war der Vorwurf selbst nicht ganz unbegründet. Es ist offensichtlich heuchlerisch, Israels Siedlungsbau in den besetzten palästinensischen Gebieten zu verurteilen, da wir [die Amerikaner] es sind, die durch Bezahlung zulassen, dass sie geschaffen und/ oder erweitert werden. Noch einmal heuchlerisch, Israel dafür zu verurteilen, dass es zivile Ziele mit Streubomben und Phosphorbomben angegriffen hat, "um die maximale Tötungs- / Angriffsausbeute zu erreichen". Obwohl wir es sind, die diese Bomben den Israelis kostenlos oder zum Freundes-Preis zur Verfügung stellen, während wir sehr gut wissen, welchen Gebrauch sie haben werden ... Oder um die "wahllose" israelische Bombardierung dicht besiedelter Gebiete oder andere militärische "hohe Taten" zu kritisieren, wenn wir nicht nur diese militärischen Mittel im Überfluss zur Verfügung stellen, sondern wir sehr nach der Hilfe verlangen, die Israel uns im Gegenzug bringt, indem es die neuesten Waffen unter den Bedingungen des Schlachtfeldes testet ... Im Allgemeinen ist es reine Heuchelei, Israels Machtausnutzung zu kritisieren und gleichzeitig mit offenen Armen die Beiträge dieses Landes zur Erreichung des Ziels der Vereinigten Staaten zu begrüßen, potenzielle Bedrohungen zu beseitigen, die sehr weitgehend indigenen Ursprungs für die amerikanische Hegemonie im Nahen Osten sind. [21] »

Ich antworte Chomsky folgendes: Es war Israel, das die PLO 1982 als Bedrohung sah, und nicht die Vereinigten Staaten! Vor allem, nachdem sich die PLO elf Monate lang strikt an einen Waffenstillstand mit dem von den USA gesponserten Israel gehalten hatte; was, wie Sie zugeben werden, ihm eine Glaubwürdigkeit verlieh, die in den Augen Israels so gefährlich war! Zweitens, auf wen bezieht sich Chomsky mit diesem "Wir"? Vielleicht waren es Präsident Reagan und einige Mitglieder des Kongresses, die eine gewisse "Besorgnis" zum Ausdruck brachten, nachdem die Medien nicht mehr in der Lage waren, die Zahl der Palästinenser und Libanesen, die durch die israelische Invasion getötet wurden, oder die fast vollständige Zerstörung des Libanon, zu verbergen. Aber Chomsky sagt das nicht. Es können nicht diejenigen sein, die auf die Straße gegangen sind, um gegen die israelische Invasion zu demonstrieren. Die beiden politischen US-Parteien [Republikaner und Demokraten] hatten sich zu der Zeit, als Israel seine Aggression startete, in einen Bieterkrieg des Applaus verwickelt, und die US-Gewerkschaft AFL-CIO hatte dasselbe getan und ging sogar so weit, für eine Werbung auf einer ganzen Seite der New York Times zu bezahlen, in der es heißt: "Wir sind nicht neutral: wir unterstützen Israel! - Aufschrift finanziert von einem israelischen Lobbyisten, der in der Park Avenue in einem ultra-schicken Viertel wohnt. Anfangs waren auch die Medien begeistert. Aber es ist dennoch selten, einen Leitartikel zu finden, der die US-Hilfe für Israel unterstützt. Dieses Thema wird sehr selten erwähnt – sozusagen nie – und so mag die Pro-Israel-Lobby die Presse: wenn sie den Mund hält! Wenn er schreibt, was er schreibt, wäre Chomsky nicht gerade dabei, uns zufällig eine Vogelscheuche zu machen, um uns abzulenken? Es scheint, leider, dass dies der Fall ist ...

Wenn wir Chomskys "Logik" übernehmen würden, wäre es unfair, indonesische, salvadorianische, guatemaltekische, haitianische oder philippinische Offiziere und Politiker der Gräueltaten an ihren eigenen Bürgern zu beschuldigen, da sie von den Vereinigten Staaten finanziert und politisch unterstützt wurden!

Es besteht kein Zweifel, dass Pinochet Meister Chomsky als Anwalt zu seiner Verteidigung einberufen wird, wenn er eines Tages vor Gericht gestellt werden soll...

