Der Internationale Gerichtshof (IGH) ist nicht zu verwechseln mit dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH).

Der erste geht direkt zurück auf die Treffen, die Zar Nikolaus II. 1899 und 1907 in Den Haag organisierte. Er wurde als Ständiger Internationaler Gerichtshof (PCIJ) gegründet und war der erste internationale Gerichtshof. Seinen heutigen Namen erhielt er mit der Gründung der Vereinten Nationen, deren einzige satzungsmäßige Gerichtsbarkeit er ist. Er beurteilt Streitigkeiten zwischen Staaten ausschließlich auf der Grundlage des Völkerrechts, d.h. der schriftlichen Verpflichtungen jedes einzelnen von ihnen.

Der zweite Gerichtshof dagegen, ist eine Erfindung der Vereinigten Staaten (den sie übrigens selbst nicht anerkennen!) und der Europäischen Union zur Zeit der Auflösung der Sowjetunion. Er urteilt über Menschen und bildet eine Art ständiges Nürnberger Tribunal. In der Praxis hat dieser IStGH nur Persönlichkeiten vor Gericht gestellt, die sich dem westlichen Imperialismus widersetzt haben. Einer seiner Ankläger verhielt sich wie ein NATO-Agent und zögerte nicht, zu lügen, um dem Atlantischen Bündnis bei der Eroberung Libyens zu helfen.

Es gibt andere internationale Gerichte, die ebenso fragwürdig sind wie der IStGH: der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY), der Internationale Strafgerichtshof für Ruanda (ICTR), der Sondergerichtshof für Sierra Leone (SCSL) und die Außerordentlichen Kammern der Gerichte von Kambodscha (ECCC). Sie alle sagen das Recht der Sieger.

Besondere Erwähnung verdient das sogenannte "UN-Sondertribunal für den Libanon", das entgegen seinem Namen kein Tribunal an sich ist, sondern ein Arrangement zwischen UN-Generalsekretär Kofi Annan und dem zurückgetretenen Premierminister des Libanon, Fouad Siniora. Es zielt darauf ab, die libanesischen und syrischen Präsidenten Emile Lahoud und Baschar al-Assad zu verurteilen, endete aber auf groteske Weise mit korrupten Richtern, falschen Zeugen, der Weigerung, forensische Beweise zu untersuchen usw.

Der Internationale Gerichtshof, mit dem wir es hier zu tun haben, ist der einzige Gerichtshof, der das Völkerrecht respektiert und der nicht seine eigenen Regeln, je nach den Bedürfnissen jener erfindet, die ihn finanzieren.

Israel wird nun zum ersten Mal vor dem IGH angeklagt. Dieser musste sich jedoch bereits mit einem Fall befassen, in dem Israel involviert war: der Frage nach einer Stellungnahme, die die arabischen Staaten ihm zur Rechtmäßigkeit der "Trennmauer" zwischen dem jüdischen Staat und den palästinensischen Gebieten gestellt hatten. Damals beteiligte sich Tel Aviv nicht an dem Verfahren, und das Gericht entschied, dass der israelische Bau gegen internationales Recht verstoße. Dieser Stellungnahme wurde nicht entsprochen.

Diesmal ist Israel direkt involviert. "Die Petition betrifft Drohungen, die von der Regierung und der Armee des Staates Israel gegen das palästinensische Volk, eine eigenständige nationale und rassische Gemeinschaft, angenommen, toleriert, begangen und derzeit durchgeführt werden". "Die Handlungen und Unterlassungen Israels, die von Südafrika angeprangert werden, sind völkermörderischer Natur, da sie darauf abzielen, die Vernichtung eines wesentlichen Teils der palästinensischen nationalen, rassischen und ethnischen Gruppe herbeizuführen. Zu den fraglichen Handlungen gehören die Tötung von Palästinensern in Gaza, die Verursachung schwerer körperlicher und geistiger Schäden und die Auferlegung von Lebensbedingungen, die zu ihrer physischen Zerstörung führen könnten."

