Video aufgenommen am 24. Februar 2022

Thierry Meyssan: Gegen 6h früh wandte sich Präsident Putin an sein Land, um zu verkünden, dass die russischen Streitkräfte die Ukraine angreifen.

Aber diese Rede wurde in Frankreich gerade deshalb nicht ausgestrahlt, weil drei Viertel dieser Rede die Ukraine nicht einmal erwähnen. Drei Viertel dieser Rede konzentrieren sich auf die Haltung der Vereinigten Staaten seit 1945 und insbesondere auf das, was [die Vereinigten Staaten] seit der Auflösung der Sowjetunion getan haben.

Diese Rede listet die Verbrechen auf, die die Vereinigten Staaten begangen haben, von der Aggression gegen Jugoslawien bis zu den Ereignissen im Nahen Osten, im Irak, in Libyen, in Syrien usw. Und die Frage, die Wladimir Putin aufwirft, ist, wann wir die Vereinigten Staaten dazu bringen können, aufzuhören, die ganze Welt nach und nach zu zerstören?

Die ukrainische Frage kommt erst später. Denn für Wladimir Putin ist die ukrainische Frage nur die der Hilfe für die Donbass-Volksrepubliken.

Und heute [Donnerstag, der 24. Februar], gegen 13:15 Uhr, wandte sich der Französische Präsident [Emmanuel] Macron an die Franzosen, um seine Unterstützung der Ukraine auszudrücken. Daher möchte ich noch einmal darauf eingehen, was Präsident Macron gesagt hat, denn für mich ist es das lebendige Beispiel einer westlichen Heuchelei.

Zu Beginn seiner Rede sagte [der französische Präsident Macron], dass Präsident Putin sein Wort verletzt habe und dass er gegen das Völkerrecht verstoßen habe.

Aber es ist genau das Gegenteil.

Präsident Putin hat immer gesagt, er würde die russischen Staatsbürger verteidigen, wo immer sie sind. Und das ist darüber hinaus eine seiner Verpflichtungen nach der russischen Verfassung. Er hat sein Wort nie gebrochen, weil er seit Beginn der Konfrontation, die stattfindet – das heißt, seit 3 Monaten – immer gesagt hat, dass er Russland verteidigen würde, wenn nötig auch mit Waffen.

Aber [Putin] erklärte vor allem, dass er das Völkerrecht verteidigen wolle. Heute Morgen habe ich bereits erklärt [1], und es gibt wirklich viele Elemente in diesem Sinne, dass aus der Sicht des Völkerrechts, nicht des "Rechts" nach der "internationalen Gemeinschaft", welche nur einige wenige Regeln sind, die nicht von allen Staaten gebilligt werden... Wenn wir also zum Völkerrecht zurückkehren, hat Präsident Putin Recht.

Das zweite, was er [Präsident Macron] gesagt hat, ist, dass er alles getan habe, um diesen Krieg zu vermeiden. Auch das ist falsch. Das ist absolut falsch. Ja, Präsident Putin [Irrtum, er bezieht sich eigentlich auf Präsident Macron. Anm. d. Ü.] ging in gutem Glauben nach Moskau, um zu versuchen, die Position der Vereinigten Staaten mit der von Russland in Einklang zu bringen. Aber wenn dieses Interview auch so lange dauerte – ich glaube 5 Stunden – dann deshalb, weil Wladimir Putin ihm alle Aspekte und Auswirkungen des Problems erklärt hat... die er [Macron] nicht kannte. Er war sich vor allem nicht der Tatsache bewusst, dass laut der OSZE-Verträge [Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa], die gesamte Ausdehnung der NATO nach Osten im Lichte des Völkerrechts illegal ist.

Nach diesem Interview – bei dem wirklich jeder guten Willen zeigte – schickte Sergej Lawrow, der russische Außenminister, einen Brief nach Frankreich... und auch an die anderen 56 Unterzeichnerstaaten der OSZE-Erklärung. [Lawrow] präsentierte diese Verträge, machte eine rechtliche Analyse, die zeigte... es gibt keine Fotos, aber Sie wissen, was er meinte ... Und es gab einen Brief, in dem er Herrn Le Drian, seinen französischen Amtskollegen, fragte, warum Sie die NATO-Erweiterung unterstützt haben, wenn dies gegen Ihre Unterschrift verstößt?

Und niemand antwortete!

Herr Macron hat also nicht "alles Mögliche" getan. Nein, nein! Herr Macron – als er verstand, was geschah – rannte hinaus und weigerte sich zu antworten.

Also, dass er jetzt ja nicht kommt, um den Empörten zu spielen. Er ist verantwortlich, genauso wie andere! Aber er [Macron] ist verantwortlich für das, was passiert.

Drittens. [Macron] erklärte, dass das, was in der Ukraine geschieht, eine Verschiebung im europäischen politischen Leben ist. Aber nicht nur in Europa! Es ist eine Verschiebung auf globaler Ebene. Haben Sie vor einigen Tagen nicht die Sitzung des russischen Sicherheitsrates gesehen, bei der Präsident Putin den Chef des militärischen Geheimdienstes zum Schweigen brachte, weil dieser sagte, nicht das war, dass er die Anerkennung der Volksrepubliken Donezk und Luhansk unterstützen würde, sondern dass er die Vereinigten Staaten in die Schranken weisen wollte? Präsident Putin sagte ihm, er solle sich beruhigen, weil darüber noch nicht gesprochen wird.

Vierter und letzter Aspekt.

Präsident Macron erklärte uns, dass die NATO, die Europäische Union, der Europarat, die ganze Welt mit Sanktionen gegen Russland reagieren würde.

Wie? Haben die NATO, der Europarat, die Europäische Union rechtlich die Macht, einseitige Sanktionen zu verhängen? Natürlich nicht!

Das Völkerrecht erkennt die Fähigkeit, Sanktionen zu verhängen, nur dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen an. Und sonst niemandem!

Die Sanktionen, die die Europäische Union – und Frankreich – bereits gegen Russland verhängt haben, sind völkerrechtlich illegal.

Mit anderen Worten, Präsident Macron präsentiert uns als legale Dinge, die völlig illegal sind! Und wir müssen unserer Verantwortung gerecht werden.

Wir haben mit dem Zweiten Weltkrieg gelernt, dass wir uns immer entscheiden müssen, auf welcher Seite wir stehen. Es gibt diejenigen, die sich entschieden haben, sich Hitlers Deutschland anzuschließen. Heute haben wir diejenigen, die sich entschieden haben, die Vereinigten Staaten bei der Zerstörung von Staaten zu unterstützen, die dieses Land begangen hat. Natürlich... das ist weit entfernt von uns... es ist nicht hier.

Aber es gibt noch eine andere Möglichkeit. Die Option, das Gesetz und unser Heimatland zu verteidigen. ‎

Und das muss unsere Wahl sein!

Übersetzung
Horst Frohlich