Chomsky berief sich in seiner Einleitung zu seinem Buch Die Neue Intifada erneut auf die amerikanische Verantwortung für Israels Sünden und stellte fest, dass es als hohe Vertragspartei der Genfer Konventionen "Washington obliegt, Kolonisierung und Enteignung, kollektive Bestrafung und alle anderen Formen der Gewalt [Israels] zu verhindern... Infolgedessen begehen die Vereinigten Staaten eine ausdrückliche und extreme Verletzung ihrer Verpflichtungen als Unterzeichner dieser Konventionen" [22].

Ich würde dazu neigen, ihm zuzustimmen. Aber stellt die Weigerung der Vereinigten Staaten in irgendeiner Weise eine "extremere Verletzung" dar, als die wirklichen und schrecklich konkreten Verbrechen, die heute von einem anderen Unterzeichner der genannten Konventionen begangen werden, nämlich: Israel? Chomsky möchte uns geben, es zu glauben.

Der Mythos von Israel als Wächter der Ölquellen

Dieser Punkt wurde auf einer Konferenz von Chomsky in Oxford im Mai 2004 klargestellt, auf der er sich auf die Ermordung des spirituellen Führers der Hamas durch die israelische Armee in der Vorwoche bezog, als er eine Moschee in Gaza verließ. "Dies wurde berichtet, und es wurde als israelisches Attentat dargestellt; was nicht genau ist ...", sagte Chomsky, der sofort seine Gedanken klarstellte:

"Shaik Yassin wurde von einem amerikanischen Hubschrauber getötet, der von einem israelischen Piloten gesteuert wurde. Israel produziert jedoch keine Hubschrauber. Es sind die Vereinigten Staaten, die sie zu ihnen schicken, wohl wissend, dass diese Hubschrauber für solche Zwecke eingesetzt werden. Die Vereinigten Staaten liefern Waffen an Israel, obwohl sie sich völlig bewusst sind, dass diese Waffen von Israel für solche Zwecke verwendet werden und nicht, um seine Verteidigung zu gewährleisten, unter der sie exportiert wurden.»

Bis zu einem gewissen Grad hat Chomsky recht. Was in seiner Analyse fehlt, ist die Tatsache, dass er nicht den geringsten Hinweis auf Anfragen des Kongresses erwähnt – Anfragen, die von AIPAC, der offiziell in den Vereinigten Staaten registrierten Pro-Israel-Lobby, orchestriert wurden – um sicherzustellen, dass sie Israel mit diesen Hubschraubern versorgen, die Israel nutzen kann, wie es seine Generäle für angemessen halten. (Tatsächlich gibt es in Chomskys vielen Büchern über den israelisch-palästinensischen Konflikt nicht den geringsten Hinweis auf AIPAC, was eine Meisterleistung ist!) Der Eindruck, den Chomskys englische Öffentlichkeit aus dieser Konferenz gewann, war die Schlussfolgerung, dass die Ermordung von Scheich Yassin grünes Licht aus Washington erhalten hatte...

Während der wiederholte Einsatz von Hubschraubern gegen den palästinensischen Widerstand und die Zivilbevölkerung einer der kriminellsten Aspekte der Reaktion Israels auf die Intifada war, wurde die Absolution der Israelis für ihren Einsatz zu einer Art Obsession für Chomsky, wie in seiner Einleitung zur Neuen Intifada [23] und (wohl erst recht) in seinem Buch Middle East Illusions gezeigt wird.

"Am 1. Oktober [zu Beginn der al-Aqsa-Intifada] eskalierten israelische Militärhubschrauber oder, genauer gesagt, amerikanische Militärhubschrauber, die von Israelis gesteuert wurden, die Eskalation mit dem Tod von zwei Palästinensern in Gaza... Die ununterbrochene Lieferung von Sturmhubschraubern durch die Vereinigten Staaten an Israel, wohlwissend, dass diese Waffen gegen palästinensische Zivilisten eingesetzt wurden, sowie das Schweigen der einvernehmlichen Medien sind nur ein Beispiel für unser schlechtes Engagement für das Prinzip, dass wir nicht an Gewalt glauben. Auch dies weist ehrlichen Bürgern zwei Aufgaben zu: die erste (die wichtigste) – etwas dagegen zu tun; der zweite – der Versuch, die Situation aufzudecken, aus welchen Gründen eine solche Politik verfolgt wird [24] ? »

Was ist zu tun? Das ist es, was Chomsky wiederum nicht sagt. Aber er versucht uns das "Warum" zu sagen…:

"In diesem Fall sind die grundlegenden Gründe nicht wirklich umstritten ... Es ist seit langem bekannt, dass die Golfregion die wichtigsten Energievorkommen der Welt enthält...“ [25].