Südafrika interpretiert die Konvention zur Verhütung und Bestrafung des Völkermordes vom 9. Dezember 1948 im Lichte der Behandlung der Palästinenser im vergangenen Dreivierteljahrhundert. Seiner Meinung nach muss die Art und Weise, wie Israel seinen Krieg gegen die Hamas fortsetzt, im Kontext dessen gesehen werden, was zuvor geschehen ist. Auf diese Weise wird sie als Völkermord angesehen, da sie "mit der spezifischen Absicht (dolus specialis) betrieben wird, die Palästinenser von Gaza als Teil der palästinensischen nationalen, rassischen und ethnischen Gruppe zu vernichten".

Es handelt sich also um eine nuancierte Anklage, da sie nicht behauptet, dass Israel einen Völkermord organisiert, sondern dass es einigen seiner Elemente erlaubt, ihn auszuführen.

Zahlreiche UN-Kommissionen, darunter das Komitee zur Beseitigung der Rassendiskriminierung ("CERD"), haben "vor Hassreden und entmenschlichenden Äußerungen gegen Palästinenser gewarnt und ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Verpflichtung Israels und anderer Vertragsstaaten geäußert, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord zu verhindern".

Vor der Einleitung dieses Verfahrens unternahm Südafrika 9 offizielle Schritte bei Israel auf der Ebene seines Außenministeriums, seines Präsidenten und seines Botschafters bei den Vereinten Nationen. Alle wurden zurückgewiesen.

Südafrika ist ein Land des "Globalen Südens", das besonders während der Apartheid unter dem "revisionistischen Zionismus" gelitten hat. Es waren Israelis, die auf die Idee kamen und die Bantustans organisierten, um Schwarze ihrer Rechte innerhalb ihres Landes zu berauben. Es waren Israelis, die ihre Atombombe in der südafrikanischen Wüste testeten. Es waren Israelis, die die Biowaffenforschung finanzierten, in der Hoffnung, eine Krankheit zu finden, die nur Schwarze und Araber betreffen würde. Die begangene Schuld ist so schwerwiegend, dass die Generalversammlung der Vereinten Nationen bereits 1953 "das Bündnis zwischen südafrikanischem Rassismus und Zionismus" verurteilte. Daraufhin erklärte Präsident Nelson Mandela, dass die Südafrikaner niemals völlig frei sein würden, solange die Palästinenser unter israelischer Apartheid lebten.

Am 11. April 1975 in Jerusalem, in der Residenz des Premierministers. Von links nach rechts: Eschel Rhoodie (südafrikanischer Propagandadirektor), Yitzhak Rabin (israelischer Premierminister und revisionistischer Zionist), Henrik van den Bergh (Direktor des südafrikanischen Geheimdienstes) und Shimon Peres (israelischer Verteidigungsminister).

Ich fasse das Vorgehen hier zusammen.

Sachverhalt

Innerhalb von zwei Monaten haben israelische Militärangriffe "mehr Zerstörung angerichtet als die Kämpfe in Aleppo, Syrien, zwischen 2012 und 2016, die Kämpfe in Mariupol in der Ukraine oder proportional die durch die Alliierten unternommene Bombardierung Deutschlands während des Zweiten Weltkriegs".

Als die Klage eingereicht wurde, waren bereits 21 110 Palästinenser in Gaza getötet und mehr als 55 243 weitere verletzt worden. Unter den Todesopfern waren mehr als 7729 Kinder und 4700 Frauen. Mehr als 355 000 Wohnungen wurden zerstört, das sind 60 Prozent der Häuser. 1,9 Millionen Palästinenser, etwa 85 Prozent der Gesamtbevölkerung, waren Binnenvertriebene. Nur 13 der 36 Krankenhäuser sind teilweise funktionsfähig und es gibt keine voll funktionsfähigen Krankenhäuser mehr im Norden des Gazastreifens. Ansteckende und epidemische Krankheiten sind bei den Vertriebenen weit verbreitet. Die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens ist unmittelbar von einer Hungersnot bedroht, während der Anteil der Haushalte, die von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen sind, laut der "Integrierten Klassifikation der Phasen der Ernährungssicherheit" der FAO so hoch ist wie nie zuvor.

