Die Aggression der Angelsachsen gegen Russland nimmt die Form eines Finanz- und Wirtschaftskrieges an. Moskau bereitet sich aber auf die bewaffneten Auseinandersetzungen vor, indem es die Autarkie seiner Landwirtschaft entwickelt und seine Bündnispartnerschaften ausbaut. Für Thierry Meyssan dürfte Washington nach der Gründung des Kalifats in der Levante eine neue Trumpf-Karte in St. Petersburg im September ausspielen. Russlands Fähigkeit, seine inländische Stabilität zu erhalten, wird die Folge der Ereignisse bestimmen.
Die von den Angelsachsen (USA, Großbritannien und Israel) geführte Offensive für die Weltherrschaft geht auf zwei simultanen Wegen weiter: sowohl die Schaffung des "Weiteren Nahen Osten" (Greater Middle East) durch den gleichzeitigen Angriff auf den Irak, Syrien, Libanon und Palästina und durch die Abtrennung Russlands von der EU durch die Krise, die sie in der Ukraine organisiert haben.
In diesem Wettrennen scheint es, als versuche Washington den Dollar als Währung für den Gasmarkt, die Energiequelle des 21. Jahrhunderts, aufzudrängen, so wie es ihn einst auf dem Ölmarkt verhängt hatte [1].
Die westlichen Medien berichten fast nicht über den Krieg im Donbass und ihre Bevölkerung ignoriert daher das Ausmaß der Kämpfe, die Präsenz des US-Militärs, die Zahl der zivilen Opfer und die Ströme von Flüchtenden. Die westlichen Medien behandeln jedoch die Ereignisse im Maghreb und in der Levante mit Verspätung, aber sie stellen sie entweder als Ergebnis eines so genannten "arabischen Frühlings" (d. h. in der Praxis, einer Machtübernahme durch die Muslim-Bruderschaft) dar, oder als die zerstörerische Wirkung einer in sich gewalttätigen Zivilisation. Mehr denn je wäre es also notwendig, den Arabern, die in Abwesenheit westlicher Siedler nicht friedlich zusammenleben können, zu helfen.
Russland ist heute die wesentliche Macht, um den Widerstand gegen den angelsächsischen Imperialismus zu führen. Es hat dazu drei Mittel: die BRICS-Staaten, ein Zusammenschluss von wirtschaftliche Rivalen, die wissen, nur mit den anderen groß werden zu können, die Shanghai-Kooperations-Organisation, eine strategische Allianz mit China, um Zentralasien zu stabilisieren und schließlich die kollektive Sicherheits-Organisation (OCTS), eine Militärallianz der ehemaligen sowjetischen Staaten.
Auf dem Gipfel von Fortaleza (Brasilien), der vom 14. bis zum 16. Juli stattfand, haben die BRICS-Staaten mit der Ankündigung der Schaffung eines Fonds der Währungsreserve (vor allem eine chinesische) und einer Bank BRICS einen Schritt getan, als Alternative zu dem internationalen Währungsfonds und der Weltbank, also dem Dollar-System [2].
Sogar schon vor dieser Ankündigung hatten die Angelsachsen ihre Reaktion umgesetzt: die Umwandlung des terroristischen Al-Kaida-Netzwerks in ein Kalifat, um Unruhen bei allen muslimischen Völkern Russlands und Chinas vorzubereiten [3]. Sie haben ihre Offensive in Syrien weiter verfolgt und auf den Irak und Libanon erweitert. Sie sind jedoch bei der Vertreibung eines Teils der Palästinenser nach Ägypten gescheitert und konnten die Region nicht noch mehr destabilisieren. Schließlich halten sie sich vom Iran fern, um Präsident Hassan Rohani die Chance zu geben, den antiimperialistischen Trend der Khomeini-Anhänger zu schwächen.
Zwei Tage nach der Ankündigung der BRICS-Staaten beschuldigten die Vereinigten Staaten Russland, den Flug MH17 von Malaysia Airlines über dem Donbass zerstört und 298 Menschen getötet zu haben. Mit dieser rein willkürlichen Stellungnahme haben sie die Europäer gezwungen, einen Wirtschaftskrieg gegen Russland zu führen. Als Tribunal funktionierend, hat der Rat der Europäischen Union Russland ohne den geringsten Beweis gerichtet und verurteilt, und ohne ihm die Möglichkeit zu geben, sich zu verteidigen. Er hat "Sanktionen" gegen sein Finanzsystem erlassen.
Dank der Erkenntnis, dass die europäischen Staats-und Regierungschefs nicht im Interesse ihrer Bürger handeln, sondern für die der Angelsachsen, hat Russland die Bremse gezogen und hat sich bis jetzt untersagt, in dem Krieg in der Ukraine einzugreifen. Russland unterstützt die Aufständischen mit Waffen und Nachrichten und nimmt mehr als 500.000 Flüchtlinge auf, aber enthält sich, Truppen zu entsenden und sich dort einzumischen. Es ist wahrscheinlich, dass Russland nicht eingreifen wird, bevor die überwiegende Mehrheit der Ukrainer sich gegen Präsident Petro Poroschenko auflehnt, selbst wenn das Ende der Volksrepublik Donetsk eintreten sollte.