Chomsky widmet dann zwei Seiten der Erläuterung der Bedeutung des Öls aus dem Nahen Osten und den Bemühungen der Vereinigten Staaten, die Kontrolle darüber zu gewährleisten. Dies ist die grundlegende Erklärung, die er seit Jahren wiederholt und neu veröffentlicht, fast buchstäblich. Was das mit den Palästinensern zu tun hat, die keinen Tropfen Öl haben, oder damit, wie ein palästinensischer Rumpfstaat die US-Interessen in diesem Teil der Welt gefährden würde, wird nicht beantwortet. Aber nach diesen beiden Seiten wird der Leser vergessen haben, dass die Frage auch nur einfach aufgeworfen wurde... In seiner Erklärung erwähnt Chomsky weder die Pro-Israel-Lobby noch irgendwelche internen Interessengruppen in den Vereinigten Staaten.

Chomsky erkennt sicherlich an, dass "wichtige Sektoren des amerikanischen Kapitalismus, einschließlich einiger mächtiger Elemente mit Interessen im Nahen Osten [hören Sie: die großen Ölkonzerne!] haben sich für eine "Zwei-Staaten-Lösung" ausgesprochen, unter der Annahme, dass:

"Die radikalen nationalistischen Tendenzen, die durch die Nichtlösung des palästinensischen Problems geweckt werden, würden durch die Errichtung eines palästinensischen Ministaates reduziert werden, der durch ein jordanisch-israelisches Militärbündnis (möglicherweise stillschweigend) eingedämmt, nach dem Wohlgefallen seiner viel mächtigeren Nachbarn als er, überleben würde und würde von den konservativsten und pro-amerikanischen Kräften in der arabischen Welt finanziert... Das ist in der Tat das wahrscheinliche Ergebnis einer "Zwei-Staaten-Lösung". [26] »

Ein solches Ergebnis hätte wenig Einfluss auf die arabische Regionalpolitik, außer der Demoralisierung der Sympathisanten des palästinensischen Kampfes in den Nachbarländern und auf der ganzen Welt, was eine Entwicklung wäre, die eindeutig den amerikanischen Interessen dienen würde. Dies würde jedoch die israelische Expansion behindern, die für Israel von entscheidender Bedeutung, aber für Washington von geringer Bedeutung ist. Darüber hinaus sieht Chomsky nicht diesen Widerspruch, so eklatant er auch sein mag, in seiner Argumentation: Wenn die Unterstützung für Israel tatsächlich (wie er behauptet) auf seiner Rolle beim Schutz der strategischen Ressourcen der USA – nämlich des Öls – beruhte, warum genießt diese Position daher nicht die Unterstützung der großen Öl-Trusts mit "Interessen in dieser Region"?

Es ist interessant, sich auf Chomskys frühere Schriften zu beziehen, um die Entwicklung seiner Position zu verfolgen. Der nächste Absatz von Peace in the Middle East, [Frieden im Nahen Osten], der 1974 veröffentlicht und 2003 mit Beilagen neu aufgelegt wurde, unterscheidet sich nicht wirklich von dem liberalen Brei, den Chomsky sonst so oft aufwirbelt...

"Ich sehe keine Möglichkeit für Amerikaner, zur aktiven Suche nach Frieden beizutragen. Dies ist das Werk der Menschen des alten Palästina selbst. Aber es ist denkbar, dass die Amerikaner einen Beitrag zu einer passiven Suche nach Frieden leisten könnten, indem sie Kommunikationskanäle zur Verfügung stellen, den Umfang der Diskussionen erweitern und grundlegende Fragen auf verschiedene Arten untersuchen, die für diejenigen, deren Leben selbst direkt bedroht ist, nicht so leicht in unmittelbarer Zukunft erreichbar sind. [27]

Die Leser werden feststellen, dass Chomskys Vorschlag, dass "die aktive Suche nach Frieden" "dem Volk des alten Palästina" überlassen werden sollte, inmitten der äußerst vagen Natur dieses Absatzes einen Satz widerspiegelt, den wir oft von Clinton und seitdem von George dem Zweiten und Colin Powell gehört haben. nämlich namentlich: "Überlassen Sie die Verhandlungen den betroffenen Parteien".

Diese Bemerkungen wurden ein Jahr nach dem Krieg im Oktober 1973 veröffentlicht, zu einer Zeit, als die Vereinigten Staaten ihre wirtschaftliche und militärische Hilfe für Israel massiv erhöhten – eine Tatsache, auf die Chomsky in anderen Texten hinweist. Ein solches Thema in einem solchen Kontext anzusprechen, stand damals jedoch eindeutig nicht auf seiner Agenda.