Hintergrund

Seit Jahren verhängt Israel eine strenge Blockade über Gaza, verbietet die Fischerei und lässt nur die Menge an Lebensmitteln zu, die für die Ernährung benötigt wird.

Zwischen dem 29. September 2000 und dem 7. Oktober 2023 wurden ungefähr 7569 Palästinenser, darunter 1699 Kinder, getötet, unter anderem in "vier hochgradig asymmetrischen Kriegen" sowie anderen kleineren militärischen Angriffen, die zu Zehntausenden Verletzten führten.

Darüber hinaus starben 214 Palästinenser, darunter 46 Kinder, während des "Großen Marsches der Rückkehr", einem groß angelegten friedlichen Protest entlang der Trennmauer zwischen Gaza und Israel, an dem seit 18 Monaten jeden Freitag Tausende von Palästinensern teilnahmen und forderten, dass "die über Gaza verhängte Blockade aufgehoben wird und dass palästinensische Flüchtlinge, gemäß den Resolutionen der Vereinten Nationen, in ihre Häuser und Dörfer in Israel zurückkehren dürfen".

Insgesamt wurden mehr als 36100 Palästinenser, darunter fast 8800 Kinder, von Israel verwundet, darunter 4903 Menschen, denen in die unteren Gliedmaßen geschossen wurde, obwohl "viele von ihnen unbewaffnet waren und Hunderte Meter" von den Scharfschützen entfernt standen. Die Kommission stellte fest, dass die Verstümmelungen nicht zufällig waren: Die von Israel erlassenen Einsatzregeln erlaubten es Scharfschützen, auf die Beine von "Hauptanstiftern" zu schießen. Die "Unabhängige Internationale Untersuchungskommission der Vereinten Nationen zu den Protesten in den besetzten palästinensischen Gebieten" stellte fest, dass es hinreichende Gründe für die Annahme gab, dass israelische Scharfschützen in voller Kenntnis der Fakten, auf Kinder und offensichtlich behinderte Menschen, "absichtlich geschossen" hätten.

Israels diskriminierendes rechtliches, politisches und praktisches Regime unterwirft die Palästinenser dem, was ein Apartheid-Regime ausmacht. Die Palästinenser im Westjordanland sind hinter einer Abgrenzungsmauer eingesperrt und einer diskriminierenden Zonen- und Landnutzungspolitik unterworfen. Hauszerstörungen zu Straf- und Verwaltungszwecken; gewaltsames Eindringen der israelischen Armee in palästinensisches Gebiet, einschließlich der Zone A; routinemäßige gewalttätige israelische Razzien in ihren Häusern; willkürliche Verhaftungen und unbefristet verlängerbare Administrativhaft (Internierung ohne Gerichtsverfahren); und ein duales Rechtssystem, bei dem Palästinenser nach israelischem Militärrecht vor Gericht gestellt werden, während israelische Siedler, die auf demselben Territorium leben, einem anderen Rechtsregime unterworfen sind und in Israel von zivilen Gerichten mit einem ordentlichen Verfahren abgeurteilt werden.

Vor dem 7. Oktober 2023, zwischen dem 1. Januar und dem 6. Oktober 2023, wurden 199 Palästinenser von israelischen Soldaten oder Siedlern im Westjordanland getötet und weitere 9000 verletzt.

Seit dem 7. Oktober hat Israel mehr als 3000 Palästinenser vom Westjordanland und Ostjerusalem verhaftet, unter anderem wegen Beiträgen in den sozialen Medien im Zusammenhang mit der Situation in Gaza.

