Illustration von Eva Bee, The Guardian

Die Anklage gegen einen Schweden, dem terroristische Aktivitäten in Syrien vorgeworfen wurden, fiel im Old Bailey in sich zusammen, nachdem klar wurde, dass britische Sicherheits- und Geheimdienste zutiefst bloßgestellt werden würden, wenn die Gerichtsverhandlung fortgesetzt würde; das berichtete der Guardian [1].

Bherlin Gildo sollte im Londoner Old Bailey gerichtlich verhört werden zu der Beschuldigung, er habe zwischen 2012 und 2013 an einem terroristischen Ausbildungslager teilgenommen und besitze Informationen, die wahrscheinlich für einen Terroristen nützlich wären. Aber nach einer Auseinandersetzung zwischen den Anwälten und den britischen und schwedischen Sicherheitsdiensten wurde der Prozess gegen ihn eingestellt und er wurde von den Vorwürfen freigesprochen.

Am 1. Juni 2015, so schreibt Seumas Milne, scheiterte das Gerichtsverfahren in London gegen einen des Terrorismus in Syrien angeklagten Schweden, Bherlin Gildo, nachdem offenbar wurde, das der britische Geheimdienst dieselbe Rebellengruppe bewaffnet hatte, deren Unterstützung dem Angeklagten vorgeworfen wurde.

Die Anklage stellte das Verfahren ein, offensichtlich um die Geheimdienste nicht in Verlegenheit zu bringen. Die Verteidigung argumentierte, dass die Fortführung des Verfahrens eine „Justizschande“ wäre, da es viele Beweise gebe, dass der britische Staat selber der bewaffneten syrischen Opposition „ausgedehnte Unterstützung“ lieferte. Das schließe nicht nur „nichttödliche Unterstützung“ (einschließlich Körperschutz und Militärfahrzeuge) ein, derer sich die Regierung rühmte, sondern Ausbildung, logistische Unterstützung und die heimliche Lieferung von „Waffen in massivem Ausmaß“ [2].

Es wurden Berichte zitiert, nach denen der MI6 nach dem Sturz der Gaddafi-Regierung 2012 mit der CIA bei einer „Rattenleitung“ von Waffentransporten aus lybischen Vorratslagern an die syrischen Rebellen zusammengearbeitet hatte [3].

Interessanterweise sagt ein kürzlich aus der Geheimhaltung entlassener US-Geheimdienstbericht [4], der im August 2012 geschrieben wurde, die Aussicht auf ein „salafistisches Fürstentum“ in Ostsyrien und einen al-Qaida-kontrollierten islamischen Staat in Syrien und im Irak in unheimlicher Weise voraus – und begrüßt sie tatsächlich. In starkem Gegensatz zu den westlichen Behauptungen jener Zeit identifiziert das Dokument der Defense Intelligence Agency die irakische al-Qaida (die zu ISIS wurde) und angeschlossene Salafisten als die „Hauptkräfte zur Vorantreibung des Aufstands in Syrien“ – und erklärt, dass „westliche Länder, die Golfstaaten und die Türkei“ die Bemühungen der Opposition unterstützen, die Kontrolle des östlichen Syrien zu übernehmen.

Nachdem er die „Wahrscheinlichkeit der Errichtung eines deklarierten oder nicht deklarierten salafistischen Fürstentums“ anschneidet, fährt der Pentagon-Bericht fort, „dies ist genau das, was von den die Opposition unterstützenden Staaten angestrebt wird, um das syrische Regime, das als strategische Tiefe der Shia-Expansion (Irak und Iran) betrachtet wird, zu isolieren“ [5].

Allerdings ist dies nur der letzte in einer Reihe gleichartiger Fälle.

Psychologische Kriegsführung – Wie MI6 ISIS kontrolliert

Monatelang war in den Nachrichten, dass 400 Briten zu den Dschihadisten in Syrien gestoßen wären. Außenminister William Hague bestätigte dies selbst. Jedoch ist die Zahl dieser britischen Dschihadisten viel größer und es wurde aufgedeckt, dass einige von ihnen von einem auf den Dschihad fixierten saudischen Mullah in einer britischen Moschee unter dem wachsamen Auge des MI6 zu Sunni-Dschihadisten ausgebildet wurden.

The Independent berichtete im Juni 2014, der Parlamentsabgeordnete Khalid Mahmood habe geäußert, mindestens 1.500 Briten – wenn nicht mehr – seien dem terroristengeführten Dschihad in Syrien und im Irak beigetreten [6]; damit wies er die durch Hague genannte Zahl von 400 und die von 500 Dschihadisten, auf die sich der britische Antiterror-Chef Sir Peter Fahy bezog [7], zurück. „Ich denke, 1.500 wäre sicher das untere Ende. Wenn man die Gesamtheit des Landes überblickt, ist es eine ganze Reihe Leute, die hinübergegangen sind“, sagte Mahmood.