Es ist vernünftig, an dieser Stelle zu dem Schluss zu kommen, dass Chomskys Art, sich um die Frage der US-Hilfe zu drehen, seine Ablehnung von Desinvestitionen und Sanktionen und Israels Rechenschaftspflicht mehr auf seine zionistische Perspektive, wie auch immer er sie definiert, als auf seine allgemeine Herangehensweise an historische Ereignisse zurückzuführen ist. Doch damit nicht alles: Die Untersuchung einer Auswahl seiner erstaunlichen Produktionen über den israelisch-palästinensischen Konflikt, kritische historische Auslassungen und blinde Flecken, versehentlich falsch interpretierte Ereignisse und die Tendenz, seine Fehler zu wiederholen, bis zu dem Punkt, dass sie für nachfolgende Generationen von Aktivisten, die sie dann wie trainierte Delfine wiederholen, zu "unangefochtenen Fakten" geworden sind. Kurz gesagt, was Chomsky ihnen vermachte, war ein zutiefst linkes Szenario, das er ihnen verabreichen und neu eintrichtern konnte, indem er es ihnen für die Realität halten lässt.

Die Folgen liegen auf der Hand.

Diejenigen, die sich bei ihrem Handeln zugunsten der palästinensischen Sache auf die Chomsky’schen Interpretation der US-israelischen Beziehungen stützten, fanden sich völlig unfähig zu agieren. Es gibt einfach keine Beweise dafür, dass irgendeine Aktivität, die sie unternommen haben, die weitere Verschlechterung der Situation der Palästinenser gebremst habe. Dazu schließe ich insbesondere die Antikriegs- und Solidaritätsbewegungen und ihre prominenten Sprecher ein, die Chomskys Formulierungen als Ganzes übernommen haben. Der Teil der Verantwortung für ihr Scheitern, der Chomsky zu Füßen gelegt werden sollte, kann diskutiert werden. Die Hauptrolle, die Chomsky bei diesem Scheitern gespielt hat, ist dennoch unbestreitbar. Darüber hinaus hat Chomsky all jenen innerhalb der Solidaritätsbewegung einen unschätzbaren Dienst erwiesen, die ihr Hauptanliegen (und oft einzigartig) darin hatten, Israel vor Schuld und Bestrafung zu schützen, und wir wissen, wie viele es von ihnen gibt.

Fortsetzung dieser Studie:
 2ème partie : « Contrairement aux théories de Chomsky, les États-Unis n’ont aucun intérêt à soutenir Israël »
 3ème et dernière partie : « Comment Chomsky a occulté l’influence du lobby pro-israélien sur la politique des États-Unis »

Übersetzung
Horst Frohlich

[1Noam Chomsky im Interview mit Tim Halle, 1999.

[2Peace in the Middle East, Vintage, 1974 p. 49-51.

[3Mick Hartley, January 10, 2004.

[4« Occupied Territory: Congress, the Lobby and Jewish Responsibility », City Lights Review, San Francisco, 1992, The Israel Lobby and the Left: Uneasy Questions, Left Curve, Oakland, 2003.

[5Safundi, Znet, May 10, 2004.

[6Ha’aretz, August 24, 2004.

[7www.jihadunspun.org, Dec. 25, 2004.

[8Pirates and Emperors, South End Press. Cambridge, 2002.

[9E-Mail, 26. November 2004.

[10Washington Post, 26 novembre 2003.

[11Harvard Crimson, 2 décembre 2003.

[12Cornell Daily Sun, 12 avril 2004.

[13Znet, 26 juillet 2004.

[14Znet, 26 août 2004.

[15Ibid.

[16E-Mail, 26. November 2004.

[17Leila Hull, HRW, E-Mail, 27 novembre 2004.

[18E-Mail, 25. November 2004.

[19E-Mail, 26. November 2004.

[20Znet, 2 avril 2002.

[21The Fateful Triangle, South End, Boston, 1983, pp. 1-2.

[22The New Intifada, Verso, London-New York, 2001 p. 18-19.

[23Ibid, p. 6.

[24Middle East Illusions, Rowman and Littlefield, Lanham, MD, 2003, p.207.

[25Middle East Illusions, p. 209; Fateful Triangle, pp. 17 ff.

[26The Fateful Triangle, pp 43-44.

[27Peace in the Middle East, p. 56.