Israel hat die Zahl der Palästinenser, die ohne Gerichtsverfahren oder Anklage in Administrativhaft gehalten werden, beträchtlich erhöht, nämlich auf 2070. Tausende Palästinenser aus dem Gazastreifen, die in Israel arbeiten, wurden ebenfalls willkürlich festgenommen und inhaftiert, und 3200 wurden am 3. November 2023 unter massivem Beschuss gewaltsam nach Gaza zurückgebracht. Es gibt Berichte, dass palästinensische Arbeiter während ihrer Festnahme misshandelt und Gewalt ausgesetzt wurden. Viele inhaftierte Palästinenser, Erwachsene und Kinder aus dem Westjordanland, die im Austausch gegen israelische Geiseln freigelassen wurden, berichten ebenfalls von schweren Misshandlungen, einschließlich Einschränkungen des Zugangs zu Nahrung, Wasser, medizinischer Versorgung und Elektrizität in israelischen Gefängnissen. Bemerkenswert ist, dass 6 palästinensische Häftlinge aus dem Westjordanland in der Haft gestorben sind.

Auch die bewaffneten Angriffe israelischer Siedler auf Palästinenser – die von israelischen Politikern offen unterstützt werden – sind dramatisch angestiegen. Die Siedler – oft in Begleitung israelischer Soldaten – haben mindestens 8 Palästinenser getötet und 85 weitere verwundet, Terror unter den Palästinensern verbreitet, insbesondere unter den Bauerngemeinschaften, und Eigentum beschädigt. 2186 Palästinenser aus dem Westjordanland, darunter 1058 Kinder, wurden vertrieben.

Völkermord

Berichten zufolge wirft Israel derzeit "dumme" (d.h. ungelenkte) Bomben auf Gaza ab, sowie schwere Bomben mit einem Gewicht von bis zu 900 kg, die einen erwarteten tödlichen Radius von "bis zu 360 Metern" haben und "bis zu 800 Meter vom Einschlagsort entfernt Verletzungen und schwere Schäden verursachen".

Vor allem für palästinensische Kinder gilt: "Der Tod ist überall" und "nirgendwo ist es sicher". Insgesamt wurden bisher mehr als 7729 palästinensische Kinder in Gaza getötet. Das sind mehr als 115 palästinensische Kinder, die jeden Tag getötet werden. Es wird geschätzt, dass allein in den ersten drei Wochen des aktuellen Konflikts in Gaza mehr palästinensische Kinder getötet wurden (insgesamt 3195) als die Gesamtzahl der Kinder, die seit 2019 jedes Jahr in Konfliktgebieten auf der ganzen Welt getötet wurden. Die beispiellose Zahl palästinensischer Kinderopfer veranlasste den UNICEF-Sprecher, Israels Angriffe auf Gaza als "Krieg gegen Kinder" zu bezeichnen.

Bis heute hat Israel getötet: mehr als 311 Ärzte, Krankenschwestern und anderes Gesundheitspersonal, darunter Ärzte und Krankenwagenfahrer, die in Ausübung ihres Dienstes getötet wurden; 103 Journalisten, mehr als einen pro Tag, und mehr als 73 % der Gesamtzahl der im Jahr 2023 weltweit getöteten Journalisten und Medienschaffenden; 40 Beamte des Zivilschutzes, die bei der Bergung von Opfern aus den Trümmern helfen sollten, wurden im Dienst getötet. und mehr als 209 Lehrkräfte und pädagogisches Personal; Auch 144 UN-Mitarbeiter seien getötet worden, "die höchste Zahl von getöteten humanitären Helfern in der Geschichte der Vereinten Nationen in so kurzer Zeit".

