Das Urteil im Ergenekon-Prozess hat auf internationaler Ebene kein Protestgeschrei hervorgerufen. Die Presse zeigte sich bestenfalls skeptisch und hat die Kluft hervorgehoben, die sich in dem Land zwischen Säkularisten und Muslimbrüdern bildet. Für Thierry Meyssan ist dieser Prozess ein Ausnahmeverfahren und endet mit der Inhaftierung von allen Anti-US-Führern: Es ist ein Staatsstreich.
Das Urteil des Ergenekon-Prozesses, das am 5. August im Gefängnis von Silivri gefällt wurde, hat 275 militärische, politische und Medien-Führer wegen Verschwörung gegen den Staat für schuldig erklärt und zu schweren Haftstrafen verurteilt.
Dieser Prozess entspricht nicht den Normen der demokratischen Justiz: er wurde von speziellen Staatsanwälten vor Sondergerichten, in einem eigens für diesen Zweck gebauten Gefängnis geführt. Die zahlreichen vorgelegten Dokumente, die angeblich bei der Haussuchung gefunden wurden, sind von den Beschuldigten als falsch zurückgewiesen worden. Die zum Authentifizieren gekommenen Zeugen blieben anonym.
Die Verurteilten haben gemein, sich gegen die amerikanische Hegemonie zu stellen, und zwar im Fall der Mitglieder der Arbeiterpartei (Kemalisten-Maoisten) (İşci Partisi) seit immer schon, und im Fall des Militärs erst seit dem Verschwinden der UdSSR. Obwohl sie nur eine kleine Minderheit der Opposition gegen die AKP darstellen, bilden sie eine Bewegung, die in der Lage ist, die NATO-Mitgliedschaft der Türkei und das Engagement ihres Landes in dem geheimen Krieg gegen Syrien ideologisch zu bekämpfen.
Im Gegensatz dazu bildet die Regierung und die politische Bewegung von Recip Tayyip Erdoğan das türkische Äquivalent der damaligen italienischen Christlich-demokratischen Partei: absolute Unterstützung des Atlantischen Bündnisses, und sie beabsichtigen eine softe-Version der konfessionellen Partei zu sein. In Wirklichkeit hat sich die Christdemokratie um Freimaurerlogen herum strukturiert und wurde von der Mafia finanziert. Ebenso ist die AKP über die Muslimbruderschaft strukturiert – die, was Geheimhaltung betrifft, der P2-Loge in Nichts nachsteht- und hat sich durch die Plünderung des Nordens von Syrien finanziert.
Im Jahr 2003 erklärte sich das Parlament gegen den NATO-Angriff auf den Irak über die Türkei; dies ging sogar bis zum Verbot für die NATO, türkische Basen zu verwenden, was kein anderer NATO-Mitgliedstaat gewagt hatte, nicht einmal Deutschland noch Frankreich. Im Gegenteil, im Jahr 2012, hat Herr Erdoğan die Anlage auf seinem Boden in Izmir, eines der wichtigsten Kommandos der Allianz, das LandCom, vorgeschlagen und durchgesetzt, das für alle Landstreitkräfte der 28 Mitgliedstaaten verantwortlich ist, um beim syrischen Nachbarn eindringen und ihn zerstören zu können.
Die Verbindungen zwischen dem türkischen Staat und der Mafia sind seit dem Susurluk-Unfall (1996) bekannt, als der Chef der Aufstandsbekämpfung, Husseyin Kocadag, und zwar jener der extrem- rechten Miliz die Grauen Wölfe und der geflohene Drogenschmuggler, Abdullah Catli, und seine Geliebte und dennoch gedungene Mörderin, Gonca Us, im Auto des konservativen Abgeordneten und Drogen Baron Sedat Bucak verunglückten. Sie gehen heute weiter mit der Plünderung von Syrien, wo mehr als tausend Fabriken demontiert, gestohlen und in die Türkei gefahren wurden und viele archäologische Ressourcen zum illegalen Verkauf in Antiochia angeboten werden, unter dem Schutz des Staates.
Nach einem Dutzend Jahren der AKP-Regierung besitzt die Türkei den Weltrekord der Inhaftierung von hohen Offizieren (mehr als zwei Drittel der Generäle und Admiräle), von politischen Führern - einschließlich der Parlamentarier - von Journalisten und Anwälten. Ein Zeichen der "zwei Gewichte, zwei Maßnahmen“, dieser Staat wird trotz allem immer noch als "Demokratie" betrachtet, ist immer noch Mitglied der NATO und weiterhin mit der Europäischen Union in Diskussion für seinen EU-Beitritt.
Die Strategie des Außenministers Ahmet Davutoğlu, das Land aus der Flaute zu holen, in der es sich seit dem Zerfall des Osmanischen Reiches befindet, durch die Lösung der Nachbar-Probleme, war ursprünglich ein Erfolg, bevor sie sich in einen Albtraum verwandelte. Die verfrühte Gewissheit des Zusammenbruchs und der Aufteilung von Syrien führte die AKP dazu, mit Arroganz zu handeln und sich mit allen ihren Nachbarn wieder zu zerstreiten.
Während der Zeit der Verbesserung der internationalen Beziehungen, hat die Türkei ein dramatisches Wirtschaftswachstum erlebt: +9,2 % im Jahr 2010. Herr Erdoğan versprach zu diesem Zeitpunkt die Türkei zum 10. Welt-Hersteller zu machen. Ach! Nach den Kriegen gegen Libyen und Syrien fiel das Wachstum auf 2,2 % im Jahr 2012 und könnte sich im Jahr 2013 in Rezession verwandeln.
Im Laufe der Errichtung ihrer Diktatur hat die AKP ihre Politik geändert und ihre populäre Unterstützung reduziert. Bei den Parlamentswahlen von Juni 2012 hatte sie 49.83 % der abgegebenen Stimmen, was ihr eine sehr breite Mehrheit in der Nationalversammlung sicherte. Aber durch die Anwendung der Leitlinien der Muslimbruderschaft die "Gesellschaft zu islamisieren", schnitt sie sich von den Alewiten, Kurden und den für eine weltliche Organisation in dem Land stimmenden Sunniten. Sie kam in die Minderheit - wie die Welle von Demonstrationen im Juni am Taksim-Platz gezeigt hat – und mauert sich jetzt in Autoritarismus ein.
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