Die Daily Mail wies im Juni 2014 auf Mohammed al-Arifi hin, der in seiner Rede im Al Manar Center in Cardiff, Wales, zum heiligen Krieg aufrief, um Bashar al-Assads Regierung zu stürzen [8]. Obwohl ihm wegen extremistischer Ansichten der Zutritt zur Schweiz verboten ist, hat al-Arifi mehrere Male Großbritannien besucht. Als sunnitischer Moslem war er mehrfach angeklagt, die Spannungen zu den schiitischen Moslems zu verschärfen, indem er sie Berichten zufolge als böse bezeichnete und als Anhänger von Kidnapping und dem Kochen und Häuten von Kindern. Eine Quelle aus dem Umkreis der jemenitischen Gemeinde von Cardiff erzählte Mail Online:

„Diese Jungen wurden [in Al Manar] darauf vorbereitet, die Schiiten zu bekämpfen, diese Menschen zu bekämpfen, jene Menschen zu bekämpfen – so fing es an. Der Unterricht [in Al Manar] half, die Leute anzuwerben. Wenn jemand mich anwerben wollte, würde ich nur mitgehen, wenn ich überzeugt bin. Aber wenn man einmal präpariert ist, braucht nur jemand zu sagen ’Komm und ich nehm dich mit’.“

Dies erinnert an den Schuljungen und Teenager-Dschihadisten aus Coventry, der zusammen mit ISIS-Terroristen im Irak und in Syrien kämpfte und ’Osama Bin Bieber’ genannt wurde [9].

Letztes Jahr durchsuchten deutsche Beamte bei einem Einsatz zwei Container auf dem Transport durch den Hamburger Hafen und beschlagnahmten 14.000 Dokumente, die belegen, dass Osama bin Laden von der Bank der britischen Königin Coutts & Co finanziert wurde, die zur Royal Bank of Scotland gehört.

Nach den Anschuldigungen berichtete die Daily Mail am 23. Juni 2014 – unter dem Titel „Queen’s bank forced to deny that Osama Bin Laden had an account there after 14,000 documents seized from Cayman Islands branch” –, dass die Bank der Queeen die Behauptungen europäischer Zeitungen, Osama bin Laden habe bei dieser Organisation jemals ein Konto besessen, geleugnet habe [10].

In 2012 wurde Coutts zu einer Geldstrafe von 8.75 Millionen Pfund Sterling verurteilt für „schwere und systematische“ Fehler beim Umgang mit dem Geld von mutmaßlichen Straftätern und ausländischen Despoten.

Der ISIS-Führer – eine psychologische Operation

Hamid Dawud Mohamed Khalil al Zawi, allgemein bekannt als Abu Abdullah al-Rashid al-Baghdadi war der Führer der Dachorganisation von acht Gruppen und ihrer Nachfolgeorganisation, dem Islamischen Staat des Irak – ISIS. Im Juli 2007 berichtete das US-Militär allerdings, dass Baghdadi nie wirklich existiert habe. Der als Khaled al-Mashhadani identifizierte Häftling, ein selbst ernannter Vermittler zu Osama bin Laden, behauptete, dass al-Baghdadi eine erfundene Persönlichkeit sei, die geschaffen wurde, um einer vom Ausland geleiteten Terrorgruppe ein irakisches Gesicht zu geben, und dass Erklärungen, die al-Baghdadi zugeschrieben wurden, in Wahrheit von einem irakischen Schauspieler verlesen würden [11].

Brigadier General Kevin Bergner zufolge hat Abdullah Rashid al-Baghdadi nie existiert und war in Wahrheit eine erfundene Persönlichkeit, deren auf Tonband aufgenommene Erklärungen von einem älteren Schauspieler mit Namen Abu Adullah al-Naima als Teil der psychologischen Kriegsführung geliefert wurden, wie die New York Times berichtete. Brigadier General Kevin Bergner dient zur Zeit in der Mannschaft des Nationalen Sicherheitsrats der Vereinigten Staaten als Sonderberater des Präsidenten und Senior Director für den Irak [12]. Zuvor war er stellvertretender kommandierender General der multinationalen Truppe im Irak in Mosul. Er diente auch als Direktor für politisch-militärische Angelegenheiten (Nahost) im Joint Staff des Verteidigungsministeriums.

Und die ISIS-Gefahr für Indien?

Beim Treffen der Indo-UK Counter Terrorism Joint Working Group in London am 15./16. Januar diesen Jahres warnten die britischen Beamten ihre indischen Kollegen vor einem möglichen Terrorangriff durch ISIS auf indischem Territorium [13].