Seit dem 7. Oktober 2023 wurden bei israelischen Militärangriffen auf Gaza mehr als 55243 Palästinenser verletzt, die meisten von ihnen Frauen und Kinder. Verbrennungen und Amputationen sind häufige Verletzungen, wobei schätzungsweise 1000 Kinder ein oder beide Beine verlieren. Es gibt Berichte, dass israelische Streitkräfte weißen Phosphor in dicht besiedelten Gebieten des Gazastreifens einsetzen: Wie von der Weltgesundheitsorganisation beschrieben, können selbst kleine Mengen von weißem Phosphor tiefe und schwere Verbrennungen verursachen, die sogar in Knochen eindringen und sich nach der ersten Behandlung wieder entzünden können. Da es im Norden des Gazastreifens keine funktionierenden Krankenhäuser mehr gibt, müssen die Verletzten "auf den Tod warten", sie sind nicht fähig, über die Erste Hilfe hinaus eine Operation oder medizinische Behandlung zu erhalten, und sterben langsam an ihren Verletzungen oder den daraus resultierenden Infektionen.

Schon vor dem jüngsten Angriff litten die Palästinenser in Gaza unter schweren Traumata früherer Angriffe: 80 Prozent der palästinensischen Kinder sind intensiv bombardiert worden. Sie litten unter emotionalem Stress, Bettnässen (79 %) und reaktivem Mutismus (59 %) und begingen Selbstverletzung (59 %) und hatten Selbstmordgedanken (55 %). Elf Wochen unerbittlicher Bombardierungen und Vertreibungen werden notwendigerweise zu einem weiteren Anstieg dieser Zahlen geführt haben, insbesondere für die Zehntausenden von palästinensischen Kindern, die mindestens einen Elternteil verloren haben, und für diejenigen, die die einzigen überlebenden Mitglieder ihrer Familien sind.

Parallel zu seiner Militärkampagne hat sich Israel an der Entmenschlichung und grausamen, unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung der palästinensischen Bewohner des Gazastreifens beteiligt. Eine große Anzahl palästinensischer Zivilisten, darunter auch Kinder, wurden verhaftet, mit verbundenen Augen gezwungen, sich auszuziehen und bei kaltem Wetter draußen zu bleiben, bevor sie gewaltsam in Lastwagen verladen und an unbekannte Orte gebracht wurden. Viele palästinensische Häftlinge, die freigelassen wurden, berichten von Folter und Misshandlungen, einschließlich des Entzugs von Nahrung, Wasser, Unterkunft und Zugang zu Toiletten. Bilder von verstümmelten und verbrannten Leichen sowie Videos von Angriffen israelischer Soldaten, die als "exklusive Inhalte aus dem Gazastreifen" präsentiert wurden, zirkulierten in Israel unzensiert auf dem Telegram-Kanal "72 Virgins".

Am 1. Dezember 2023 – dem Ende des achttägigen vorübergehenden Waffenstillstands zwischen Israel und der Hamas – begann Israel mit dem Abwurf von Flugblättern, in denen die Palästinenser aufgefordert wurden, die südlichen Gebiete zu verlassen, in die sie zuvor zur Flucht aufgefordert worden waren. Wie der UN-Sonderberichterstatter für die Menschenrechte von Binnenvertriebenen feststellte, "hat Israel seine Sicherheitsversprechen gebrochen, die es denjenigen gegeben hat, die seinem Befehl zur Evakuierung des nördlichen Gazastreifens vor zwei Monaten Folge geleistet haben. Jetzt wurden sie zusammen mit den Menschen im südlichen Gazastreifen erneut gewaltsam vertrieben." Israel hat auch eine detaillierte Karte im Internet veröffentlicht, die den Gazastreifen in Hunderte kleinere Gebiete unterteilt. Sie war angeblich dazu bestimmt, über israelische Evakuierungsbefehle zu informieren. Allerdings, so Ocha, "gibt die Veröffentlichung nicht an, wohin die Menschen evakuiert werden sollen".

