Die Bevölkerungen von Mosul und Ost-Aleppo, die die Dschihadisten aufgenommen hatten, im Glauben, dass die Scharia ihre Rückkehr in das goldene Zeitalter ermöglichen würde, haben nicht lange gebraucht, um ihre Illusionen einzubüßen. Von den Gesetzen der Dschihadisten unterdrückt und über ihre Gewalt entsetzt, haben sie sich allmählich gegen sie gewendet. Ohne Skrupel verwenden letztere sie heute als menschliche Schutzschilde. Dennoch ist die Schlacht von Mosul laut der westlichen Presse legitim, nicht aber die von Ost-Aleppo.

Mosul ist in Händen von Daesch, d.h. unterderhand von Washington. Auf der einen Seite beraten die US-Militärs die irakischen Streitkräfte, auf der anderen wirft ihnen die CIA Waffen und Munition per Fallschirm ab. Beide Hände gehorchen demselben Gehirn, weil die US-Berater einen Angriffsplan vorgelegt haben, der die Stadt umzingelt, aber die Landstraße von und nach Rakka offen lässt. Dieses Gehirn diskutiert nicht mit seinen Verbündeten, wie die Reaktion Frankreichs beweist, da es fordert, dass man sofort nach dem Sturz von Mosul Rakka angreift.

Ost-Aleppo ist in Händen von der al-Kaida, d.h. auch unterderhand von Washington. Dieses Mal sind die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten auf gleicher Wellenlänge. So empfing Präsident François Hollande den "Bürgermeister" von Ost-Aleppo im Elysée-Palast. Er war von Kadern der Weißhelme begleitet, die den "französisch-deutschen Preis der Menschen-Rechte und der Rechtsstaatlichkeit" (sic) erhalten werden. In der Tat, in Sachen „Rechtsstaatlichkeit“ will niemand wissen, wer ihn zum "Bürgermeister" gewählt oder ernannt hat, oder warum "seine" Stadt von Dschihadisten vom saudischen Scheich Abdullah al-Muhaysini besetzt ist. In ähnlicher Weise scheint kein einziger westlicher Journalist Interesse daran zu haben, wer der Direktor und Gründer der Weiß-Helme, der Agent des MI6, James Le Mesurier, ist. Die Saudis und die Briten sind einfach die „moderaten syrischen Rebellen“, das sollte man jetzt doch schon wissen.

Im Mai 2014 fand ein geheimes Treffen in Amman statt, um die Entfaltung von Daesch in Syrien und im Irak zu planen. Der ehemalige irakische Vizepräsident, Ezzat Ibrahim al-Duri, versprach eine Unterstützung von 80 000 Kämpfern des Naqchbandis Ordens, dessen Großmeister er ist. Ein Monat später öffnete er Daesch die Tore von Mosul, wo die Vereinigten Staaten gerade neue Waffen geliefert hatten. Al-Duri, der von Washington von der Macht vertrieben worden war, glaubte die Macht dank Washingtons wiedergewinnen zu können. Irrtum. Da die irakischen Naqchbandis Baath-getreue Leute waren, bekämpften sie bald Daesch, als es seine "Islamischen" Gerichte einrichtete. Die Naqchbandis Soldaten unterstützen heute die Regierung von Bagdad.

Durch eine grausame Rückkehr der Dinge bekämpfen sie die durch die Türkei geschulten Dschihadisten, wo sie 1969 die Milli Goruş von Necmettin Erbakan und Recep Tayyip Erdoğan gründeten. Sie ernten die Früchte ihrer Unterstützung der syrischen Muslimbruderschaft im Jahr 1982. Sie zahlen einmal mehr für ihren "Flirt" mit den Dschihadisten in 1993 anlässlich der Kampagne "Rückkehr zum Glauben" (al-Hamlah al-Imaniyyah). Wenn die Erfahrung doch kapiert werden könnte! Jegliches– auch nur ein taktisches - Bündnis mit der Bruderschaft und ihren bewaffneten Gruppen, führt eines Tages zum Chaos. Eine Lektion, die Syrien trauriger Weise erhalten hat, seitdem es für ehrenhaft hielt, irakischen Dschihadisten angeblich gegen amerikanische Besatzer zu helfen oder der Hamas angeblich gegen Israel.

Die Europäer aber haben noch immer nicht kapiert. Sie prangern die Arabische Republik Syrien an und sind erschüttert, wenn die Bewohner von Ost-Aleppo "gezwungen werden, vor den Kämpfen zu fliehen", statt ihre Befreiung aus den Fängen der Dschihadisten zu feiern. Und das, obwohl "moderate syrische Rebellen" aus Saudi Arabien, Libyen, Tunesien und aus vielen anderen Ländern bereits in ihren Städten sind und dort schon Attentate begangen haben.

Übersetzung
Horst Frohlich
Quelle
Al-Watan (Syrien)