Am 28. Juli enthüllte dann USA Today das Weltenende gemäß den Angaben des Islamischen Staates (ISIS) [14]. Die Zeitung führte die Quelle, ein 32-seitiges Papier des Weltuntergangs, auf einige „pakistanische Bürger mit Verbindungen innerhalb der pakistanischen Taliban“ zurück.

Ein investigativer Zeitungsartikel, der von USA Today veröffentlicht und vom American Media Institute wiedergegeben wurde, bezieht sich auf ein 32-seitiges Urdu-Dokument, das von einem pakistanischen Bürger mit Beziehungen innerhalb der pakistanischen Taliban übergeben wurde.

„Das Dokument warnt, dass ’Vorbereitungen’ für einen Angriff in Indien in Gang sind und sagt voraus, das ein Angriff eine apokalyptische Konfrontation mit Amerika provozieren wird“, gibt der Bericht an. Das Dokument wurde dem Bericht zufolge von einem Harvard-Studenten eigenständig ins Englische übersetzt und von mehreren Geheimdienstbeamten im Dienst wie auch im Ruhestand verifiziert.

Das Papier wurde von drei US-Geheimdienstbeamten überprüft, die angaben, sie hielten es für authentisch aufgrund seiner einzigartigen Kennzeichen und aufgrund der Tatsache, dass die Sprache zur Beschreibung der Führer, der Schriftstil und das religiöse Vokabular mit anderen Dokumenten von ISIS übereinstimmten, fügte USA Today hinzu.

Indiens Ministerium für Innere Angelegenheiten bezeichnete jedoch das angebliche ISIS-Dokument, das auf eine Terrorgruppe hinweist, die einen Angriff auf Indien vorbereitet, um die Konfrontation mit den USA zu bewirken, als „Quatsch“. „Das ist Quatsch“, sagte der Joint Secretary, Innere Sicherheit I, MA Ganapathy zu Reportern [15].

Wenn das Papier in der Tat Betrug ist, so wirft es ernsthafte Fragen zu den Verbindungen von MI6 und CIA zu ISIS auf – wenn man in Betracht zieht, dass die Weltuntergangs-Drohung und der Angriffsplan aus derselben Quelle kamen, die den Behauptungen zufolge die Bedrohung überhaupt erst geschaffen hat. Vom Ministerium für Inneres wurde jedoch keine Erklärung abgegeben, warum es sich entschied, dies als „Quatsch“ zu bezeichnen, noch wurde eine Erklärung von den westlichen Regierungen, Geheimdiensten oder Medien verlangt für die Veröffentlichung solch eines heiklen und falschen Berichts, der die ganze globale Medienwelt zum Wirbeln brachte.

Andererseits kündigte letzten Monat das indische Ministerium für Innere Angelegenheiten an, dass es an einer nationalen Anti-ISIS-Strategie arbeite [16]. Viele nachrichtendienstliche Erkenntnisse folgten auf die Veröffentlichung dieser Berichte sowie Festnahmen in ganz Indien. Berichten zufolge ist die Attraktivität des ISIS-Radikalismus in zehn indischen Bundesstaaten angestiegen.

Letzten Monat wurde ein britischer Doktor in Jammu & Kashmir wegen Errichtung von IEDs (deutsch: Sprengfallen) verhaftet [17] Die Polizei gibt an, Baba, ein Physiotherapeut, habe seit 2006 in London gelebt. Er ist erst vor drei Monaten in das Tal zurückgekehrt.

Warum ist es so, dass alle Verbindungen von al-Qaida über ISIS bis zu Terroristen in J&K in Großbritannien enden? Noch wichtiger: Warum werden solche Hinweise nicht von den indischen Geheimdiensten verfolgt? Erstaunlich genug, dass selbst der Nachrichtenzustrom, auf den wir so heftig reagieren, von denselben Ländern geliefert wird. Wie könnten wir eine Strategie entwickeln, um unsere Geheimdienste darauf auszurichten, einer Gefahr zu begegnen, die wir nicht sehen wollen oder nicht einmal zu verstehen versuchen?

Wie bei jeder Terroristengruppe möglich, werden viele dieser Gruppen nicht nur von Staaten kontrolliert, die den Terrorismus fördern, sondern auch von den Nationen, die jene Staaten fördern, die den Terrorismus fördern. Obwohl also alle Hinweise möglicherweise zur Nordwestgrenze Indiens führen, versuchen wir nicht herauszubekommen, wer diese Gruppen, ihre Aktionen, ihre Art zu handeln und die vorangegangene Erfolgsgeschichte anstiftet – das sollte uns dazu führen, das zu tun, was wir als neutrales souveränes Drittland tun müssten. Diesen Gesichtspunkt und selbst die rudimentärsten forensischen Untersuchungen in dieser Richtung haben wir in unserer Annäherung an die Zuganschläge von Mumbai (eine Folge der spanischen Zuganschläge und der Beginn der 26/11-Terroranschläge in Mumbai) völlig übersehen [18]. Wir hoffen, wir machen einen Anfang in diese neue Richtung.