UN-Generalsekretär António Guterres sagte: "Viele unserer Fahrzeuge und Lastwagen wurden nach unserer erzwungenen und überstürzten Evakuierung aus dem Norden zerstört oder zurückgelassen, aber die israelischen Behörden haben den Einsatz zusätzlicher Lastwagen in Gaza nicht erlaubt. Dies erschwert die Hilfsaktion erheblich. Der Transport von Gütern in den Norden ist aufgrund des aktiven Konflikts, der Blindgänger und der schwer beschädigten Straßen extrem gefährlich." Häufige Kommunikationsausfälle machen es praktisch überall unmöglich, die Verteilung der Hilfsgüter zu koordinieren und die Menschen darüber zu informieren, wie sie darauf zugreifen und ihre Geschäftstätigkeit wieder aufnehmen können. "Die Regale sind leer; Die Geldbörsen sind leer; Die Mägen sind leer." In ganz Gaza ist nur eine einzige Bäckerei in Betrieb.

Der UNRWA-Generalkommissar spricht von "verzweifelten, hungrigen und verängstigten Menschen", die nun "die Hilfslastwagen anhalten, die Lebensmittel nehmen und sofort essen".

Nach Angaben des Welternährungsprogramms stehen pro Person und Tag nur 1,5 bis 1,8 Liter sauberes Wasser für alle Zwecke (Trinken, Waschen, Essenszubereitung, Hygiene) zur Verfügung. Diese Zahl liegt deutlich unter der "Notfallschwelle" von 15 Litern pro Tag für "Kriegs- oder Hungerzustände" oder der "Überlebensschwelle" von 3 Litern pro Tag.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation gibt es im Schnitt "nur eine Dusche pro 4500 Personen". UNRWA-Unterkünfte haben jetzt durchschnittlich eine Toilette pro 486 Menschen, während andere Orte, an denen Menschen Schutz suchen, oft überhaupt keine Toiletten haben.

Inzwischen gab es mehr als 238 Angriffe auf "Gesundheitszentren" in Gaza. Nur 13 der 36 Krankenhäuser und 18 der 72 Gesundheitszentren sind noch funktionsfähig – einige von ihnen kaum – Die israelische Armee hat Krankenhausgeneratoren, Solarzellen in Krankenhäusern und andere Geräte wie Sauerstoffstationen und Wassertanks ins Visier genommen. Sie richtete sich auch gegen Krankenwagen, medizinische Konvois und Ersthelfer. 311 im Gesundheitswesen Beschäftigte wurden getötet (durchschnittlich 4 pro Tag), 344, darunter mindestens 22 Beschäftigte im Gesundheitswesen, wurden bei der Ausübung ihres Dienstes getötet.

Israel hat die wichtigste öffentliche Bibliothek von Gaza-Stadt in Schutt und Asche gelegt. Es hat auch unzählige Buchhandlungen, Verlage, Bibliotheken und Hunderte von Bildungseinrichtungen beschädigt oder zerstört. Israel hat jede der vier Universitäten in Gaza ins Visier genommen, einschließlich der Islamischen Universität.

Israel hat etwa 318 muslimische und christliche religiöse Stätten beschädigt oder zerstört und damit Orte zerstört, in denen Palästinenser seit Generationen gebetet haben. Dazu gehört die Große Moschee von Omari, ursprünglich eine byzantinische Kirche aus dem fünften Jahrhundert, ein ikonisches Denkmal für die Geschichte, Architektur und das kulturelle Erbe Gazas und seit mehr als 1000 Jahren eine Kultstätte für Christen und Muslime. Der israelische Beschuss beschädigte auch die Kirche des Heiligen Porphyrius, die 425 n. Chr. gegründet wurde und als drittälteste christliche Kirche der Welt gilt.

Geständnisse israelischer Persönlichkeiten

Es kommt selten vor, dass Völkermord- Täter ihre Absichten im Voraus zum Ausdruck bringen. Dennoch hat Südafrika 6 Seiten mit Zitaten gesammelt. Bei der vorläufigen Anhörung argumentierte Israel, dass es sich nur um politische Reden und Rhetorik handele, aber dass keine der zitierten Figuren versucht habe, sie in die Tat umzusetzen. Beurteilen wir dies im Lichte der oben angeführten Tatsachen.