Moskau hat gegenüber dem Wirtschaftskrieg beschlossen, mit ähnlichen Maßnahmen zu reagieren, aber im Hinblick auf die Landwirtschaft und nicht mit der Finanz. Zwei Überlegungen haben diese Wahl geleitet: zunächst können die anderen BRICS-Staaten kurzfristig die Folgen der sogenannten "Sanktionen" lindern; mittel- und langfristig aber ist Russland auf den Krieg vorbereitet und beabsichtigt, seine Landwirtschaft komplett neu zu organisieren, um autark leben zu können.
Darüber hinaus haben die Angelsachsen geplant, Russland von innen zu lähmen. Zuerst durch die Aktivierung über das Islamische Emirat (EI) von terroristischen Gruppen innerhalb der muslimischen Bevölkerung, und dann durch die Organisation einer medialen Entgegnung während der Kommunalwahl am 14. September. Erhebliche Geldbeträge wurden allen Oppositionskandidaten der 30 betroffenen Städte zugeschossen, während mindestens 50.000 ukrainische Agitatoren, vermischt mit den Flüchtlingen, sich in St. Petersburg versammeln. Die meisten von ihnen haben die doppelte russische Staatsbürgerschaft. Dies soll offensichtlich die Demonstrationen in der Provinz produzieren, die schon im Dezember 2011 während der Wahlen in Moskau stattfanden – aber diesmal mit mehr Gewalt; und das Land in einen „Farben“-Revolutions-Prozess verwickeln, dem ein Teil der Beamten und der herrschenden Klasse günstig entgegensieht.
Hierzu hat Washington in Russland einen neuen Botschafter, John Tefft, ernannt, der die "Rosenrevolution" in Georgien und den Staatsstreich in der Ukraine vorbereitet hatte.
Es wird für den Präsidenten Wladimir Putin wichtig sein, seinem Premierminister Dmitry Medvedev vertrauen zu können, welchen Washington zu rekrutieren gehofft hatte, um Putin zu stürzen.
In Anbetracht der bevorstehenden Gefahr wäre es Moskau gelungen, Beijing zu überzeugen, den Beitritt Indiens (aber auch jenen von Pakistan und der Mongolei) zur Organisation der Zusammenarbeit von Shanghai (OCS) im Austausch gegen den von Iran zu akzeptieren. Dieser Beschluss sollte während des Gipfels in Duschanbe (Tadschikistan) am 12. und 13. September bekannt gemacht werden. Er sollte dem seit Jahrhunderten währenden Konflikt zwischen Indien und China ein Ende setzen und sie in einer militärischen Zusammenarbeit vereinigen. Diese Wende, falls sie bestätigt wird, würde auch den "Flitterwochen" zwischen Neu-Delhi und Washington ein Ende setzen; Washington hatte nämlich gehofft, Indien von Russland distanzieren zu können, indem es Indien Zugang zur Kerntechnologie gab. Der Beitritt von Neu-Delhi ist auch eine Wette auf die Aufrichtigkeit des neuen Ministerpräsidenten, Narendra Modi, da er doch unter Verdacht steht, anti-muslimische Gewalttaten in Gujarat, wo er der erste Minister im Jahr 2002 war, gefördert zu haben.
Darüber hinaus hätte der Beitritt des Iran, der eine Provokation für Washington bedeutet, der SCO eine genaue Kenntnis der Dschihad-Bewegungen und die Möglichkeiten um ihnen entgegenzuwirken, bringen sollen. Auch da wiederum würde er, wenn er bestätigt würde, die iranische Bereitschaft verringern, eine Pause mit dem "großen Satan" einzulegen, der den Iran dazu gebracht hatte, Scheich Hassan Rohani zum Präsidenten zu wählen. Es wäre eine Wette auf die Autorität des Obersten Führers der islamischen Revolution, Ajatollah Ali Khamenei.
Diese Beitritte würden tatsächlich den Beginn der Wende der westlichen Welt zum Osten bedeuten [4]. Es verbleibt aber noch, dass diese Entwicklung militärisch geschützt werden muss. Das ist die Aufgabe der um Russland herum aufgebauten Organisation des Organisations-Vertrags für kollektive Sicherheit (OVKS), der aber China nicht angehört. Im Gegensatz zur NATO ist diese Organisation eine klassische Allianz, kompatibel mit der Charta der Vereinten Nationen, da jedes Mitglied die Wahl behält, sie jederzeit verlassen zu können. Daher hat Washington unter Berufung auf diese Freiheit in den letzten Monaten versucht, einige Mitglieder zu kaufen, darunter besonders Armenien. Die chaotische Situation in der Ukraine scheint jedoch jene Länder, die von einem US-"Schutz" träumten, davon abgehalten zu haben.
Die Spannung sollte also in den kommenden Wochen zunehmen.
[1] „Was haben die Kriege in der Ukraine, in Gaza, Syrien und Libyen gemeinsam?“, von Alfredo Jalife-Rahme, Übersetzung Horst Frohlich, La Jornada (México), Voltaire Netzwerk, 10. August 2014.
[2] « Vers une nouvelle architecture financière », par Ariel Noyola Rodríguez, Réseau Voltaire, 1er juillet 2014. “Sixth BRICS Summit : Fortaleza Declaration and Action Plan”, Voltaire Network, 16 July 2014.
[3] „Ein globaler Dschihad gegen die BRIC-Staaten?“, von Alfredo Jalife-Rahme, Übersetzung Horst Frohlich, La Jornada (México), Voltaire Netzwerk, 26. Juli 2014.
[4] “Russia and China in the Balance of the Middle East : Syria and other countries”, by Imad Fawzi Shueibi, Voltaire Network, 27 January 2012.
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