In den letzten Jahren des Reagan-Regimes wurde eine bevorzugte Nomenklatur, die den US-Interessen diente, zum Standard für die Dritte Welt. Im Falle von Nationen, die zurückgedrängt werden sollten (z.B. Nicaragua), wurden die Regierungen als Terroristen bezeichnet und die Aufständischen als Demokraten. Im Fall von Ländern, die gegen „kommunistische“ Aufstände unterstützt werden sollten (z.B. El Salvador und die Philippinen) wurden die Regierungen als demokratisch bezeichnet und die Aufständischen als Terroristen.
(Aus dem Buch „Rollback“ von Thomas Bodenheimer und Robert Gould)

Es ist ein neueres Phänomen, das seit der Auflösung der Sowjetunion auftaucht, dass wenn mehr als ein geopolitischer Spieler in einer Zielnation wie zum Beispiel Nigeria oder Indonesien involviert ist, der Revierkampf zwischen den geopolitischen Spielern auf die Zielländer überläuft. So wie im Falle der Ostindien-Gesellschaften: Jedesmal wenn die Mutterländer (England, Frankreich, Holland usw.) in Europa Krieg führten, zogen auch ihre Vertreter in den afrikanischen und asiatischen Kolonien in den Krieg. Wann immer also ein geopolitischer Spieler das Empfinden hat, das sein Revier in irgendwelchen Zielländern verletzt wird, dann werden ohne Zögern die anderen oder ihre Unterstützer in den Zielländern eliminiert.

In Abhängigkeit von der Bühne der Anliegen werden diesen Sabotageoperationen unterschiedliche Namen gegeben und viele Regierungen greifen zu verschiedenen vorbeugenden Aktionen, um ihnen zuvorzukommen. In Indien gibt es unglücklicherweise keine umfassende Terrorismus-Studie mit der oben genannten Perspektive. Unsere übermäßige Festlegung und der Brennpunkt auf dem islamischen oder Dschihad-Terrorismus entsprechen zwar unseren emotionalen Bedürfnissen, umfassen aber weniger als ein Viertel der auf dem Boden Indiens seit mehr als drei Jahrzehnten fortgeführten terroristischen Handlungen. Obwohl Subversion, Sabotage, Ermordungen, Entführungen, Gebäudebombardierungen und symbolische Zielobjektbombardierungen von allen terroristischen Gruppen begangen werden, beschränken wir uns und sind beunruhigt nur über den Dschihad-Terrorismus – was unsere Antwort auf den Terrorismus insgesamt und sein Übergewicht in Indien uneffektiv macht.

Übersetzung
Sabine
Quelle
Great Game India (Indien)

[1Terror trial collapses after fears of deep embarrassment to security services”, Richard Norton-Taylor, The Guardian, June 1, 2015.

[2Now the truth emerges: how the US fuelled the rise of Isis in Syria and Iraq”, Seumas Milne, The Guardian, June 3, 2015.

[3“The Red Line and the Rat Line”, Seymour Hersh, London Review of Books, Vol. 36 No. 8, April 17, 2014. Voltaire Network.

[4Download the DIA August 2012 Report.

[5Pentagon report predicted West’s support for Islamist rebels would create ISIS”, Nafeez Ahmed, Insurge Intelligence, May 22, 2015.

[7Cardiff mosque: We were not involved in radicalisation”, ITV News, June 26, 2015.

[8Did this preacher groom the jihadi Britons? Notorious cleric visited mosque where terror brothers worshipped”, Sam Marsden, Jim Norton & Luke Salkeld, Daily Mail, June 22, 2014.

[11Leader of Al Qaeda group in Iraq was fictional, U.S. military says”, Michael R. Gordon, The New York Times, July 18, 2007. „Al-Qaida im Irak: sollten wir George Bush oder seinen Generälen glauben?“, von Thierry Meyssan, Übersetzung Horst Frohlich, Voltaire Netzwerk, 25. Juli 2007.

[13Britain warns India of possible terror attack by ISIS”, The Indian Express, January 20, 2015.

[15ISIS document on attacking India rubbish: Home Ministry”, India Today, July 29, 2015.

[17British doctor arrested in J&K for ’planting IEDS’”, Naseer Ganai, Daily Mail India, August 3, 2015.

[18Globalized Terror In A Liberalized World”, Great Game India, July 1, 2015.