Premierminister Benjamin Netanjahu beschrieb den Krieg in der Knesset als "einen Kampf zwischen den Kindern des Lichts und den Kindern der Finsternis, zwischen der Menschheit und dem Gesetz des Dschungels". Später sagte er zu seinen Soldaten: "Ihr müsst euch daran erinnern, was Amalek euch angetan hat", heißt es in unserer Heiligen Schrift. Und daran erinnern wir uns." Die entsprechende Bibelstelle lautet: "Geht nun hin und greift Amalek an und verbietet alles, was ihm gehört. Verschont niemanden, sondern tötet Männer und Frauen, Säuglinge und Säuglinge, Ochsen und Schafe, Kamele und Esel."

Präsident Isaac Herzog sagte auf einer Pressekonferenz: "Es ist eine ganze Nation, die verantwortlich ist. Diese Rhetorik, dass die Zivilbevölkerung sich dessen nicht bewusst ist und nicht involviert ist, ist nicht wahr. Das stimmt absolut nicht. ... Und wir werden kämpfen, bis ihr Rückgrat gebrochen ist."

Verteidigungsminister Yoav Gallant deutete am 9. Oktober 2023 in einem "Update zur Situation" der IDF an, dass Israel "eine vollständige Belagerung des Gazastreifens verhängt (...) Kein Strom, kein Essen, kein Wasser, kein Treibstoff. Alles ist geschlossen. Wir kämpfen gegen menschliche Tiere und handeln dementsprechend."

Der stellvertretende Sprecher der Knesset und Mitglied des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten und Sicherheit, Nissim Vaturi, twitterte am 7. Oktober 2023: "Jetzt haben wir alle ein gemeinsames Ziel: den Gazastreifen vom Angesicht der Erde zu tilgen."

Die Schlussfolgerungen Südafrikas

Südafrika ruft zu Vorsichtsmaßnahmen auf, um dem Massaker ein sofortiges Ende zu setzen. Es fordert insbesondere:

(1) Der Staat Israel wird seine militärischen Operationen in und gegen Gaza sofort einstellen.

(2) Der Staat Israel stellt sicher, dass irreguläre militärische oder bewaffnete Einheiten, die von ihm geleitet, unterstützt oder beeinflusst werden, sowie alle Organisationen und Personen, die seiner Kontrolle, Leitung oder seinem Einfluss unterliegen, keine Maßnahmen zur Durchführung der in Absatz (1) genannten militärischen Operationen ergreifen.

(3) Die Republik Südafrika und der Staat Israel werden in Übereinstimmung mit ihren Verpflichtungen aus dem Übereinkommen über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes in Bezug auf das palästinensische Volk alle in ihrer Macht stehenden angemessenen Maßnahmen ergreifen, um Völkermord zu verhindern.

(4) Der Staat Israel hat in Übereinstimmung mit seinen Verpflichtungen aus dem Übereinkommen über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes in Bezug auf das palästinensische Volk als eine durch das Übereinkommen über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes geschützte Gruppe jede Handlung zu unterlassen, die in den Anwendungsbereich des Artikels II des Übereinkommens fällt.

(…)

(8) Der Staat Israel legt dem Gerichtshof innerhalb einer Woche nach dem Datum dieses Beschlusses und danach in regelmäßigen Abständen, die der Gerichtshof anordnen kann, einen Bericht über alle Maßnahmen vor, die zur Durchführung dieses Beschlusses ergriffen wurden. Die endgültige Entscheidung über den Fall trifft das Gericht.

Bis heute hat kein anderer Staat seine Bereitschaft bekundet, sich dem Verfahren anzuschließen. Die Türkei hat jedoch eine Vielzahl von Videoarchiven übermittelt, die die Aussagen Südafrikas bildlich bestätigen.

Übersetzung
Horst Frohlich
Korrekturlesen : Werner Leuthäusser